Reinraumstudie zu Zeitbedarf und erzielbarer Oberflächenreinheit
22.07.2011 -
Der Autor Win Labuda stellte in GIT ReinRaumTechnik 2/2007 eine neuartige Prüfmethode zur Ermittlung der spezifischen Reinigungszeit und -leistung von Fein- und Präzisions-Reinigungstüchern vor. Zu dieser Produktgruppe gehören auch die so genannten Reinraumtücher. Mit Hilfe der 2007 vorgestellten Geräte, die eine standardisierte Reinigungsprozedur ermöglichen, wurde nun eine Studie durchgeführt. Daraus ergibt sich eine interessante Übersicht über die Gebrauchsgüter der bekanntesten auf dem internationalen Markt erhältlichen Fein- und Präzisions-Reinigungstücher. Die Studie zeigt, dass sich auch für Reinigungstücher aussagekräftige Leistungs-Kennwerte etablieren lassen, die dann auch eine anwendungsorientierte, technische Klassierung erlauben. Dies ist ein wesentlicher Beitrag zur Beseitigung der weltweit bestehenden Unsicherheit auf diesem Gebiet. Die wichtigsten Ergebnisse der Studie möchten wir Ihnen im Folgenden kurz vorstellen:
In der Studie wurden Gestricke- und Vliesstoff-Tücher von sechs bekannten Herstellern auf die Parameter spezifische Reinigungszeit und spezifische Reinigungseffizienz hin untersucht (Berkshire, USA; Clear & Clean, Deutschland; Contec, USA; Dupont, USA; ITW-Texwipe, USA; Milliken & Co., USA). Alle Messergebnisse werden kodiert dargestellt.
Reinigungszeit
Ein entscheidender Parameter jeder Reinigungsprozedur ist der durchschnittliche Zeitbedarf in Abhängigkeit von dem jeweils eingesetzten Reinigungstuch (Reinigungszeit). Dieser hat insbesondere für industrielle Großanwender von Reinigungstüchern eine hohe ökonomische Bedeutung. Das Diagramm in Abb. 1 zeigt, dass die jeweilige spezifische Reinigungszeit der geprüften Tücher bei gleichen Prüfbedingungen zwischen 4,5 und 26,5 Sekunden erheblich variiert. Die spezifische Reinigungszeit wird bei dieser Messung definiert über die Reduzierung einer Standard-Verunreinigung um 5.000 Masse-Einheiten (ME).
Damit ist der Beweis erbracht, dass es bei den im Markt erhältlichen Reinigungstüchern erhebliche Unterschiede in deren Reinigungsleistung pro Zeiteinheit gibt. Dies sind letztlich Qualitätsunterschiede, welche ganz wesentlich den Zeitaufwand für eine Reinigungsprozedur bestimmen. Somit beeinflussen sie auch die Reinigungskosten bei der Instandhaltung von Maschinen, Apparaten und Geräten.
Spezifische Reinigungseffizienz und Reinigungszeit - 10 Tücher im Test
Bei einem Teil der wischenden Reinigungs-Prozeduren steht nicht so sehr die Verringerung der Reinigungszeit im Vordergrund, sondern die Herbeiführung einer möglichst hohen Oberflächenreinheit. Dieser Tatsache wurde bei der Entwicklung des Prüf-Instrumentariums Rechnung getragen. Damit ist es nun möglich, die Masse der Verunreinigungs-Rückstände bis in den Bereich weniger Moleküllagen hinein einwandfrei zu messen. Durch die Kenntnis dieser Grenzbereiche ist es möglich geworden, auch das wischende Reinigen in die bekannten Verfahren der Oberflächenreinigung einzugliedern und dort zu etablieren, wo es verfahrenstechnisch gesehen, seinen angemessenen Platz findet.
Für den in Tabelle 1 dargestellten Vergleich wurden zehn in Deutschland bekannte Fein- und Präzisions-Reinigungstücher diverser Hersteller (ausschließlich Gestricke) ausgewählt. An diesen wurde sowohl die spezifische Reinigungszeit als auch die spezifische Reinigungseffizienz mit Hilfe des Labuda-Timeport-Gerätes gemessen. Als spezifische Reinigungszeit wurde die Dauer der Reduzierung einer Verunreinigungsmasse von 6000 auf 1000 Masseeinheiten angenommen. Dabei befand sich die Verunreinigung, eine dünne Ölschicht, auf einer rotierenden, metallischen Oberfläche der Rauhigkeit Rz = 4 µm. Als spezifische Reinigungseffizienz wurde die mit einem bestimmten Tuch maximal erzielbare Reinigungsleistung, ausgedrückt als Verunreinigungs-Rückstand auf der Oberfläche nach der durchgeführten Standard-Reinigungsprozedur angenommen. In der Praxis werden Präzisions- und Feinreinigungstücher als so genannte „Reinraumtücher" oftmals im Lösungsmittelgetränkten Zustand eingesetzt. Um dieser Gegebenheit experimentell gerecht zu werden, wurden alle Messungen zunächst mit Tüchern im Trockenzustand durchgeführt und später auch mit IPA (Isopropylalkohol)-getränkten Tüchern.
Aufgrund der in Tabelle 1 angeführten Zeitwerte für die Reinigungs-Prozeduren mit unterschiedlichen Tüchern und Tränkungszuständen ist es nun möglich geworden, Fein- und Präzisions-Reinigungstücher in z. B. drei oder fünf Leistungsklassen zu klassieren (Tabelle 2 a und b).
Schichten und Partikel als gemeinsame Verunreiniger
Bei manchen technischen Systemen haben auch partikuläre Verunreinigungen Einfluss auf deren Funktionalität. Untersuchungen mittels des Labuda-Wischsimulators Mark III als auch mittels der Fluoreszenz- und Elektronenmikroskopie ergaben, dass mit der Entfernung eines Teils der schichtförmigen Verunreinigung auch die Partikelmenge um einen bedeutenden Teil reduziert wird. Es zeigte sich jedoch ebenfalls, dass nach wiederholten Reinigungsvorgängen mit jeweils unbenutzten Tüchern, ein Teil der Partikel an die Oberfläche gebunden bleibt und sich ab irgendeiner Grenzmenge durch wischendes Reinigen nicht weiter reduzieren lässt.
Die erzielten Ergebnisse lassen vermuten, dass solche Partikel, die entweder ohne ausreichende, verankernde Haftkräfte an die Gebrauchsoberfläche angelagert oder bereits in die organische Verunreinigungsschicht eingebettet sind oder aber solche, die vermittels elektrischer Bindungskräfte in ihrer Eigenschaft als Flugpartikel die Schichtoberfläche als zufälligen Ruheort gefunden haben, durch die Scher- und Verschiebekräfte des wischenden Reinigungsvorgangs von der Gebrauchsoberfläche abgelöst und auf der Fibrillenoberfläche des Reinigungstuchs einen neuen Ruheort finden. Zur Absicherung dieser These sind weitere Experimente notwendig.
Neben den o. a. Ergebnissen ergab die Studie zwei weitere, interessante Erkenntnisse: Gestricke-Tücher haben allgemein gesehen eine höhere Reinigungs-Effizienz als Vliesstoff-Tücher und: mit Alkoholgetränkten Reinigungstüchern lassen sich leichte, organische Verunreinigungen wie etwa dünne Öl- und Schmierschichten nicht durchgehend besser reinigen als mit Trockentüchern.
Katja Habermüller
Autor der Originalarbeit:
Win Labuda