Schwellenländer machen Deutschland Konkurrenz um Investitionen
AmCham Business Barometer: Deutschland soll Kompetenz als High-Tech-Zentrum stärken
US-Unternehmen verzeichneten 2011 in Deutschland nicht mehr ganz so hohe Umsatzzuwächse wie im Rekordjahr 2010, übten leichte Zurückhaltung bei den Investitionen, stellten aber mehr Beschäftige ein als 2010. Das sind die Kernergebnisse des IX. Business Barometers der Amerikanischen Handelskammer in Deutschland (American Chamber of Commerce in Germany, AmCham Germany) und von Roland Berger Strategy Consultants. Das Business Barometer basiert auf einer Umfrage unter 274 amerikanischen Unternehmen, die in Deutschland aktiv sind. Über zwei Drittel der Befragten gaben an, mit dem deutschen Standort immer noch zufrieden zu sein und optimistisch in das laufende Jahr zu schauen: 81 % der Unternehmen rechnen 2012 mit einem Umsatzzuwachs in Deutschland, die Erwartungen für Investitionen und Beschäftigung blieben nahezu konstant. Am deutschen Standort schätzen US-amerikanische Firmen vor allem die Stabilität und Verlässlichkeit des Marktes sowie der hiesigen Politik. Als wichtige Vorteile des Landes folgen die hohe Qualität des Personals, relevante Marktgröße und hervorragende Infrastruktur. "Deutschland ist und bleibt das Zugpferd Europas", sagt Fred B. Irwin, Präsident der American Chamber of Commerce in Deutschland. "Doch wenn wir in die Zukunft blicken, sehen wir dort eine Reihe von Risiken, die auch für die Aktivitäten von US-Unternehmen in Deutschland relevant sind." So sehen die befragten Unternehmen den Umgang Deutschlands mit der Euro- und Finanzkrise als Unsicherheitsfaktor an. Problematisch sind außerdem der Mangel an Fachkräften sowie übermäßige Bürokratie. "US-Unternehmen schätzen das solide Fundament der deutschen Wirtschaft, die vielfältige Industrielandschaft und unseren Leistungswillen", sagt Dr. Martin C. Wittig, CEO von Roland Berger Strategy Consultants. "Doch auf diesen Lorbeeren dürfen wir uns nicht ausruhen. Für Wachstumsbranchen wie Healthcare, Informations- und Kommunikationstechnologie oder Biotech müssen wir noch attraktiver werden."
Das Wirtschaftsgleichgewicht verschiebt sich in Richtung Wachstumsregionen
Obwohl Deutschland immer noch ein attraktiver Standort ist, muss das Land um die Gunst der US-Investoren immer härter kämpfen. Denn neue Wachstumsregionen werden für amerikanische Firmen zunehmend wichtiger. "Die Arbeitsteilung rund um den Globus verschiebt sich: Regionen wie China oder Indien können schon heute als Konkurrenten zu Deutschland gesehen werden, wenn es um Investitionen von US-Unternehmen geht", erklärt Fred B. Irwin und prognostiziert: "Mit der Verschiebung der Absatzmärkte wird sich auch die Bedeutung deutscher Produktionsstätten, Forschungsaktivitäten und Vertriebsorganisationen verschieben."
Sieben Handlungsempfehlungen für den Standort Deutschland
Die Studie stellt sieben Handlungsempfehlungen vor, die die Zukunftsfähigkeit Deutschlands sichern sollen. "Einige US-Firmen vermissen eine Zukunftsvision für den Standort Deutschland", sagt Dr. Martin C. Wittig. "Ihrer Meinung nach fehlt es in Deutschland manchmal an Experimentierfreude und Risikobereitschaft." Unter anderem sollte Deutschland seine Funktion als Innovationsmotor für die Hightech-Branche sowie als Zentrum für Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten stärken. Amerikanische Unternehmen bemängeln außerdem, dass eine übermäßige Bürokratie in Deutschland den Marktzutritt von Innovationen erschwert. Der Staat sollte daher bürokratische Hürden abbauen, um Spielräume für innovative Technologien zu schaffen. Problematisch bleibt zudem der Fachkräftemangel, der Deutschland zunehmend plagt; hier müsste Deutschland seine Attraktivität steigern, um mehr Spitzenkräfte aus dem Ausland zu locken. Doch auch infrastrukturelle Probleme, wie etwa die steigenden Energiekosten, sollten auf politischer Ebene durch eine klare Energiepolitik schnell gelöst werden, damit Deutschland Zielland für ausländische Investitionen bleibt.