Chemie & Life Sciences

Emissionsfreie Epoxidhärter

Fortschritte mit der „Total Reactive Technology“ von Air Products

18.03.2011 -

Das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit hat im Juni 2009 in der „Kurzinfo Innenraumluft" festgestellt, dass sich Erwachsene in Mitteleuropa etwa 80-90% des Tages in geschlossenen Räumen wie in Büros, zu Hause, im Auto usw. aufhalten. Entsprechend wichtig ist eine unbelastete Innenraumluft für das Wohlbefinden und die Gesundheit. Andernfalls kann es zu Geruchsbelästigungen, Allergien oder schlimmstenfalls zum sog. „Sick-Building-Syndrom" mit Reizungen der Augen, Schleimhäuten sowie Kopfschmerzen, Schwindelgefühl und Müdigkeit kommen.

Entsprechende staatliche Verordnung und Empfehlungen, etwa der „Kommission Innenraumlufthygiene", tragen diesen Umständen Rechnung. Erst kürzlich haben sowohl die Europäische Union als auch die Weltgesundheitsorganisation WHO auf die Bedeutung guter Luftqualität innerhalb von Gebäuden hingewiesen und sich in diesem Zusammenhang kritisch zum Einsatz reaktiver Weichmacher wie Benzylalkohol in den Böden gewerblich und privat genutzter Gebäude geäußert. Es ist bekannt, dass diese nicht reaktiven Komponenten im Laufe der Zeit aus den Böden auslaugen und damit Bewohner und Umwelt belasten können.

Fluch und Segen verbesserter Dämmung
Die durch die Energiesparverordnung verbesserte Wärmedämmung vieler Gebäude hat jedoch unerwünschte Begleiterscheinungen, die sich auf die Qualität der Raumluft auswirken: Wegen geringerer Entlüftung können sich freigesetzte Stoffe im Innenraum anreichern. Entsprechend verlangt der Markt nach emissionsarmen Bauprodukten, die im Grunde als einzige Maßnahme diese „Nebenwirkung" der Dämmung abschwächen können.
Um besonders hochwertige Bodenbeläge zu entwickeln, konnten Formulierer bisher jedoch kaum auf potentiell gesundheitsschädliche Weichmacher und Lösungsmittel verzichten. Denn was die mechanischen Eigenschaften und die chemische Beständigkeit angeht, gibt es wenige Alternativen zu Epoxidböden.
Bei der Suche nach lösemittelfreien Alternativlösungen haben Formulierer in der Vergangenheit vor allem auf wasserbasierte Systeme gesetzt. Dabei werden wasserbasierte Härter mit Epoxidharz kombiniert, um so widerstandsfähige Beschichtungen für unterschiedliche Anwendungen herzustellen. Diese Härter nutzen Wasser als Weichmacher, das bei Aushärtung des Systems als harmloser Wasserdampf austritt.

Wasserbasierte Systeme
Trotz ihrer umweltfreundlichen Eigenschaften konnten sich wasserbasierte Systeme bisher nicht umfassend durchsetzen, da es von Verbraucherseite zahlreiche Vorbehalte gab, was die Robustheit und das Preis-Leistungsverhältnis angeht. So standen entsprechende Lösungen in dem Ruf, faule Kompromisse oder teure Nischenprodukte zu sein.
Um dem entgegen zu wirken und den Marktbedürfnissen gerecht zu werden, haben Formulierer in der Zwischenzeit wirtschaftlich interessante und hochleistungsfähige Systeme entwickelt, in denen modifizierte Polyaminhärter zum Einsatz kommen. Diese neue Generation wasserbasierter Systeme vereint erfolgreich Umweltaspekte mit den robusten Produkteigenschaften, wie es bisher nur durch Nutzung von lösemittelfreien Weichmachern zu beobachten war. Diese leistungsfähigen wasserbasierten Systeme werden im Bausektor bei Betonbeschichtungen sowie als Ausgleichsmasse und Estrichböden immer beliebter. Auch in der Metallherstellung stoßen sie als dauerhafte und rostbeständige Beschichtung auf Interesse.
Trotz der großen Verbreitung wasserbasierter Lösungen wird weiter nach Alternativen geforscht, bei denen in der Formulierung polymerbasierter Systeme keine Weichmacher mehr erforderlich sind.

Robust und emissionsfrei zugleich
Air Products stellt im März auf der European Coatings Show 2011 mit der „Total Reactive Technology" ein Produkt vor, mit dem Verbraucher wie bei wasserbasierten Systemen die Gewissheit erhalten, dass das ausgehärtete Produkt, d.h. der Boden oder die Wand in ihrem Wohnhaus oder Gewerbeobjekt, über die gesamte Nutzungsdauer hinweg nur vernachlässigbare Mengen an ausgewaschenen Substanzen oder Emissionen freisetzt.
Bei der Entwicklung dieser Technologie wurden neueste Erkenntnisse über die Reaktion und Vernetzung von Aminen genutzt. Wie der Name schon sagt, ist die Total Reactive Technology hundertprozentig reaktiv, so dass sie bei der Reaktion mit dem Epoxidharz ohne den Einsatz externer Weichmacher wirksam aushärtet. Entsprechend ist sie frei von alkyl-substituiertem Phenol und Benzylalkohol und damit eine Lösung für Bodensysteme, die ganz ohne flüchtige organische Verbindungen auskommt.
Dies kommt den Bedürfnissen von Formulierern und Endverbrauchern gleichermaßen entgegen, da diese Systeme die Innenraumluft minimal belasten und zugleich den Anforderungen anspruchsvoller Anwendungen gerecht werden: schnelle Aushärtung bei Raumtemperatur und niedrigeren Temperaturen, flexible Anpassungsmöglichkeiten für Formulierer, sowie mechanische und langfristige chemische Stabilität.

Neben dem Einsatz in Boden- und Wandsystemen aus Polymeren ist diese Technologie auch für zahlreiche Beschichtungen sowie Anwendungen im Bausektor einsetzbar.

Nachhaltige Systeme sind die Zukunft
Die Branche wird sich bei der Entwicklung von Polymerböden auch zukünftig auf das Thema Nachhaltigkeit konzentrieren. Entsprechend liegt der Fokus auf Technologien, die ohne Benzylalkohol und Emissionen auskommen. Auch die Nachfrage nach maßgeschneiderten Systemen wird voraussichtlich zunehmen und zu einer noch engeren Zusammenarbeit zwischen Formulierern und ihren Zulieferern führen, um die Lösungen der Zukunft zu entwickeln. 

Kontakt

Air Products GmbH

Rensingstr. 15
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