Produktion: Gerätediagnose nach der Namur-Empfehlung NE107
08.10.2011 -
Produktion: Gerätediagnose nach der Namur-Empfehlung NE107
Bei Clariant Produkte (D) wurde im April eine Pilotanlage zum Thema „Gerätediagnose nach NE107“ in Betrieb genommen. Es wurden dabei Vorgaben der Namur- Empfehlung NE107 (incl. standardisierte Visualisierung) und das Profibus Profil 3.01 verwendet. Ziel war es, erstmals eine standardisierte und herstellerübergreifende Diagnose einzusetzen. Über die Ergebnisse, Erfahrungen und Möglichkeiten die sich durch solch eine Geätediagnose ergeben, sprach CHEManager mit Michael Pelz, Clariant Produkte (Deutschland) und Obmann des Namur- Arbeitskreises 2.6 „Feldbus“.
CHEManager: Ihr Ziel war es, erstmals eine standardisierte und herstellerübergreifende Diagnose nach NE107 einzusetzen. Ist Ihnen das in der Praxis gelungen?
Michael Pelz: Ja, wir haben in diesem Projekt eine funktionsfähige Selbstüberwachung und Gerätediagnose, nach direkter Vorgabe der NE107, erfolgreich umgesetzt, inklusive der standardisierten Darstellung der Statussignale im PLS.
CHEManager: Wie gelang es Ihnen, Diagnosefunktionen – wie in der NE107 gefordert – in eine Multi-Vendor- Anlage zu integrieren?
Michael Pelz: Werden Feldbusgeräte verwendet, die eine Gerätediagnose nach NE107 unterstützen z. B. ab Profibus PA Profil 3.01,, ist eine standardisierte Selbstüberwachung und Gerätediagnose sehr einfach. Bei der Bestellung des Feldgerätes wird dem Hersteller die im PLS verwendete Schnittstelle vorgegeben. Das Gerät wird an diese Schnittstelle angepasst, das heißt eine Zuordnung (Mapping) aller Diagnoseinformationen auf die 4 Statussignale nach NE107 wird vom Hersteller vorgenommen und danach erst ausgeliefert.
CHEManager: Wird ein solches Gerät in das Projekt eingebunden und aktiviert, haben sie eine Selbstüberwachung und Gerätediagnose à la Plug‘n‘Play. Welche neuen Benefits ergaben sich für diese Anlage?
Michael Pelz: Diese einheitliche Selbstüberwachung und Gerätediagnose ist von Anlagenfahrern und Wartungspersonal sehr positiv aufgenommen und schnell umgesetzt worden, was von bisherigen Konzepten nicht immer behauptet werden konnte. Der Anlagenfahrer erhält – durch vier Statussignale – über die zeitnahe zyklische Kommunikation einen schnellen Überblick, ohne überflüssige Zusatzinformationen. Das Wartungspersonal hingegen hat die Möglichkeit sich über die azyklische Kommunikation mit detaillierten Informationen und Störungsmeldungen zu versorgen.
Diese Informationskette zwischen Anlagenfahrer und Wartungspersonal ist nun besser definiert und erleichtert dadurch die Zusammenarbeit. Belastbare anlagenspezifische Ergebnisse können jedoch erst sinnvoll ermittelt werden, wenn alle Geräte zur Verfügung stehen, nach Abschluss des Gesamtprojektes Mitte 2008.
CHEManager: Wie war das Echo auf die eingebauten Diagnose-Funktionen bei anderen Anwendern, denen Sie die Pilotanlage vorgeführt haben?
Michael Pelz: Die Resonanz war durchweg sehr positiv, die Kollegen waren direkt an der Umsetzung interessiert! Ich glaube man hat erkannt, dass durch diese recht einfache Lösung, die zukünftig stark wachsenden Diagnoseinformationen der Geräte ohne großen Aufwand genutzt werden können.
CHEManager: Bisher mussten Sie für jedes Gerät einen eigenen Mapping- Baustein erstellen. Jetzt fordern Sie, dass zukünftig das Mapping durch die Hersteller erfolgen soll. Können Sie das näher erläutern?
Michael Pelz: Da es bisher nur wenig Feldgeräte gibt, die eine Gerätediagnose nach NE107 unterstützen, muss bei allen anderen Geräten die Zuordnung der Diagnoseinformationen auf die 4 Statussignale über eine spezielle Zuordnung (Mappingbaustein) im PLS vorgenommen werden. Für jeden Gerätetyp eines jeden Geräteherstellers ein eigener Mappingbaustein.
Diese Vorgehensweise hat dann nichts mehr mit Plug‘n‘Play zu tun, sondern zeigt die bisherigen Probleme bei dem Versuch Gerätediagnose nutzbringend einzusetzen. Dies ist aber die momentan einzig sinnvolle Möglichkeit alle Geräte in die standardisierte Selbstüberwachung einzubinden. Ein Vorteil dieses separaten Mappingbausteins ist die Flexibilität bei einem zukünftigen Gerätewechsel z. B. wegen Gerätedefekt.
Es muss nur dieser eine gerätespezifische Mappingbaustein im PLS entfernt werden, um anschließend ein Gerät, welches die Gerätediagnose nach NE107 unterstützt, wieder einbinden zu können, dann wieder Plug‘n‘Play. Somit ist das Projekt flexibel genug für zukünftige Änderungen oder Erweiterungen. Dafür benötigen wir aber eine ausreichende Bandbreite an Feldgeräten mit Gerätediagnose nach NE107, und Leitsystemhersteller, die eine entsprechende Schnittstelle in ihr System implementieren.
Die Frage nach dieser Funktionalität wird zukünftig ein Auswahlkriterium bei Bestellungen werden. Für das Projekt wurde ein Großteil der Gerätetechnik im Prüflabor der BIS Prozesstechnik aufgebaut, um im Vorfeld die Mappingbausteine zu erstellen und anschließend mit den Geräten zu überprüfen.
CHEManager: Kann die NE107 neben den Feldgeräten auch auf den Feldbus bzw. andere Geräte übertragen werden?
Michael Pelz: Nach Gesprächen mit Anwendern und Herstellern scheint dieser recht einfache Standard für Selbstüberwachung und Gerätediagnose auch für viele andere Bereiche sehr interessant zu sein, z. B. Feldbus-Diagnose (Physical Layer), Umrichtertechnik, Pumpentechnik, Analysentechnik, Wägetechnik, Package Units uvm. Stellen Sie sich vor all diese Einheiten über einen Standard mit einheitlicher Symbolik verwalten zu können. Eine interessante Plattform für ein zukünftiges Gerätemanagment, nicht nur für Anwender, sondern auch erleichternd für manchen Hersteller.
CHEManager: Ist die NE107 wirklich die perfekte Lösung oder nur der kleinste gemeinsame Nenner?
Michael Pelz: Ich glaube nicht an perfekte Lösungen, die gibt es nur auf dem Papier. Aber wenn zentralisierende Technologien, wie z. B. die Feldbustechnologie zum Einsatz kommen, werden uns properietäre Lösungen zukünftig immer mehr Probleme bereiten. Was wir benötigen sind sinnvolle Standards. Und ich glaube mit der Umsetzung der NE107 haben wir zumindest einen solchen sinnvollen Standard!