Weltweite Chemieindustrie vor neuer Konsolidierungswelle
21.01.2014 -
(Ausgabe: CHEManager 23-24/2013) Laut einer aktuellen Studie stehen der weltweiten Chemieindustrie turbulente Zeiten bevor: Eine zu tilgende Verschuldung von 33 Mrd. US-$ im Jahr 2016 sowie schrumpfende Margen in Folge der Schiefergasförderung in den USA werden eine Welle von Unternehmensverkäufen nach sich ziehen. Das geht aus dem Report „Refinancing Will Drive Chemicals Consolidation" hervor, in dem die Unternehmensberatung A.T. Kearney die Verschuldungssituation der internationalen Chemieindustrie untersucht hat.
Zwischen 2006 und 2008 verzeichnete die weltweite Chemieindustrie einen extremen Anstieg der M&A-Aktivitäten. Insgesamt wurden in diesem Zeitraum Transaktionen mit einem Gesamtwert von über
330 Mrd. US-$ durchgeführt. Einen wesentlichen Anteil daran hatten Transaktionen mit einem Volumen von mehr als 5 Mrd. US-$ (Grafik 1). Zum Vergleich: Im Jahr 2012 erreichte das weltweite Deal-Volumen nur noch 49 Mrd. US-$. Keine einzige Transaktion überstieg einen Wert von 5 Mrd. US-$, knapp zwei Drittel des Transaktionsvolumens stammten aus kleineren Deals mit einem Wert von jeweils weniger als 1 Mrd. US-$.
Das hohe Transaktionsvolumen der Jahre 2006-2008 zieht nun eine Welle von Kapitalrückzahlungen nach sich, die zwischen 2013 und 2016 fällig werden (Grafik 2). Dadurch werden Fusionen, Übernahmen und Veräußerungen in allen Teilen der Welt angefacht.
Für die Studie wurde die Verschuldungssituation von 200 Chemiefirmen weltweit untersucht. Ihre gesamten Verbindlichkeiten belaufen sich aktuell auf
380 Mrd. US-$. Die Top-27-Unternehmen mit der höchsten Verschuldung und einem Jahresumsatz von mehr als 1 Mrd. $ müssen in den nächsten fünf Jahren
110 Mrd. US-$ an Verbindlichkeiten bedienen.
Zusätzlichen Rückenwind erhalten die M&A-Aktivitäten durch die Erholung der US-Industrie, denn mit ihr geht ein Finanzierungsbedarf für bis zu 10 neue Cracker- und Derivateanlagen einher. Die einstigen Kapitalgeber der Branche mussten in der Vergangenheit Abschreibungen in beträchtlicher Höhe für Unternehmen wie LyondellBasell und Ineos vornehmen.
Dr. Tobias Lewe, A.T. Kearney, erklärt: „Eine Konsolidierung der Branche ist unausweichlich, denn Investoren und Industrie möchten die Position der Unternehmen vor einer erneuten Finanzierung stärken. Insgesamt schafft diese Entwicklung Chancen für neue Marktteilnehmer sowie Unternehmen aus Asien und dem Nahen Osten, die westliche Chemiekonzerne übernehmen oder mit diesen fusionieren möchten." Bereits seit 2001 ist der Anteil asiatischer Investoren bei den weltweiten M&A-Aktivitäten in der Chemieindustrie von 17 % auf heute 46 % (2012) gestiegen (Grafik 3). Im gleichen Maß ging der Anteil von Käufern aus Europa und Nordamerika zurück.
Laut der Studie stehen alle neuen M&A-Aktivitäten im Zusammenhang mit der Refinanzierung des vorausgegangenen hohen Transaktionsvolumens. Vor allem Investment-Grade-Unternehmen werden eine führende Rolle bei der bevorstehenden Neuordnung übernehmen. Diese Unternehmen weisen einen Verschuldungsgrad (Debt-Equity-Ratio) von unter 90 % und EBITDA-Margen von mehr als 10 % aus (Grafik 4).
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