Anlagenbau & Prozesstechnik

PAT-Initiative: Konzept beeinflusst auch andere Branchen

01.09.2011 -

PAT-Initiative: Konzept beeinflusst auch andere Branchen

Die Prozessanalytik hat in den vergangenen Jahren durch die PAT-Initiative (Process Analytical Technology) der FDA enorm an Bedeutung gewonnen. Der Ansatz der US-amerikanischen Aufsichtsbehörde ist dabei sehr breit, denn sie versteht darunter Systeme „for designing, analyzing, and controlling manufacturing“. PAT soll von der Entwicklung des Produktionsprozesses, auf Basis eines umfassenden Prozessverständnisses, über das Monitoring bis hin zur Produktionssteuerung alle Optimierungspotentiale des Prozesses erschließen helfen. In Erklärungen zur Definition wird explizit auf den Einsatz mathematischer Werkzeuge und der Risikoanalyse hingewiesen.

 

Die Definition zeigt darüber hinaus sehr deutlich, dass bei der PAT-Initiative ein ganzheitlicher, prozessorientierter Qualitätsansatz angestrebt wird, der zunächst völlig unabhängig von der Pharmaindustrie ist. Damit wird auch klar, warum die PAT-Initiative zu einer generellen Aufmerksamkeit für die Prozessorientierung in der Produktion geführt hat. Dieser Ansatz spricht neben der Verfahrensentwicklung auch die Produktion und die QM-Funktionen an. Aufgrund der Breite des Ansatzes ergibt sich eine große Zahl von Ansatzpunkten und Konzepten aus denen erste Beispiele zur Implementierung der PAT-Initiative entstanden sind. In den unterschiedlichen Implementierungsversuchen zur PAT-Initiative finden sich die folgenden Schwerpunkte:

 

  • in erheblichem Maße findet ein Trend zu 100 % Prüfungen statt, ein weiterer wesentlicher Trend ist die Validierung von Produktionsprozessen unter Einbeziehung der Analysenmesstechnik, das Thema Prozessdatenauswertung erhält eine erhöhte Aufmerksamkeit, die Implementierung neuer Analysentechniken wird vorangetrieben und schließlich erhält der PAT-Ansatz von Seiten der Prozessautomatisierung eine deutlich wachsende Aufmerksamkeit.

 

Die in der Definition der PATInitiative zugrundeliegende Idee – bereits bei der Entwicklung die Implementierung von PAT-Tools in den Produktionsprozess zu berücksichtigen – benötigt aufgrund der Entwicklungsdauer von neuen Produkten und Produktionsprozessen jedoch noch eine erhebliche Zeit. Dennoch ist zu beobachten, dass sich viele unterschiedliche Industriezweige intensiv mit den neuen Ansätzen zur Steuerung von Prozessen beschäftigen.

 

Parallel dazu haben weitere Konzepte, die sich mit der Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit in der Produktion beschäftigen, z. B. die Manufuture-Initiative in Europa, das generelle Interesse und die Aufmerksamkeit in die Werkzeuge zur Beobachtung, Steuerung und Optimierung der Produktion verstärkt. In Deutschland kommt hinzu, dass die Energie- und Umwelt- Diskussion die Frage nach Optimierungspotentialen rund um das Thema Energie aufgeworfen hat.

 

Hierbei kann die Optimierung von Prozessen (insbesondere von industriellen Produktionsprozessen) einen wichtigen Beitrag zu Kostensenkung, Energieersparnis und Reduzierung von Umweltbelastungen leisten. Optimierungen von Prozessen laufen ganz allgemein über die Beobachtung des Prozesses (z. B. mit der Prozessanalysenmesstechnik) und meist einer anschließenden Steuerung des Prozesses in der Nähe des optimalen Betriebspunktes. Dazwischen liegt häufig der wichtige Schritt der Umwandlung von Messdaten in Prozessverständnis. Dieser Trend überlagert sich hier mit den Anforderungen der PAT-Initiative und trifft das Kernaufgabengebiet der Prozessanalytik.

 

Kolloquium des Arbeitskreises Prozessanalytik

 

Das 3. Kolloquium des Arbeitskreis Prozessanalytik der GDCh vom 15. – 16. November 2007 in Stuttgart wird sich diesen dargestellten Herausforderungen stellen – die Themenschwerpunkte sind:

 

  • Neue Konzepte in der Fertigung und Produktion (Manufuture, Lean Management, Six Sigma, PAT, …)
  • Prozessanalytik in der Produktion (Automobil, Halbleiter, Chemie, …)
  • und Prozessanalytik in Unit Operations (Trocknen, Mischen, Kristallisieren, …)

 

Hierbei wird bewusst versucht, die zugrundeliegenden Konzepte herauszuarbeiten und dann im zweiten Themenblock in einem Top-Down- Ansatz zunächst die unterschiedlichen industriellen Produktionsprozesse zu betrachten, um schließlich im letzten Themenbereich die Übertragung der Konzepte auf einige wenige Unit-Operations aufzuzeigen. Dazu werden 14 eingeladene Vorträge stattfinden, die in einen Diskussionsrahmen über 1,5 Tage eingebunden sind. Die Tagung wird dabei den interdisziplinären, über Fachgrenzen hinaus gehenden, Ansatz konsequent durch die gesamte Veranstaltung verfolgen. Die Referenten kommen sowohl aus Verbänden und Wissenschaftsorganisationen als auch der Wissenschaft, jedoch zum größten Teil aus der industriellen Praxis selbst. Die industriellen Praktiker werden dabei neben bereits erreichten Lösungen auch zukünftige „Challenges“ vorstellen.

 

Das Treffen findet inklusive Rahmenprogramm im Mercedes-Benz-Museum in Stuttgart statt. In den Pausen und beim Abendempfang wird die Prozessanalytik-Community in den Diskussionen völlig ungestört bleiben. Ein Tagungshotel steht in direkter Nachbarschaft zur Verfügung. Dank des großzügigen Sponsorings der Industrie bietet der Arbeitskreis für Doktoranden Reisekostenstipendien an. Es ist somit zu erwarten, dass beim 3. Kolloquium des Arbeitskreis Prozessanalytik wieder die gesamte Prozessanalytik- Community vertreten sein wird und die anstehenden Themen in voller Breite diskutiert werden können. Die Details sowie weitere Informationen sind in einem Flyer zusammengestellt, der als PDF-File von der Webseite des Arbeitskreises herunter geladen werden kann Dort ist auch die Anmeldung zur Veranstaltung möglich. Im Vorfeld der Veranstaltung besteht die Möglichkeit am 15. November 2007 vormittags das Daimler-Werk in Untertürkheim zu besichtigen. Interessenten werden gebeten sich per E-Mail direkt an Prof. Kessler zu wenden.

 

Ausblick

 

Die PAT-Initiative hat die Prozessanalytik nicht nur ins Blickfeld der Pharmaindustrie gerückt, sondern auch viele Interessengruppen aktiviert, die teilweise schon lange auf diesem Gebiet tätig sind. Es sind jedoch auch neue Interessengruppen um das Thema PAT entstanden. Inzwischen sind erste Publikationen zur PATInitiative veröffentlicht und auf Konferenzen und Tagungen fehlt dieses Thema nicht. Der gestartete Prozess bewirkt vor allem in Europa die verstärkte Zusammenarbeit unterschiedlichster Disziplinen unter diesem gemeinsamen Oberbegriff. Entwicklung und Produktion in der Industrie werden sich durch diesen Prozess im Laufe der Zeit voraussichtlich stärker verändern als derzeit sichtbar. Dabei werden andere Konzepte, wie der Manufuture- Ansatz, einen wichtigen Teilaspekt in diesem globalen Prozess darstellen. Wie schnell es gelingt die Veränderungen in die Praxis zu übertragen, wird sich in den nächsten 1 – 2 Jahren zeigen.

 

Ziel der Initiatoren des 3. Kolloquiums des AK Prozessanalytik ist es die vielfältigen Trends zusammenzuführen und einen aktuellen Einblick zu geben. Dies wird durch einen systematischen Top-Down-Approach von den Konzepten zu einzelnen Unit- Operations erfolgen.