Megatrends als Wachstumstreiber
Mit Premiumprodukten für globale Wachstumsmärkte will Lanxess seine Erfolgsgeschichte fortschreiben
Seit dem 24. September 2012 ist Lanxess im Deutschen Aktienindex DAX. Der Einzug in den Leitindex markiert den vorläufigen Höhepunkt in der noch jungen, aber erfolgreichen Firmengeschichte. Denn die Startbedingungen waren nach der Abspaltung der schwächelnden Chemiegeschäfte von Bayer und dem Börsengang im Januar 2005 denkbar schlecht - zumal das neue Unternehmen Lanxess noch einen milliardenschweren Schuldenberg vom ehemaligen Mutterkonzern mitbekommen hatte und abtragen musste. Doch der Vorstandsvorsitzende Dr. Axel C. Heitmann fokussierte das Portfolio auf aussichtsreiche Sparten und formte das Unternehmen zu einem Anbieter von Spezialchemikalien und Hochleistungskunststoffen. Nach der Optimierung der Produktionsstrukturen setzte Lanxess verstärkt auf die Emerging Markets und auf Megatrends wie z.B. Mobilität. Dr. Michael Reubold sprach mit dem Lanxess-Chef über das bisher Erreichte und seine künftige Strategie.
CHEManager: Herr Dr. Heitmann, Lanxess gehört jetzt zu den 30 führenden börsennotierten deutschen Unternehmen. Was bedeutet Ihnen die Zugehörigkeit zum DAX?
Dr. Axel C. Heitmann: Wir sehen die Aufnahme in den DAX 30 als eine Anerkennung unserer harten Arbeit, einen neuen Chemiekonzern gebaut, ihn neu ausgerichtet und auf einen ambitionierten Wachstumskurs geführt zu haben. Vor sieben Jahren waren wir mit einer bunten Sammlung ertragsschwacher Geschäfte in die Selbstständigkeit entlassen worden. In den ersten Jahren unserer Unternehmensgeschichte drehte sich alles um das Thema Transformation: Restrukturierung unseres operativen Geschäfts, Verkauf überflüssiger Vermögenswerte sowie Festigung unserer bestehenden Geschäftsfelder.
Transformation war damals unser wichtigster Werttreiber. Heute heißt unser wichtigster Werttreiber Wachstum. Wir haben unser Ergebnis in den vergangenen sieben Jahren durchschnittlich um mehr als 20 % pro Jahr gesteigert und haben jetzt neue mittelfristige Ziele ausgegeben. Es ist uns gelungen, Lanxess in einen echten Motor für EBITDA-Steigerung zu verwandeln. Wir freuen uns darüber, dass unser Erfolg auf diesem Gebiet nicht unbeachtet geblieben ist. Und ich glaube, dass diese Anerkennung, nun offiziell im deutschen Premium-Aktienindex geführt zu werden, direkt auf unsere kluge Wachstumsstrategie zurückzuführen ist.
Als Lanxess startete gab es viele Zweifler. Einige glaubten am Anfang nicht daran, dass das Unternehmen jemals profitabel werden könne, geschweige denn in dieser kurzen Zeit. Worauf führen Sie den schnellen Erfolg zurück?
Dr. Axel C. Heitmann: Voraussetzung dafür, dass aus Lanxess eine Erfolgsstory geworden ist, war die gleichzeitige Umsetzung von zwei unterschiedlichen Transformationsprozessen. Zunächst haben wir sehr stark in unsere bestehenden Anlagen im Westen investiert, um sie weltweit wettbewerbsfähig zu machen. Gleichzeitig haben wir in die wachstumsstarken Märkte investiert, um in diesen Regionen eine Wachstumsplattform aufzubauen. Das heißt, im Westen sind höhere Investitionen in die Instandhaltung und Verbesserung unserer Anlagen geflossen, in den aufstrebenden Volkswirtschaften haben wir dagegen mehr Mittel auf Neugründungen verwendet. Dabei haben wir stets unsere Premiumprodukt-Strategie beibehalten. Wir haben uns in den wachstumsstarken Märkten nicht auf preisgünstige Commodity-Produkte verlegt. Diese Strategie war überaus erfolgreich. Und wir haben so über die Jahre ein globales Standortnetzwerk aufgebaut.
Bisher haben Sie als Manager über den Weg des Unternehmens in den DAX gesprochen. Wie sehen Sie persönlich als leidenschaftlicher Chemiker die Aufnahme in den Leitindex?
Dr. Axel C. Heitmann: Das ist richtig, ich bin von Haus aus Chemiker und mich hat die Macht der Wissenschaft schon immer fasziniert. Deshalb freue ich mich darüber, dass ein weiterer Chemiekonzern in den DAX aufgenommen worden ist. Zeigt es doch, dass die chemische Industrie eine Schlüsselindustrie Deutschlands ist und jetzt noch mehr Aufmerksamkeit erhalten wird. Es steht Deutschland gut zu Gesicht, denn unser Wohlstand ist ganz wesentlich auch von der chemischen Industrie geprägt.
Wie wollen Sie diese erhöhte Aufmerksamkeit nutzen, um das Image und die Bedeutung der Chemie noch weiter in die Öffentlichkeit zu transportieren?
Dr. Axel C. Heitmann: Lanxess ist ein transparenter Konzern und wir kommunizieren sehr gerne über unsere Arbeit, z.B. in diesem Jahr in einer ganzen Serie von Konferenzen über moderne Mobilität oder über Nachhaltigkeit. Bei diesen Veranstaltungen stellen wir neue Technologien vor, die für die Endverbraucher erfahrbar, nachvollziehbar und auch nutzbar sind. Wir haben ganz praktische Beispiele wie den „grünen" Reifen, anhand derer der Verbraucher sehen kann, was für einen Beitrag die Chemie für die Umwelt leistet, und anhand derer er nachvollziehen kann, dass die Chemie neue Materialien und neue Technologien entwickelt, ohne die energieeffizienteres und ressourcenschonenderes Wachstum nicht möglich sind. Das ist unsere große Vision: die Entkopplung von Wachstum und Ressourcenverbrauch, d.h. mehr Wachstum bei weniger Energieverbrauch. Das geht nur mit neuen Materialien. Und dafür steht die Chemie.
Das hat die Chemie in den vergangenen Jahren auch schon vorgemacht.
Dr. Axel C. Heitmann: Ja, das praktizieren wir an unseren eigenen Standorten schon seit Jahren. Wir sind heute in der Lage, unsere Produkte mit weniger Energieeinsatz herzustellen. Jetzt geht es darum, neue Produkte in die Märkte zu bringen, mit denen die Märkte wachsen können und gleichzeitig ihren Energiebedarf absenken können. Nehmen Sie den eben bereits erwähnten „grünen" Reifen als Beispiel. Mit neuen rollwiderstandsreduzierten oder -armen Reifen verbraucht ein Kraftfahrzeug 5 bis 7 % weniger Energie bei gleichzeitig gesteigerter Bremsleistung auf nasser Fahrbahn. Ein zweiter Schwerpunktbereich ist die Gewichtsreduktion von Autos.
Leichtbau trägt viel zur Kraftstoffeffizienz bei. Dafür produzieren wir nicht nur Materialien für viele der üblichen Kunststoffteile in einem Auto, sondern auch energieabsorbierende Hightech-Kunststoffe, die in wichtigen Strukturbauteilen eines Wagens Metall ersetzen und das Gewicht reduzieren können, ohne dass die Sicherheit darunter leidet. Das sind wichtige Innovationssprünge, die es ermöglichen, die steigende Mobilität, insbesondere in den aufstrebenden Volkswirtschaften, umweltverträglicher zu gestalten.
Nachhaltige Mobilität ist einer der aktuellen globalen Megatrends und Sie richten das Portfolio von Lanxess seit dem Start konsequent an solchen Megatrends aus.
Dr. Axel C. Heitmann: Ja, wir haben vier Megatrends identifiziert, die für unsere Arbeit wichtig sind und haben unsere Produktentwicklung auf diese das Wirtschaftswachstum antreibende Motoren ausgerichtet. Diese vier großen Megatrends - Mobilität, Urbanisierung, Ernährung und sauberes Wasser - sind wichtige Wachstumsfelder, für die neue Technologien entwickelt werden müssen. Hier steht die Chemie an erster Stelle. Diese neuen Wachstumstreiber bieten für Lanxess exzellente Chancen. Lassen Sie uns beim Thema Mobilität bleiben, um Ihnen die Wachstumspotenziale zu verdeutlichen: 2011 machten Produkte für die „Grüne Mobilität" 17 % unseres Gesamtumsatzes aus, das entspricht 1,5 Mrd. €, mit steigender Tendenz. Bis 2015 wollen wir den Gesamterlös in diesem Bereich nahezu verdoppeln.
Das Wachstum soll also aus der Entwicklung innovativer Produkte und Materialien kommen?
Dr. Axel C. Heitmann: Innovation wird immer ein Eckpfeiler unserer Strategie sein. Die Chemie ist getrieben von Innovation und Technologie. Wir lieben Technologie! Lanxess hat sich Zug um Zug auf innovations- und technologiegetriebene Produkte konzentriert. Die Entwicklung von neuen Materialien und neuen Technologien für Megatrends bietet für uns enorme Chancen. Hier verfügen wir über enorme Kompetenz. Für uns sind Innovation und Technologie aber nicht nur für die Entwicklung neuer Produkte wichtig, sondern auch für unsere Verfahren und Prozesse. Also für Produkt und Produktion. Lanxess investiert viel in die Entwicklung von Premiumprodukten und effizienten Prozessen.
Sie haben kürzlich Ihre Ergebnisziele für die nächsten Jahre erhöht. Ihre Zukunftspläne sind ambitioniert.
Dr. Axel C. Heitmann: Das stimmt, unser Hauptziel war es bislang, ein EBITDA von 1,4 Mrd. € bis 2015 zu erreichen. Heute können wir trotz schwieriger wirtschaftlicher Rahmenbedingungen davon ausgehen, dass wir dieses Ziel 2014 vorzeitig erreichen werden. Wir haben uns Gedanken über das nächste Kapitel unseres Wachstums gemacht und haben ein neues Ziel für 2018 vorgegeben: ein EBITDA von 1,8 Mrd. €.
Ich bin mir vollkommen bewusst, wie ehrgeizig dies ist, gerade jetzt, in Zeiten großer Unsicherheit. Wir werden das aber schaffen, weil wir über sehr viel Erfahrung verfügen, wie man selbst in schweren Zeiten vorankommt.
Mit welcher Strategie gehen Sie die künftigen Wachstumsziele an, gehören auch Akquisitionen dazu?
Dr. Axel C. Heitmann: Ja, um dieses Ziel zu erreichen, werden wir die Strategien, von denen wir bisher profitiert haben, weiter verfolgen. Das zusätzliche EBITDA soll dabei in dem bewährten Verhältnis von 2:1 von organischem zu externem Wachstum erreicht werden. Lanxess ist schließlich eine investitionsorientierte Wachstumsstory und organisches Wachstum ist die beste Möglichkeit, die Wertschöpfung zu erhöhen. Aber auch externes Wachstum ist wichtig und wir sind sehr fokussiert und diszipliniert, wenn es um unsere externen Wachstumsmöglichkeiten geht. Dabei achten wir darauf, dass sich die Akquisitionsobjekte gut in unsere eigene Unternehmenskultur einfügen. So können wir neue Märkte erschließen, unser Produktportfolio ergänzen oder in neue Technologien einsteigen.
Die kürzlich bekanntgegebene Übernahme von Bond-Laminates, einem deutschen Unternehmen, das thermoplastische Faserverbundwerkstoffe fertigt, ist ein hervorragendes Beispiel für eine Akquisition, durch die es uns möglich wird, in einen wachsenden Markt mit sehr interessanten neuen Technologien einzusteigen. Auch mit der Übernahme von DSM Elastomers im vergangenen Jahr haben wir unser Technologieportfolio gestärkt.
2011 war bei Lanxess das Jahr des Wassers, 2012 steht Mobilität im Fokus. Wird es 2013 wieder ein Leitthema geben und wissen Sie schon welcher Megatrend oder welches Thema es nächstes Jahr sein wird?
Dr. Axel C. Heitmann: Sie können davon ausgehen, dass bei unseren Aktivitäten im kommenden Jahr wiederum die „Grüne Mobilität" im Vordergrund stehen wird.