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125 Jahre Rhein Chemie

16.06.2014 -

Die Rhein Chemie, eine 100%ige Tochter von Lanxess mit Sitz in Mannheim, feiert dieses Jahr ihren 125. Geburtstag. Das Unternehmen, gegründet von den jungen Chemikern Dr. Albert Müller und Dr. Hermann Dubois, wurde am 8. Juni 1889 in das Gesellschaftsregister des Amtsgerichts Mannheim eingetragen; die ersten Schritte in Richtung ihrer heutigen Ausrichtung verdankt die heutige Lanxess Business Unit allerdings dem dritten Compagnon Dubois', Victor Kaufmann.

Ihm gelang bereits 1902 den Einstieg in die aufstrebende Gummibranche - mit einem Produkt, das aus einem nachwachsenden Rohstoff produziert wurde. Damit stehen nicht nur Kundenorientierung, Qualität und Innovationsfreudigkeit, sondern auch der Aspekt Nachhaltigkeit bereits seit deutlich über 100 Jahren im Zentrum des Unternehmenserfolgs der Rhein Chemie. Heute ist sie mit Marken wie Rhenogran, Stabaxol und Additin ein gefragter Ansprechpartner für Anwender im Kautschuk-, Kunststoff- und Schmierstoff-Markt. Auch das aktuelle Produktportfolio unterstützt diese Branchen bei der Schonung knapper Ressourcen und der Entwicklung umweltfreundlicher Produkte.

„Heute würde man Victor Kaufmann sicher als ‚Visionär' bezeichnen", sagt Dr. Anno Borkowsky, Leiter der Business Unit Rhein Chemie. „Gestartet war die Firma eigentlich mit der Produktion von Chlorchemikalien, unter anderem für Reinigungszwecke. Aber dann tat sich eine unerwartete Chance auf: 1886 entwickelte Carl Benz in Mannheim das erste Automobil. Kaufmann sah den Siegeszug dieser Erfindung voraus und erkannte sofort, welche Bedeutung sie für die Gummibranche haben würde." Also sattelte das Unternehmen um: Schon kurz nach der Jahrhundertwende begannen Kaufmann und Dubois, Faktis zu produzieren - ein Streckmittel für den wertvollen Naturkautschuk.

Faktis ist auch heute noch erhältlich, wird aktuell allerdings eher auf Grund seiner formstabilisierenden Wirkung auf dünnwandige Extrudate geschätzt. Spannender aus historischer Sicht sind jedoch weniger die technischen Kenndaten, die Faktis Gummiartikeln aus Naturkautschuk mit auf den Weg geben konnte, sondern die Rohstoffe, auf die Kaufmann für die Faktis-Produktion zurückgriff: Unter anderem Rapsöl.

„Damit hat Kaufmann als einer der Ersten in der Chemieindustrie auf Nachhaltigkeit gesetzt. Zu einer Zeit, als es diesen Begriff noch nicht einmal gab", erläutert Borkowsky. „Das geschah sicher unbewusst, aber der Nachhaltigkeits-Gedanke wurde von Rhein Chemie in den kommenden Jahrzehnten immer wieder aufgegriffen und weiter entwickelt."

Auch Victor Kaufmann selbst behielt diesen Aspekt in den kommenden Jahren weiter im Auge. „Als in den Boomjahren der Gummibranche die Abfallberge wuchsen und die Ingenieure zugleich immer mehr Gummi benötigten, begann der Kautschuktechnik-Pionier, Regenerate aus Altreifen zur Herstellung technischer Gummiwaren wie Dichtungen, Schläuche, Transportbänder und Karkassen herzustellen", so Borkowsky.

Victor Kaufmann starb 1933 im Alter von 62 Jahren, kurz nachdem er mit Gleichgesinnten die heute noch bedeutende Deutsche Kautschuk-Gesellschaft (DKG) gegründet hatte. Aber das von ihm mitgeprägte Unternehmen erlebte weiterhin eine stürmische Entwicklung; die Umbenennung von „Dubois & Kaufmann" in „Rhein Chemie" erfolgte gar erst 1941.

Mitte der 1930er Jahre nimmt das Unternehmen Verarbeitungswirkstoffe für die Kautschuk-Industrie ins Programm, 1953 wird in Mannheim das erste Anwendungstechnische Laboratorium eingerichtet. Borkowsky: „Das war ein Novum in der Branche: Die hier gewonnenen Erkenntnisse wurden über detaillierte technische Berichte verbreitet und von den Kautschuk-Verarbeitern gerne angenommen. Durch diese Expertise ist Rhein Chemie bekannt geworden. Auch heute noch sehen uns unsere Kunden als erste Adresse in Sachen Gummi-Anwendungstechnik. Wir haben Erfolg, weil wir innovativ sind."

Die Produktpalette wird stetig ausgebaut und optimiert

Ihr Kautschuk-Know-how und ihre innovativen Produkte machen die Rhein Chemie bald über die deutschen Landesgrenzen hinaus bekannt; 1956 ist das Unternehmen bereits in elf europäischen Ländern aktiv. Neben dem Schwerpunkt auf innovative, kundenspezifische Lösungen behält auch der Nachhaltigkeits-Aspekt seine Bedeutung für die Firma.

Ein Beispiel: 1957 entwickeln die Chemiker des Unternehmens, das mittlerweile auch Zusätze für Schmierstoffe herstellt, ein Hochdruck-Additiv, das zur Formulierung von Metallbearbeitungs-Flüssigkeiten eingesetzt wird. Der sogenannte helle Schwefelträger, unter dem Produktnamen RC 1422 eingeführt, wird aus Rapsester, also wie Faktis letztlich aus Rapsöl produziert. RC 1422 wird zum Ausgangspunkt einer stark wachsenden Gruppe von hochspezialisierten Additiven für Industrieschmierstoffe. In den Folgejahren hat sich Rhein Chemie in einigen Segmenten dieses Markts einen Platz unter den Technologieführern der Branche erobern können.

1971 kommen die ersten Produkte der heute renommierten Rhenogran-Familie auf den Markt; die in einer Polymermatrix vordispergierten Kautschuk-Additive lassen sich endlich staubfrei und besonders homogen in die Gummimischung einarbeiten. Über die kommenden Jahrzehnte entwickelt Rhein Chemie auch diese vielversprechende Produktfamilie stetig weiter; aktuell umfasst sie über 100 Produkte, die optimal auf die verschiedensten Einsatzbereiche zugeschnitten sind.

Die Rhenogran-Produkte der heutigen Generation sind der Haupt-Umsatzträger des Unternehmens. Sie mindern unter anderem den Energieverbrauch bei der Herstellung von Gummimischungen und helfen, hochwertigere und damit langlebigere Gummiartikel zu fertigen.

Jüngster Neuzugang der nach wie vor wachsenden Palette innovativer polymergebundener Additive wird Rhenogran CNT sein, das die vielversprechenden Kohlenstoff-Nanotubes in bewährt einfacher Weise handhabbar macht. Die Markteinführung ist noch für 2014 geplant.

Nachhaltigkeit immer im Fokus

Im Kunststoff-Sektor entwickelte die Rhein Chemie Anfang der 1970er Jahre die ersten Hydrolyseschutzmittel für Polyurethane - Markenname Stabaxol. Auch dieses Produkt wurde seither stetig weiter optimiert. Inzwischen schützt das in flüssiger und fester Form oder als Masterbatch erhältliche Additiv eine ganze Reihe technisch wichtiger Polymere vor frühzeitiger hydrolysebedingter Alterung, neben PUR auch TPE, TPU, PET, PA und EVA.

Damit erhöht Stabaxol die Lebensdauer Hydrolyse anfälliger Kunststoffe besonders in anspruchsvollen Anwendungen, etwa in Federelementen aus zelligem Polyurethan für Automobile oder in Siebgeweben aus PET-Monofilamenten, die in der Papierherstellung zum Einsatz kommen. Hier wie in vielen anderen Einsatzgebieten hilft Stabaxol nicht nur, Ressourcen zu sparen, sondern auch die Wirtschaftlichkeit der Produktion zu steigern, zum Beispiel durch Verlängerung von Wartungsintervallen.

In den vergangenen Jahrzehnten hat sich Stabaxol zum wichtigsten Produkt der Rhein Chemie für die Kunststoff-Branche entwickelt. Mit BioAdimide hat die Lanxess-Tochter aktuell sogar eine Produktlinie für den Hydrolyseschutz von Biopolymeren im Angebot.

Die Schmierstoff-Experten der Rhein Chemie setzen ebenfalls immer wieder auf nachhaltige Produkte: Mit der Entwicklung von Komplettformulierungen von Schmierstoffadditiven auf Basis nachwachsender Rohstoffe - bereits in den 1990er Jahren. Spezielle Additive der Additin-Reihe aus dem aktuellen Produktprogramm sind besonders auf die Formulierung von Bioschmierstoffen ausgelegt.

So arbeiten die Schmierstoff-Spezialisten derzeit mit Hochdruck an einem neuen Additivpaket für Hydraulikflüssigkeiten, das den neuesten Richtlinien des Europäischen Eco-Labels gerecht wird. „Wir haben schon sehr früh großen Wert darauf gelegt, unseren Kunden Produkte an die Hand zu geben, die in Europa die strengen Anforderungen nationaler Umweltzeichen erfüllen", sagt Dr. Anno Borkowsky. „Das ist bei uns bis heute ein zentraler Punkt unserer Entwicklung."

Seit 2004 gehört die Rhein Chemie - nach mehr als drei Jahrzehnten unter dem Dach von Bayer - zu Lanxess. Bereits zu Bayer-Zeiten konnte die Rhein Chemie ihren Anspruch als global aktiver, führender Anbieter von Hochleistungs-Additiven für die Gummi-, Kunststoff- und Schmierstoff-Branche festigen. Unter der neuen Konzernmutter hat sich diese positive Entwicklung noch stärker fortgesetzt: Im Jubiläumsjahr verfügt das Unternehmen über Produktionsstätten und Technische Kompetenzzentren in Deutschland, Belgien, China, Japan, den USA, Argentinien, Brasilien, Russland und Indien; moderne Anlagen stellen hohe Produktqualität sicher. Auch bestehende Produktionsstätten werden weiterentwickelt: Derzeit wird der Standort Brasilien um eine neue Rhenogran-Produktion ergänzt.

Vor wenigen Jahren nahm die Rhein Chemie sogar eine ganz neue Produktgruppe ins Portfolio, die seither durch starkes Wachstum überzeugt: Bladder. „Auch sie helfen, bessere und Energie-sparende Reifen zu produzieren", so Borkowsky. Bei Bladdern - auch Heizmembranen genannt - handelt es sich um Gummi-Membranen, die den entstehenden Reifen während der Vulkanisation an die Innenwand der Form pressen. Gute Bladder führen zu besonders gleichmäßigen Reifen - die sich durch niedrigere Rollwiderstands- und Abriebwerte auszeichnen. Dank neuer, vorbeschichteter Bladder von Rhein Chemie kann die Reifenindustrie obendrein auf die weit verbreiteten, zusätzlichen Trennmittel im Produktionsprozess verzichten.

Know-how für eine gute Zukunft

„Der Beitrag zur Nachhaltigkeit, der mir persönlich am meisten am Herzen liegt, ist jedoch unser Chemistry Lab ‚Kautschuk und Gummi', mit dem wir jungen Menschen aus der Umgebung die Möglichkeit geben, sich im Chemie-Unterricht - und bei einem Besuch in unseren Laboratorien - eingehend mit dem Werkstoff Gummi und seinen Chancen auseinander zu setzen", so Borkowsky. Das Bildungsangebot orientiert sich eng am Bildungsplan für Baden-Württemberg und wird zum 125-jährigen Jubiläum noch einmal erweitert. Das Projekt hat jetzt schon Erfolg: „Schüler sagen uns, dass sie dadurch erst verstanden haben, warum man mit Hochleistungs-Reifen Energie sparen kann. Der Jugend gehört die Zukunft, und zu einer guten Zukunft gehört nun einmal solides Wissen."