Vertikale Kreiselpumpe löste Sicherheitsproblem
09.10.2011 -
Vertikale Kreiselpumpe löste Sicherheitsproblem. Risikoanalyse nach Unfall führt zu neuer Bauweise der Schwefeltanks/Maßgeschneidertes Pumpsystem für Flüssigschwefel. Vor einigen Jahren ereignete sich ein Unfall bei der Kemira Kemi in Helsingborg, Schweden. Eine beschädigte Wasserversorgungsleitung verursachte eine starke Erdbodenerosion, die einen Schwefelsäuretank zusammenstürzen ließ. Dadurch wurde ein Teil der Anlage mit der Säure überflutet und ein Tankareal mit am Boden installierten Horizontalpumpen stark zerstört. Als Folge wurde eine Risikoanalyse erstellt und ein neues Sicherheitskonzept entwickelt.
Ein Bestandteil dieses Sicherheitskonzepts war die Entwicklung eines neuen Schwefel-Schmelztanks. Ein Hauptaspekt dieser Ausführung war, dass die einzusetzende Kreiselpumpe von oben in den hohen Tank hinein installiert werden sollte, um einen Anstich am Tankboden zu vermeiden. Diese Anforderung führte zu einer nach Kundenvorgabe maßgeschneiderten Vertikalpumpe mit hohem, interdisziplinärem technischen Sach- und Fachverstand durch die Friatec Division Rheinhütte Pumpen.
Spezielle Lösungen werden stetig weiterentwickelt um eine große Anzahl von verschiedenen Anwendungen zu bedienen. Für die Förderung von Flüssigschwefel aus im Erdreich installierten Schwefeltanks ist es üblich, beheizte vertikale Kreiselpumpen einzusetzen. Zahlreiche Konstruktionen und Ausführungen stehen hier grundsätzlich zur Verfügung. Aufgrund eines Unfalls kam im Juni 2005 die Forderung nach einer 17 m langen Vertikalpumpe für den neuen Schwefel-Schmelztank am Entladungsterminal bei der Kemira Kemi auf. Es gab bereits positive Erfahrungen mit einer 11 m langen Vertikalpumpe von Friatec Rheinhütte, die seit 1998 wartungsfrei läuft. Damit war der Grundstein für eine kundenspezifische Entwicklung gelegt.
Konstruktion der Pumpe
Aufgrund der physikalischen Eigenschaften von flüssigem Schwefel kann dieser nur in einem Temperaturbereich von ca. 135–155 °C mit Kreiselpumpen problemlos gefördert werden. Außerhalb dieses Bereichs lässt seine hohe Viskosität eine Förderung nach dem Zentrifugalprinzip nicht mehr zu. Bei der Konstruktion von Kreiselpumpen zur Schwefelförderung ist deshalb grundsätzlich auf eine ausreichende, gleichmäßige Beheizung zu achten.
Im Allgemeinen haben vertikale Schwefelpumpen daher einige besondere konstruktive Eigenschaften um einen störungsfreien und wartungsfreundlichen Betrieb sicherzustellen. Die Pumpen sind modular aufgebaut und bestehen hauptsächlich aus dem Antriebsstrang oberhalb des Förderbehälters (Aufsetzplatte, Lagerlaterne, Motorlaterne mit geflanschtem Antriebsmotor) und den sich im Tank befindenden Baugruppen Rohrtour (Druck- und Wellenführungsrohr mit Flanschen und Heizmantel), Zwischenlager (hydrodynamische Gleitlager mediumgeschmiert) und der Hydraulik (Spiralgehäuse und Laufrad), sowie den Wellen mit geeigneten Verbindungselementen.
Die gesamte Rohrtour wird also aus dampfbeheizten Einheiten gebaut, um einer optimalen Steifheit und gleichmäßiger Temperaturverteilung nachzukommen. Das Pumpengehäuse wird als sogenannte Doppelspirale ausgeführt, damit die Belastung der Gleitlager innerhalb der Pumpe auf ein Minimum reduziert werden kann.
Als Werkstoff werden je nach Anwendung üblicherweise Grau- oder Stahlguss, sowie Edelstahl eingesetzt. Bei Vertikalpumpen muss noch besonders auf die sogenannten kritischen Drehzahlen geachtet werden. Diese beschreiben die Eigenfrequenzen der gesamten Konstruktion und müssen unbedingt von der ausgelegten Drehzahl der Pumpe abweichen, um Resonanzen und damit erhöhte Schwingungen mit Folgeschäden ausschließen zu können. Dies wird heutzutage mittels FEM (Finite Elemente Analysis) ausgelegt und verifiziert.
Fertigung der Pumpe
Elf Rohrtoursektionen wurden für die Pumpe insgesamt angefertigt. Die Planparallelität der Rohrtour-Flansche ist ein unentbehrliches Kriterium zur Einhaltung der Konzentrizität der rotierenden Bauteile (sog. Läufer, bestehend aus Wellen mit Wellenhülsen, Passfedern und dem Laufrad) nach dem Zusammenbau. Die Wellen werden mit 0,02 mm Rundlauftoleranz gedreht und das Laufrad wird nach DIN ISO 1940 T1 G 6.3 gewuchtet. Nach der Fertigung aller Bauteile wurde die Pumpe komplett montiert um die Toleranzen und Passungen zu prüfen. Hierbei konnte der Läufer in horizontaler Montageposition von Hand gedreht werden.
Für den mechanischen und hydraulischen Probelauf am Werksprüfstand (6 m tiefes Wasserbecken) musste dann eine entsprechend gekürzte Version angefertigt, installiert und getestet werden. Nach dem erfolgreichen Prüflauf wurden alle Bauteile wieder demontiert, z. T. lackiert und für den Versand mit einer Konservierungsschicht versehen.
Zusammenbau und Installation in der Anlage
Die Pumpe wurde in Einzelteilen geliefert und in der Anlage erneut zusammengebaut (Abb. 1). Nach der Montage wurde die Pumpe mit Kanthölzern stabilisiert und mit einem Tieflader zum Tank transportiert. Zwei Kräne brachten die Pumpe dann von horizontaler in die vertikale Position. Nachdem die endgültige Vertikallage erreicht war, wurde nur noch ein Kran zur weiteren Installation eingesetzt (Abb. 2). Prinzipiell gibt es nun zwei Möglichkeiten des Herablassens der Pumpe in den Tank. Bei leerem Tank kann die Pumpe ohne spezielle Vorgehensweise eingelassen werden. Ist jedoch der Tank bereits mit Schwefel gefüllt, darf das Einlassen nicht schneller als 10 cm pro Minute betragen. Ansonsten besteht die Gefahr, dass aufgrund der unterschiedlich schnellen Wärmeausdehnung der Rohrtour gegenüber dem Läufer im Extremfall das Pumpenlaufrad von der Welle abgeschert wird. Für eine 17 m lange Maschine bedeutet dies daher fast 3 Stunden Absenkzeit!
In diesem Fall war der Tank leer und die Pumpe konnte mit entsprechend notwendiger Zeit, um die Kanthölzer zu entfernen, abgesenkt und in das Mannloch des neuen Tanks eingeführt werden. Bei der Installation der Aufsetzplatte am Mannloch des Tanks ist auf ausreichende Ebenheit zu achten. Nur dann kann die Flachdichtung zwischen der Aufsetzplatte der Pumpe und dem Tankflansch mit den Schrauben sauber angezogen und die Einheit abgedichtet werden. Zum Schluss folgt noch die Isolierung der Aufsetzplatte und die Montage der Dampfheizleitungen (Abb. 3). Danach wurde der Tank mit flüssigem Schwefel befüllt und die Pumpe musste vor dem ersten Einschalten aufgeheizt werden. Üblicherweise erreicht eine Standardmaschine mit bis zu 4 m Länge in ca. 15 Stunden eine gleichmäßige Temperatur von 150 °C.
Für Pumpen dieser Längen muss jedoch eine spezielle Aufheizprozedur befolgt werden. Die insgesamt drei konstruktiv vorgesehenen Heizkreisläufe müssen über drei Tage hinweg in einer definierten Reihenfolge zugeschaltet werden, bevor die Pumpe in Betrieb genommen werden darf. Vor dem Start muss noch der entkoppelte Motor auf Drehrichtung hin geprüft werden. Anschließend wird die Pumpe gegen ein geschlossenes Ventil in der Druck- bzw. Förderleitung angefahren, um Überlasten des Motors zu vermeiden. Danach kann über das Ventil der ausgelegte Betriebspunkt bzw. die vom Prozess benötigte Menge eingeregelt werden.
Die zusätzlich um die Pumpe herum angebrachten Heizspiralen innerhalb des Tanks zur Erwärmung des Schwefels müssen in ausreichendem Abstand positioniert sein, da diese während des Betriebs eine pendelähnliche Kreisbahn (sog. Orbit) beschreibt. Deshalb dürfen auch derartige Konstruktionen nicht mit dem Saugstutzen am Tankboden fälschlicherweise fixiert werden.
Zusammenfassung
Seit der Inbetriebnahme im Mai 2006 läuft die Pumpe mit Überwachung des Volumenstroms und der Wälzlagerschwingungen (sog. Condition Monitoring) einwandfrei. Die 17 m lange Vertikalpumpe fördert flüssigen Schwefel vom Schwefel-Schmelztank am Entladungsterminal zum Schwefel Verbrennungsofen für die Schwefelsäureherstellung. Das gesamte Konzept erwies sich als betriebssichere Lösung aufgrund der erhöhten Sicherheitsanforderungen in der Anlage.
Kontakt:
Dipl.-Ing. Stephan Näckel, Leiter Technik (E&K)
Friatec Aktiengesellschaft, Division Rheinhütte
Pumpen, Wiesbaden
Tel.: 0611/604-226
Fax: 0611/604-11226
stephan.naeckel@wi.friatec.de
www.rheinhuette.de