Sartorius - Bioreaktoren für die Pharmaproduktion
Plattformbasierte Einwegtechnologien für das Upstream Processing im Fokus der Industrie
Bioreaktoren für die Pharmaproduktion von Sartorius - Auslaufende Patente und eine immer größer werdende Anzahl von Nachahmermedikamenten setzen Pharmafirmen zunehmend unter Druck. Trotz voller Entwicklungspipelines herrscht zugleich ein chronischer Wirkstoffmangel vor, weshalb die Zeiten großer Blockbuster vermutlich schon bald der Vergangenheit angehören könnten. All dies sind gute Gründe für Pharmahersteller, sich näher mit den Faktoren auseinanderzusetzen, welche die Kostenstrukturen und Flexibilität einer biopharmazeutischen Entwicklung und Produktion beeinflussen. In diesem Zusammenhang spielen innovative Technologien für Hersteller von Biopharmazeutika eine ganz entscheidende Rolle. Sie müssen im Hinblick auf schwankende Bedarfe einerseits sehr anpassungsfähig ein und andererseits eine ökonomische Alternative zu bestehenden Produktionsszenarien darstellen.
Plattformtechnologien für die Wirkstoffproduktion
Plattformtechnologien stehen deshalb mehr denn je im Fokus der Entwicklungsabteilungen großer Pharmahersteller. Optimierte Expressionssysteme werden sowohl im Bereich der Säugetierzellkultur als auch bei mikrobiellen Systemen entwickelt bzw. befinden sich bei der Wirkstoffproduktion bereits im Einsatz. Diese Baukastensysteme bestehen aus einem gut charakterisiertem Expressionswirt und einem optimiertem Vektor, der die genetische Information des Zielmoleküls trägt. Im Rahmen der Klonselektion ermöglicht dies einen minimierten Zeitaufwand und stellt sicher, dass ein Scale-up in den Produktionsfermenter-Maßstab im Sinne von Quality by Design (QbD) problemlos möglich ist. Daneben werden dazu passende Medien entwickelt, welche ebenfalls einem Scale-up-Konzept Rechnung tragen.
Unterstützt wird dieser Ansatz insbesondere durch die spezifischen Anforderungen im Bereich der Herstellung monoklonaler Antikörper und Impfstoffe. Gerade hierbei existieren gut gefüllte Entwicklungspipelines, die in den nächsten Jahren in den Produktionsmaßstab überführt werden müssen. Auch hier greift QbD und impliziert die Definition von Prozessplattformen. Prozesseinheiten können dabei als Einweglösung (Single-use) oder als Edelstahlvariante einzeln betrachtet werden. Durch den Vergleich von Kostenkalkulationen ergibt sich schließlich ein Entscheidungsspektrum, das von der kompletten Einweglösung bis zur Ausführungen als klassische Edelstahlanlage reicht. Aktuell scheint oftmals eine Kombination dieser Technologien, also eine Hybridlösung, eine höchst interessante Variante zu sein.
Einweg versus Edelstahl
Grundsätzliche Erwartungen, die mit Single-use-Plattformtechnologien einher gehen, sind neben den bekannten Vorteilen des Entfalls von kostenintensiven Reinigungsschritten und der Vermeidung von Kreuzkontaminationen vor allem vergleichsweise geringe Investitionskosten. Produktionstechnisch wird vor allem eine hohe Flexibilität erwartet, um schnell auf Veränderungen, wie z.B. im Rahmen der saisonalen Impfstoffproduktion, reagieren zu können. Insgesamt geht es darum, eine vergleichbare Prozesseffizienz bei gleichzeitig sinkenden Prozesskosten zu realisieren. Neben der aktuellen Planung neuer Produktionsanlagen werden aber eben auch bestehende Anlagen hinsichtlich der Integration von einzelnen Einweg-Plattformtechnologien untersucht.
Während im Upstream Processing die Einwegtechnologie bei Herstellprozessen im Bioreaktormaßstab von über 2.000 L derzeit noch limitiert ist, scheinen hingegen mehrere Faktoren künftig eine Produktion in Bioreaktoren im Maßstab bis 2.000 L zu ermöglichen: Zum einen sind die erreichten Produkttiter in den letzten Jahren kontinuierlich angestiegen, was vor allem dem gewachsenem Verständnis der Zellbiologie und den erheblich verbesserten Wachstumsmedien Rechnung trägt. Zum anderen wird parallel intensiv an der Verbesserung bestehender Prozesse gearbeitet. Dabei wird insbesondere nach weiteren technologischen Möglichkeiten gesucht, wie z.B. dem Einsatz moderner Perfusionstechnologien, um die Produktkonzentrationen und damit die Ausbeute pro Reaktorvolumen noch weiter zu erhöhen.
Single-use-Plattformtechnologien
Im Bereich Upstream Processing lassen sich drei grundlegende Prozessschritte definieren. Dies ist neben der am Beginn eines jeden Prozesses stehenden Medienherstellung auch die finale Zellabtrennung am Prozessende. Zwischen beiden Schritten liegt der Prozess der Zellkultivierung durch den Bioreaktor, der das zentrale Element im Upstream-Prozess darstellt. Als skalierbare Single-use-Bioreaktorplattform wurde die Biostat Cultibag STR-Familie (Abb. 1) entwickelt.
Die Zunahme verschiedenster Technologien im Bereich der Einwegbioreaktoren, die mit einer immer größer werden Zahl von Herstellern einher geht, hat in den letzten Jahren die marktseitige Akzeptanz solcher Systeme deutlich erhöht. Dies spiegelt aber vor allem auch die Tatsache wider, dass mittlerweile mit den verschiedensten Einwegtechnologien Zellendichten und Produktkonzentrationen bestätigt werden können, die den in klassischen Edelstahlbioreaktoren erzielten Ergebnissen entsprechen.
Wellendurchmischte Bioreaktoren wie z.B. der Biostat CultiBag RM haben sich in den letzten Jahren erfolgreich etabliert. Darüber hinaus besteht aber zunehmend auch Bedarf an Einwegbioreaktoren, welche die Charakteristika eines klassischen Rührkessels aufweisen. Dies trägt der Tatsache Rechnung, dass hinsichtlich der Maßstabsübertragung oftmals noch Neuland beschritten wird, obwohl entsprechende Zelldichten und Produktkonzentrationen bereits mit unterschiedlichen Einwegbioreaktortechnologien erzielt werden konnten. Sogar für die momentan am Markt befindlichen gerührten Einwegbioreaktortypen müssen im Vergleich zum klassischen Rührkessel neue Scale-up-Kriterien erarbeitet werden.
Das Konzept des Biostat CultiBag STR (Stirred Tank Reaktor) beabsichtigt den möglichst direkten Transfer vom klassischen Bioreaktor auf ein Einwegsystem bis zu 1.000 l Arbeitsvolumen zu gewährleisten. Dabei sollten vor allem relevante Reaktor- und Rührergeometrien als auch Begasungstrategien beachtet werden.
Der Beutelcontainer
Ein klassischer Bioreaktorkessel für Zellkulturanwendungen hat ein Höhen/Durchmesser-Verhältnis von 2:1 mit einem maximalen Füllvolumen von 70-80%. Im Falle der Einwegbioreaktoren ist ein Beutelcontainer erforderlich. Dieser dient nicht nur zu Gewährleistung der Stabilität des Einwegbioreaktorbeutels während der Kultivierung, sondern trägt als integralen Bestandteil auch ein Temperiersystem (Heizmatte oder Doppelmantel). Darüber hinaus ist sowohl der Antriebsmotor als auch ein Filterhalter Bestandteil des Beutelcontainers. Da die Installation der Bioreaktorbeutel mit steigenden Volumen immer anspruchsvoller wird, ist der Beutelcontainer des STR zur vereinfachten Installation mit zwei leicht zu öffnenden Türen ausgestaltet.
Der Bioreaktorbeutel
Die im Bioreaktorbeutel eingesetzten Rührorgane entsprechen denen der klassischen rührkesselbasierten Bioreaktoren. Sowohl scherkraftarme, axial fördernde Rührorgane wie ein 3-Blatt-Segment-Rührer als auch der klassische radial fördernde 6-Blatt-Scheibenrührer sind für den STR-Bioreaktortyp verfügbar. Bei allen aktuell verfügbaren Größen sind bereits standardmäßig zwei Rührorgane vorinstalliert. Obwohl der Einsatz von zwei axial fördernden Rührorganen in Bereich der Zellkultur als Standard betrachtet werden kann, bringen Kombinationen aus axial und radial fördernden Rührorganen in manchen Anwendungen durchaus Vorteile. Darüber hinaus ermöglicht der Einsatz von mehreren Rührorganen die Gewährleistung von niedrigen Rührerumfangsgeschwindigkeiten unter Berücksichtigung einer definierten prozessabhängigen Mischzeit und geringem spezifischem Leistungseintrag.
Die Reduzierung der auf die Zellen wirkenden mechanischen Kräfte ist in einem begasten Rührkesselbioreaktor nicht das einzige Auswahlkriterium. Ein effektives und gleichzeitig einfach zu regelndes Begasungssystem sind weitere wichtige Ansprüche. Dabei sind sowohl der ständige Transfer von Sauerstoff in das Kulturmedium als auch das Entfernen von überschüssigem CO2 wichtige Parameter.
Obwohl der Sauerstoffbedarf von Tierzellkulturen einige Größenordnungen niedriger als jener von Bakterien- und Hefekulturen liegt, ist die effiziente Sauerstoffversorgung normalerweise die primäre Herausforderung beim Betrieb eines Zellkulturbioreaktors. Die klassische angewandte Begasungsmethode ist - neben der Begasung des Kopfraumes des Bioreaktors - das direkte Einblasen der Gase durch Begasungsringe. Im Cultibag STR kann dabei zwischen dem aus mikrobiellen Fermentern bekannten Begasungsring mit Bohrungen von 0,8 mm und einem „Mikrosparger" mit 150 µm ausgewählt werden. Beide Typen haben spezielle Vor- und Nachteile. Um die gleichen Sauerstofftransferrate zu erreichen, benötigt man beim Begasungsring aufgrund der größeren Blasen höhere Gasdurchsatzraten. Dem gegenüber stehen klassische Mikrosparger mit Porengrößen von 5-20 µm. Nachteilig hierbei ist allerdings die Tatsache, dass unter ungünstigen Prozessbedingungen diese kleineren Blasen auch schon bei geringen Gasdurchsatzraten einen sehr festen Schaum erzeugen können. Gerade im Prozessmaßstab kann dies nur bedingt durch Zugabe von Antischaummitteln kontrolliert werden. Die Verwendung von „Mikrospargern" mit 150 µm im Cultibag STR trägt gerade diesem Sachverhalt Rechnung, indem er einen interessanten Kompromiss anbietet.
Insgesamt muss jedoch neben dem übergeordnet Aspekt der Sauerstoffversorgung der Zellen auch die Konzentration von gelöstem CO2 als Regelgröße angesehen werden. Auch hier lassen sich die bereits in Edelstahlbioreaktoren entwickelten Prozessparameter meist direkt in diese Einwegversion übertragen (Abb. 2). Die bereits vorinstallierten fluoreszenzbasierten Einwegsensoren für pH- und pO2-Wert lassen die Regelung dieser wichtigen Prozessparameter zu. Genau wie bei den wiederverwendbaren Bioreaktorensystemen kann der Biostat CultiBag STR direkt an die erprobte BioPAT MFCS/Win Scada-Software angeschlossen werden.
Integrierbare Single-use-Lösungen
Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass die Integration von Single-use-Plattformen in bestehende Anlagenkonzepte bzw. die Erarbeitung von ausschließlich auf Single-use basierenden Prozesslösungen - unter strikter Einhaltung der Quality by Design (QbD)-Philosophie - bereits Realität geworden ist. Das Konzept „Flexact" folgt dabei einer Konfigurationsidee für vorkonfektionierte biopharmazeutische Prozessschritte. Dahinter verbirgt sich ein Edelstahltrolley, der als zentrale Bedieneinheit je nach Einsatzzweck mit unterschiedlichen und prozessspezifischen Einwegprodukten bestückt werden kann. Neben Anwendungen im Upstream Processing, etwa zur Medienherstellung kann er auch im nachfolgenden Downstream Processing eingesetzt werden. Dabei sind die Pufferherstellung aber auch die Virusentfernung, -deaktivierung oder -adsorption Zielanwendungen. Die funktionell gestaltete Einheit lässt sich für jeden Prozessschritt entsprechend mit Filterkerzen, Schläuchen und Verbindungselementen aus Einwegmaterial konfigurieren und erlaubt somit einen besonders flexiblen Einsatz in der Produktion.