Doping aus chemischer Sicht
09.12.2011 -
Eine speziell abgestimmte Ernährung ist für viele Leistungssportler eine wichtige Grundlage für ihre Wettkampfvorbereitung. Einige Sportler gehen aber über diese Vorbereitungen hinaus und fügen ihrem Körper zusätzliche, verbotene Substanzen zu, um sich im Wettkampf einen unerlaubten Vorteil zu verschaffen. Diese Vorgehensweise ist unter dem Begriff Doping bekannt und sorgt immer wieder für Schlagzeilen in den Medien, wenn Sportler des Dopings überführt oder Dopingvergehen enthüllt werden. Besonders in den Schaltjahren, wenn zusätzlich zu den jährlich stattfindenden Veranstaltungen wie der Tour der France auch noch sportliche Großereignisse wie die Olympischen Sommerspiele oder die Fußballeuropameisterschaft ausgetragen werden, ist das Medieninteresse an der Dopingproblematik entsprechend groß.
Bei der Berichterstattung werden dann zwar häufig die verschiedenen Dopingmethoden aufgeführt und beschrieben, chemische Strukturen von Dopingmitteln, die für die breite Bevölkerung uninteressant sind, bleiben aber unerwähnt. Um diese Lücke etwas zu schließen, werden in diesem Artikel einige der bekannteren Substanzen exemplarisch mit ihrer Struktur vorgestellt.
Bei der Klassifizierung der Dopingvergehen unterscheidet die NADA (Nationale Anti Doping Agentur) zwischen Wirkstoffen (z. B. Anabolika) und Methoden (z. B. Gendoping). Im Folgenden wird speziell auf die Wirkstoffe eingegangen, bei denen wiederum zwischen solchen Substanzen unterschieden wird, deren Einnahme generell verboten ist, und solchen, deren Einnahme nur während Wettkämpfen untersagt ist.
Der Nachweis der hier vorgestellten Substanzen bzw. ihrer Abbau- und Zwischenprodukte kann durch verschiedene Methoden erfolgen. In der Regel wird die Analysenprobe chromatographisch getrennt, und die enthaltenen Substanzen werden durch entsprechende Detektionsmethoden nachgewiesen. Im Allgemeinen werden Urinproben untersucht, da die Probennahme hierbei in der Regel problemlos durch nichtinvasive Methoden erfolgen kann. Alternativ kann auch das Blut des Probanden untersucht werden.
Generell verbotene Substanzen
Anabolika
Anabolika dienen dem Körper- und Muskelaufbau durch Steigerung der Proteinbiosynthese. Zu den bekanntesten Vertretern gehören u. a. die anabolen Steroide (z. B. Testosteron und Nandrolon) und β2-Sympathomimetika (z. B. Clenbuterol) sowie Wachstumshormone und -faktoren und verwandte Wirkstoffe (z. B. Insulin oder Erythropoietin / EPO).
Anabole Steroide – wie z. B. die androgen wirkenden Steroide Testosteron und Nandrolon – gehören mit zu den namentlich bekanntesten Dopingmitteln. Neben der leistungssteigernden Wirkung haben diese anabolen Steroide auch eine Reihe von Nebenwirkungen. Hierzu gehören neben Akne und Leberschäden auch weitreichende hormonelle Nebenwirkungen, im Falle von androgenen Steroiden z. B. Zyklusstörungen bei Frauen oder Beeinträchtigungen in der Spermienproduktion bei Männern.
β2-Sympathomimetika wurden ursprünglich zur Behandlung von Asthma verwendet, werden aber auch als Dopingmittel eingesetzt, da sie neben ihrer Bronchien erweiternden Wirkung zusätzlich sowohl fettabbauende als auch muskelaufbauende Eigenschaften besitzen. Clenbuterol (welches als Hydrochlorid eingesetzt wird) und Salbutamol (in Form des Sulfats) sind wohl die bekanntesten Vertreter. Zu den Nebenwirkungen gehören u.a. Herz-Kreislauf-Beschwerden und Muskelzittern.
Diuretika
Diuretika sind harntreibende Substanzen, die der verstärkten Wasserausscheidung aus dem Körper dienen. Was auf den ersten Blick wie eine leistungsmindernde Eigenschaft wirken mag, wird beim Einsatz zu Dopingzwecken auf verschiedene Arten missbraucht. So kann die erhöhte Wasserabscheidung zur gezielten Gewichtsabnahme eingesetzt werden, um so bei Sportarten, die in Gewichtsklassen unterteilt sind, ein bestimmtes Zielgewicht zu erreichen. Nach dem offiziellen Wiegen wird der Flüssigkeitsverlust entsprechend wieder ausgeglichen, um so beim Wettkampf Vorteile zu haben. Des Weiteren kann die wasserausscheidende Wirkung auch zur Ausscheidung anderer verbotener Substanzen aus dem Körper genutzt werden, man spricht in einem solchen Fall von Maskierungsmitteln. Allerdings bewirkt die erhöhte Wasserausscheidung in vielen Fällen ebenfalls eine erhöhte Mineralienausscheidung aus dem Körper, welche zu Nierenschäden führen kann. Ein Beispiel für ein besonders wirksames Diuretikum ist Furosemid, welches häufig in Form des Natriumsalzes eingesetzt wird. Weitere bekannte Vertreter dieser Wirkstoffklasse sind Bumetanid und Etacrynsäure. Viele Diuretika sind polare Substanzen. Als Alternative zu GC/MS-Verfahren werden daher zum Nachweis dieser Wirkstoffe auch häufig LC/MSVerfahren eingesetzt.
Im Wettkampf verbotene Substanzen
Stimulanzien
Als Stimulanzien bezeichnet man Substanzen, die eine Steigerung der motorischen Aktivität hervorrufen. Hierzu gehören z. B. Amphetamine, Adrenalin und Cocain, aber auch Ephedrin, welches in vielen Erkältungsmedikamenten enthalten ist. Als Nebenwirkungen treten u. a. Stress und Aggressivität auf. Zudem kann es bei hohen Dosierungen dazu kommen, dass das körpereigene Warnsystem nicht mehr reagiert, wenn der Sportler zu viele seiner Körperreserven aufbraucht, was Folgen von Erschöpfung bis hin zum Tod nach sich ziehen kann.
Narkotika
Narkotika werden aufgrund ihrer beruhigenden Wirkung zu Dopingzwecken missbraucht, z. B. bei Schießsportarten. Zu den bekanntesten Vertretern gehören das Morphin und seine Derivate (z. B. Heroin) sowie Methadon. Zu hohe Dosierungen können zu Bewusstseinseinschränkungen, Ohnmacht oder gar zum Tod führen.
Bei bestimmten Sportarten verbotene Substanzen
Neben den für alle Sportarten verbotenen Substanzen gibt es einige Stoffe, deren Einnahme nur bei bestimmten Sportarten bzw. in einigen Sportverbänden verboten ist. Hiervon betroffene Substanzen sind u.a. Alkohol (Ethanol) und Betablocker (wie beispielsweise Atenolol und Metoprolol), die z. B. bei verschiedenen Schieß- oder Motorsportwettbewerben nicht eingesetzt werden dürfen.
Aus Sicht des Sports wäre es wünschenswert, wenn die Zeit des Dopings vorüber wäre und Dopingvergehen der Vergangenheit angehören würden. Aus Sicht des Chemikers allerdings wäre das schade, ist doch das Wechselspiel aus immer neuen oder modifizierten Substanzen und Methoden auf der einen Seite und den immer besser werdenden analytischen Nachweisverfahren auf der anderen Seite spannend zu beobachten.
Kontakt:
Dr. Ulrich Rößler
FIZ Chemie Berlin
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Tel.: 030/399-77259