Rauchgas als Rohstoff
Mikroorganismen wandeln Kohlendioxid in Biomasse oder Wertstoffe um
Vor zwei Jahren starteten der Stromproduzent RWE Power und das Biotechnologieunternehmen Brain im Kraftwerk Niederaußem eine außergewöhnliche Forschungskooperation. Das Ziel: Kohlendioxid mit Mikroorganismen in Biomasse oder direkt zu Wertstoffen umzuwandeln. Die beiden Partner wollen Mikroorganismen züchten und mit ihnen innovative CO2-Umwandlungs- und Synthesewege erforschen.
So könnten Biomasse und industriell nutzbare Produkte wie neue Biomaterialien, Biokunststoffe und chemische Zwischenprodukte entstehen. Es werden Anwendungsmöglichkeiten z.B. als Bau- und Dämmstoff sowie zur Herstellung von Fein- und Spezialchemikalien wie möglicherweise auch Massenchemikalien untersucht.
Suche nach Mikroorganismen
Brain ist auf dem Gebiet der Weißen Biotechnologie tätig und hat sowohl im eigenen Bio-Archiv als auch bei Probennahmen direkt im Rauchgaskanal des Braunkohlekraftwerks mit optimierter Anlagentechnik (BoA) in Niederaußem nach Mikroorganismen gesucht, die unter den Bedingungen im Rauchgas und unter Verwendung von CO2 wachsen können. Insgesamt wurden mehr als 3.000 Mikroorganismen überprüft.
1.000 erfüllten das Anforderungsprofil. Im nächsten Schritt identifizierten und charakterisierten die Forscher die produktivsten Verwerter des Treibhausgases. 29 Kandidaten, die besonders gute Wachstumseigenschaften aufzeigten, wurden inzwischen ausgewählt - davon waren zehn bisher noch nicht bekannt bzw. beschrieben.
Strategischer Meilenstein
„Unsere Pionierarbeit bei der Suche nach biotechnologischen Lösungen der CO2-Umwandlung trägt erste Früchte", betont Dr. Johannes Heithoff, Leiter Forschung und Entwicklung bei RWE Power. „Wir sind von den Resultaten, die das Forscherteam von Brain zusammen mit unseren Kraftwerksexperten erarbeitet hat, so überzeugt, dass wir das Programm weiter ausbauen wollen." Bisher sind mehr als 2 Mio. € in das Forschungsvorhaben geflossen.
„Wir haben einen strategischen Meilenstein erreicht. Dass RWE Power das Forschungsthema weiter ausbauen will, ist dafür ein weiterer Beleg", erklärt Brain-Forschungsvorstand Dr. Jürgen Eck. „Unser Ziel ist es, einen nachhaltigen Beitrag zur CO2-Nutzung in einem industriell skalierbaren System zu liefern." Dabei nutzen die Forscher die vielfältigen Möglichkeiten, die die mikrobiellen Stoffwechselwege und die Synthetische Biologie bieten, um durch leistungsstarke Designer-Mikroorganismen eine möglichst effiziente CO2-Konversion zu erzielen.
Innovationsallianz
Das vielversprechende Zwischenergebnis der Forschungskooperation: Spezialisierte und hierfür eigens entwickelte Mikroorganismen können CO2-haltige Rauchgase aus Braunkohlenkraftwerken direkt als „Futter" verwerten und selbst bei einer Temperatur von 60°C wachsen.
In Zukunft will RWE Power auch andere kohlenstoffreiche Abfallströme, die z.B. in Abwässern, bei der Produktion von Lebensmitteln oder in Raffinerieprozessen entstehen, mit in das Projekt einbeziehen. Hierzu soll eine Innovationsallianz formiert werden, in der sich insgesamt 21 Industrieunternehmen, kleine, mittelständische Unternehmen sowie akademische Forschungseinrichtungen zusammenschließen, um im intensiven Austausch Projekte zur Nutzung dieser Abfallströme voranzutreiben.
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