Interims Management
Manager auf Zeit überbrücken temporäre Engpässe im Projektmanagement
Sie sind innerhalb weniger Tage weltweit einsatzbereit und übernehmen operative Verantwortung. Als neutrale Experten überprüfen sie die Wirtschaftlichkeit und Machbarkeit von Projekten und Strategien und setzen diese restriktiv um - die Interim Manager. Dr. Andrea Gruß befragte Roger Meier, Mitglied der Geschäftsleitung bei Brainforce Deutschland, zum Thema Management auf Zeit.
CHEManager: Herr Meier, in welchen Situationen setzen Unternehmen auf ein Interim Management?
Roger Meier: Ich nenne Ihnen ein Beispiel: Wenn große Modulprogramme, z.B. von SAP, in allen Landesgesellschaften eines Konzerns eingeführt und Daten sowie Geschäftsprozesse international harmonisiert werden sollen, stellt dies selbst für einen internationalen Marktführer wie B. Braun Melsungen eine Herausforderung dar. Und wenn sich genau dann der zuständige IT-Projektleiter von der Firma verabschiedet, muss diese Position natürlich umgehend wieder besetzt werden - beispielsweise durch einen Interim Manager.
Erschwerend kam im Fall B. Braun hinzu, dass sich die Standorte in den USA und Asien zu jener Zeit in der Roll-out-Endphase befanden und dies Europa noch bevorstand. Andererseits war das Projekt damit zeitlich begrenzt, sodass sich das Unternehmen an einen Dienstleister im Bereich Interim Management wandte. Dieser sollte kurzfristig einen Manager auf Zeit finden: sofort verfügbar, in der SAP-Welt zu Hause, mit langjähriger Erfahrung als Projektleiter mit Verantwortung für weltweite Roll-outs in produzierenden Unternehmen, umsetzungsstark, belastbar und mit hoher sozialer Kompetenz. Weiterhin sollte er strukturiert und zielorientiert arbeiten, über Standfestigkeit und Führungsqualitäten verfügen und Auslandserfahrungen vorweisen können.
Das klingt nach eine großen Herausforderung. Wo suchen und wie finden Sie kurzfristig Manager-Persönlichkeiten für solch komplexe Aufgaben?
Roger Meier: Die Suche beginnt in unserem Human-Resources-Pool, der mit 3.500 Managern auf Zeit einiges zu bieten hat. Bevor ein Interim Manager dort aufgenommen wird, durchläuft er einen mehrstufigen Aufnahmeprozess, der all die Kriterien abfragt und erfasst, die für zukünftige Einsätze relevant sein könnten. Nur etwa 15 Prozent aller Bewerber schaffen es in unseren HR-Pool.
In der Tat erfordert die Auswahl hohe Konzentration. Denn wir suchen nicht nur einen Interim Manager, der die Anforderungen erfüllt, sondern er muss diese übertreffen. Nur die Überqualifizierung macht es möglich, dass er ohne längere Einarbeitungszeit direkt starten kann.
Die deutsche Industriekonjunktur befindet sich im Aufschwung. Wie schlägt sich das in Ihren Geschäften nieder?
Roger Meier: Man würde jetzt den Bau neuer Werke erwarten oder Werkserweiterungen. Erstaunlicherweise befinden sich aber die meisten Unternehmen, die mit uns Kontakt aufnehmen, im Turnaround. Nicht nur, weil wir sehr erfahrene Turnaround Manager vermitteln können, sondern vor allem, weil die Firmen in der strukturellen, internen Entwicklung noch hinterherhinken. Die Kasse klingelt, es wird schon wieder ordentlich verkauft, aber der Keller muss noch aufgeräumt werden, damit die Geschäfte auch längerfristig gut laufen können und die Auslandsexpansionen wieder an Fokus gewinnen.
Was meinen Sie, warum diese dringlichen Entwicklungen in Deutschland aufgeschoben wurden?
Roger Meier: Ich vermute, dass viele Unternehmen während der vergangenen kritischen Wirtschaftslagen zusätzliche Unruhe durch Umstrukturierungen vermeiden wollten und zu lange warteten mit unpopulären Maßnahmen. Diese Zurückhaltung ist nun nicht mehr notwendig, denn mit dem Aufschwung können natürlich Veränderungsprozesse viel positiver formuliert werden. Veränderungen sind nun nicht mehr zwingend mit einem größeren Personalabbau verbunden, sondern eher mit innerbetrieblichen kulturellen Themen.
Schnelle Einsätze im Notfall oder durchdachte strategische Entscheidungen - wer vergibt welche Aufträge an einen Interim Management Provider?
Roger Meier: Jedes Mandat, das wir übernehmen, ist grundsätzlich dringend. Selbst durchdachte strategische Entscheidungen werden häufig erst dann zum Projekt für einen Interim Manager, wenn feststeht, dass innerhalb des Konzerns wirklich keine passende Führungskraft dafür geeignet und abkömmlich ist.
Viele Unternehmen setzen gerade bei der Expansion ins Ausland Interim Manager ein. Warum vertrauen sie diese Herausforderung nicht einer eigenen Führungskraft an?
Roger Meier: Für ein Unternehmen, das im Ausland expandiert, lohnt es sich nur, eigene Mitarbeiter dorthin zu entsenden, wenn der Mitarbeiter neben dem Fachwissen auch die nötige Erfahrung im jeweiligen Land mitbringt und je nach Position auch möglichst noch die Landessprache beherrscht. Diesen Kandidaten muss man aber intern erst mal haben, und der muss dann auch gerade dazu bereit sein umzuziehen. Zudem neue Werke nun mal nicht mitten in Moskau oder Shanghai entstehen, sondern oft eher im noch weniger entwickelten Umland. Das überlegen sich nicht nur Familienväter zweimal. Selbst unabhängige, welterfahrene Profis können im weitläufigen Osten an die Grenzen ihrer sozialen Energie stoßen.
Ist für Sie der Auftrag nach der Vermittlung des Managers abgeschlossen?
Roger Meier: Wir erleben häufig, dass noch während des Einsatzes des ersten Interim Managers ein weiterer angefordert wird. Wie gerade bei einem Pharmaunternehmen, das für einen Fabrikneubau in Deutschland einen Projektingenieur suchte und bald darauf einen adäquaten Medical Director. Darüber hinaus führt erst die persönliche Betreuung des Unternehmens und des eingesetzten Interim Managers während und nach der Mandatslaufzeit neben einem permanenten Abgleich der Prioritäten, Ziele und Erwartungen zum Erfolg und damit zum Abschluss des Mandats.