Die Zukunft ist bunt
Kunststoffindustrie bietet zahlreiche Innovationen für den Aufschwung am Bau
Kaum eine Abnehmerindustrie ist von der Wirtschaftskrise 2009 so stark getroffen worden wie das Bauwesen. Der Absatz von Rohren, Profilen und Platten ist drastisch gesunken: Sowohl die Halbzeughersteller und Weiterverarbeiter als auch die Maschinenbauer mussten seit Ende des Jahres 2008 deutliche Einbußen hinnehmen, Kurzarbeit anmelden und teilweise sogar Kapazitäten abbauen. Die Hersteller von Rohren, Profilen, Platten und Isoliermaterialien hoffen derzeit auf eine Wiederbelebung ihres Geschäfts.
Die derzeitige Marktlage ist schwer einzuschätzen, aber es scheint, als ob Mitte 2009 die Talsohle der Krise erreicht wurde und sich der Markt seitdem auf niedrigem Niveau stabilisiert. Zieht man den US-amerikanischen Markt als Indikator heran, so gibt eine Anfang 2010 veröffentliche Studie des US-amerikanischen Marktforschungsinstituts Freedonia Group Anlass zur Hoffnung.
Erholung in 2011
Dennoch, so die Marktforscher, wird das weltweite Wachstum in der Baubranche in den Jahren 2008 bis 2013 mit durchschnittlich 2,9% pro Jahr deutlich unter den 7% des Vergleichszeitraums von 2003-2008 liegen. Laut dem deutschen Brancheninformationsdienst KI Kunststoff Information wird für Westeuropa noch ein moderater Rückgang im Jahr 2010 und eine Erholung erst für 2011 prognostiziert.
Betrachtet man die Marktsituation der einzelnen Produkte, so rangiert das Profil- weit hinter dem Rohrgeschäft und beide deutlich hinter dem Geschäft mit Platten für Isolierungszwecke. Letzteres hat stark von einem zunehmenden Energiebewusstsein sowie staatlichen Förderprogrammen für Wärmedämmmaßnahmen profitiert - und das auch in den entwickelten Ländern Westeuropas und den USA.
Für die enormen Rückgänge auf dem Profilmarkt von bis zu 70% im Jahr 2009 nennen Branchenkenner vornehmlich zwei Gründe: Die starke Abhängigkeit von einem Produkt, dem Fensterhauptprofil und die nahezu völlig zum Erliegen gekommene Nachfrage aus Osteuropa, vornehmlich aus Russland, und Fernost.
PVC bleibt Werkstoff der Wahl
Insgesamt verarbeiteten die europäischen Hersteller von Fensterprofilen im Jahr 2008 mehr als 1,6 Mio. t PVC und erwirtschafteten mit über 20.000 Mitarbeitern einen Umsatz von mehr als 4 Mrd. €. Zu den Neuentwicklungen der Branche gehören farbige Profile, Profile mit mehr als fünf Kammern und Einbautiefen von mehr als 80 mm sowie Profile mit Recyclinginnenschicht. Insbesondere der Wunsch nach Energieeinsparungen treibt die Nachfrage nach diesen Profilen voran. In Osteuropa sind vorwiegend weiße Standardfenster gefragt. Für heißere Klimazonen macht z.B. die Solar-Shield Technology (SST) von sich Reden, die das Reflexionsverhalten von Farbpigmenten zur Abwehr von Wärmeeinstrahlung nutzt und dafür sorgt, dass folienkaschierte Profile selbst Temperaturen über 70°C standhalten.
Trotz vieler Produktinnovationen musste auch das Geschäft mit PVC-Profilen in den vergangenen anderthalb Jahren massive Umsatzeinbrüche verkraften. Um gut gerüstet in die Zukunft zu gehen, entschlossen sich einige Unternehmen für strategische Zusammenschlüsse und Kooperationen. Ein Trend geht zu Komplettanlagen mit gutem Preis-/Leistungs-Verhältnis und aufeinander abgestimmten Maschinenlösungen aus einer Hand.
In Deutschland werden inzwischen rund 80% aller Altfenster rezykliert. Dieser ganzheitliche Ansatz eröffnet der PVC-Industrie und den PVC-Anwendungen am Bau neue Zukunftschancen nicht nur in Deutschland und Europa.
WPC-Profilmarkt wächst weiter
Wichtige Weiterentwicklungen und Wachstumspotentiale gibt es weiterhin für Wood-Plastics-Composites (WPC), das sind Verbundwerkstoffe aus Kunststoffen und Holzfasern. Nach Information des Nova-Instituts erfreuen sich diese alternativen Produkte selbst in der Krise eines steigenden Absatzes. Weltweit würden heute bereits mehr als 1,5 Mio. t WPC produziert, vor allem in Nordamerika (ca. 1 Mio. t), China (200.000 t), Europa (170.000 t) und Japan (100.000 t). In Europa sei Deutschland mit über 70.000 t der führende Produzent und zudem der führende Maschinenbauer.
Während in den USA WPCs vornehmlich als Bauprodukte für Decking, Fencing, Railing und Siding eingesetzt werden, finden sie in Europa auch in der Automobilindustrie sowie in anderen Branchen Anwendung. Aber auch hier ist das Hauptprodukt die Bodendiele, deren Absatzvolumen jährlich zweistellig wächst.
Bei Rohren wird Mehrschicht zum Standard
Weltweit wurden 2008 16 Mio. t Kunststoffe zu Rohren verarbeitet. Bevorzugter Rohstoff ist PVC mit einem Anteil von rund 65%, gefolgt von PE und PP. Steigende Rohstoff- und Energiekosten gepaart mit immer höheren Anforderungen an die Funktionalität von Rohren erhöhen die Nachfrage nach Mehrschichtrohren wie beispielsweise HDPE-Druckrohren mit äußerer PP-Schutzschicht gegen Schlag- und Stoßbeanspruchung. Wegen ihrer Anpassbarkeit an unterschiedlichste Verfahrensaufgaben erobern Kunststoffrohre immer neue Einsatzbereiche.
Anbieter von Rohrextrusionsanlagen fokussieren sich neben wechselnden Anforderungsprofilen auch auf energiesparende und leistungsfähige Linien mit hoher Wirtschaftlichkeit. So entwickelten sie z.B. spezielle Kühlsysteme, mit dem sich die Kühlstrecke halbieren oder die Leistung verdoppeln bzw. die Produktionsleistung bei gleichzeitiger Verbesserung der Rohrqualität steigern lässt.