Roche will Illumina für 5,7 Mrd. Dollar kaufen
31.01.2012 -
Roche will sein Diagnostikgeschäft mit einer feindlichen Übernahme in den USA noch stärker auf die Gentechnik ausrichten. Für 5,7 Mrd. US-$ will der Schweizer Pharmakonzern den US-Gentechnikspezialisten Illumina kaufen. Die Offerte stößt allerdings nicht auf Gegenliebe beim Management der kalifornischen Firma. Daher wandte sich Roche-Chef Severin Schwan direkt an die Illumina-Aktionäre und bietet ihnen 44,50 US-$ je Aktie. Das entspricht einem Aufschlag von 18 % auf den Aktienkurs. "Wir glauben, dass dies ein überzeugendes und attraktives Angebot für die Illumina-Aktionäre ist", sagte Schwan in einer Telefonkonferenz. Die Offerte spiegele den fairen Wert der US-Firma wider. Für Roche wäre Illumina der größte Zukauf seit der Komplettübernahme der US-Biotechgruppe Genentech 2009 für 46,8 Mrd. US-$.
Illumina will Übernahme abwehren
llumina läßt sich mit einer Antwort auf das Übernahmeangebot Zeit. Innerhalb der nächsten zehn Tage werde das Management eine Empfehlung abgeben, teilte der US-Gentechnikkonzern mit. Bis dahin rate das US-Unternehmen den Aktionären stillzuhalten. Das offizielle Angebot von Roche soll vorläufig bis zum 24. Februar 2012 gelten. Ob die Offerte reichen wird, wird von Analysten allerdings bezweifelt.
Illumina will sich aber gegen das Angebot wehren und neue Aktien ausgeben, wenn ein Investor direkt oder indirekt mindestens 15 % an der Firma hält. Vollzogen werden soll die Aktienemission über als Dividende ausgegebene Bezugsrechte auf Vorzugsaktien, die diejenigen Aktionäre erhalten sollen, die am 6. Februar bei der Firma gemeldet sind. Investoren, die die Aktien nicht direkt, sondern über einen Dritten halten, sollen keine neuen Aktien erwerben können. Mit einem solchen Vorgehen kann der Preis für eine Firmenübernahme nach oben getrieben werden.
Die Bekanntgabe der Viertquartalszahlen hat das US-Unternehmen bis zum Abschluss der Prüfung des Roche-Angebots verschoben. Allerdings bekräftigte Illumina die Anfang des Monats auf einem Investorentag bekanntgegebenen vorläufigen Quartalszahlen. Demnach hat Illumina im abgelaufenen Quartal bei einem Umsatz von 250 Mio. US-$ einen Gewinn je Aktie von 0,34 US-$ erzielt.
Roche will Diagnostikageschäft stärken
Roche will mit der Übernahme sein Diagnostikgeschäft ausbauen. Vor allem soll die sogenannte personalisierte Medizin gestärkt werden, der nach Ansicht von Roche die Zukunft gehört. Es geht dabei darum, Medikamente herzustellen, die auf einzelne Patientengruppen zugeschnitten sind. Eine von Illumina entwickelte Technik zur Analyse des menschlichen Erbguts soll da eine wichtige Rolle spielen. Den bestehenden Geschäftsbereich Applied Science will Roche mit Illumina zusammenführen und den Hauptsitz der Sparte an den Illumina-Stammsitz nach San Diego verlegen. Die Marke Illumina soll erhalten bleiben. Am derzeitigen Hauptsitz von Applied Sciene im oberbayerischen Penzberg solle das operative Geschäft fortgeführt werden.
Gensequenzierung
Illumina ist auf dem Gebiet der Gensequenzierung tätig, die für die Entwicklung von Medikamenten bedeutsam ist, die speziell auf bestimmte Patientengruppen zugeschnitten sind. So kann inzwischen bei manchen Krankheiten mit Hilfe des Genprofils bestimmt werden, ob eine Behandlung wirkt oder nicht. Der Schweizer Konzern setzt stark auf dieses neue Feld der personalisierten Medizin. Dank des eigenen Diagnostikgeschäfts kann Roche im Gegensatz zu vielen anderen Pharmakonzernen die dazu nötigen Gentests selbst entwickeln und anbieten. Roche ist Weltmarktführer in der Krebsmedizin, einem Gebiet das als besonders vielversprechend für auf den Patienten zugeschnittene Medizin gilt. Aber auch Virus- und Autoimmunerkrankungen gelten als Kandidaten für maßgeschneiderte Arzneimittel.
Analysten bezeichneten die Übernahme daher als sinnvoll. "Der Schritt passt strategisch perfekt und bringt Roche an die vorderste Front der gesamten Genom-Sequenzierung", kommentierte Martin Voegtli von Kepler Capital Markets.
Zu den größten Anteilseignern von Illumina gehören Capital Research Global Investors, Baillie Gifford & Co, Sands Capital Management, Morgan Stanley Investment Management und Jennison Associates, die nach Reuters-Daten zusammen rund 44 % der Anteile halten. Das 1998 gegründete Unternehmen erzielte 2010 mit 2.100 Mitarbeitern einen Umsatz von rund 900 Mio. US-$ sowie einen Nettogewinn von etwa 125 Mio. US-$.
Roche will die Übernahme über vorhandene Barmittel und Kredite finanzieren. Eine Aufstockung der Offerte schloss der Roche-Chef zunächst aus. "Wir haben nicht vor, den Preis zu erhöhen", machte Schwan deutlich. Allerdings hatte Roche vor einigen Jahren bei der Übernahme der Diagnostik-Firma Ventana für 3,4 Mrd. US-$ seine Offerte zum Schluss um 19 % aufgestockt. Und auch bei der Komplettübernahme von Genentech hatte der Konzern schließlich nachbessern müssen. Börsianer rechnen jedoch mit einer Anhebung.
Die Schweizer wollen den Illumina-Aktionären nun zur Generalversammlung in diesem Jahr Kandidaten zur Wahl in den Illumina-Verwaltungsrat vorschlagen, mit dem Ziel, dort eine Mehrheit zu erreichen. "Unsere Präferenz bleibt, eine gemeinsame Übernahmevereinbarung mit Illumina zu treffen", sagte Roche-Chef Schwan. Die Offerte steht unter der Bedingung, dass Roche die Mehrheit der Aktien erhält. Schwan verwies darauf, dass das Angebot einen Aufschlag von 64 % gegenüber dem Kurs vom 21. Dezember bedeute - dem Tag bevor Marktgerüchte über eine mögliche Transaktion zu einem deutlichen Anstieg des Illumina-Kurses geführt hätten.