Christ-Gruppe: Wasseraufbereitung als Unternehmenselexier
23.04.2011 -
Christ-Gruppe: Wasseraufbereitung als UnternehmenselexierAls Systemanbieter im Bereich Wasseraufbereitung agiert die Christ-Gruppe seit rund anderthalb Jahren unabhängig vom ehemaligen Mutterkonzern BWT am Markt und an der Börse. Dabei stehen in Zeiten zunehmend internationalisierter Märkte, in denen Produkte immer vergleichbarer werden, zwangsläufig neue Konzepte im Fokus. Welche Faktoren bestimmen die erfolgreiche Neuausrichtung? Was bedeutet sie für die Kunden? Wo liegen mittelfristig Schwerpunkte der Unternehmensstrategie? Über Produktinnovationen, neue Technologien und Marktperspektiven sprach CHEManager mit Dr. Dr. Karl Michael Millauer, CEO der Christ Water Technology Group. Die Fragen stellte Dr. Dieter Wirth.
CHEManager: Christ agiert seit rund anderthalb Jahren unabhängig vom ehemaligen Mutterkonzern BWT am Markt und an der Börse – was hat sich seitdem getan?
Dr. Dr. Karl Michael Millauer: Die Christ- Gruppe hat sich in diesem Zeitraum sehr positiv entwickelt; der Umsatz stieg 2006 um fast 15 % im Vergleich zum Vorjahr, der Auftragsstand wies ein Plus von 25 % aus. Die Gründe liegen nicht nur im allgemein besseren Wirtschaftsklima, sondern vor allem in der Entwicklung neuer Wasseraufbereitungs- Technologien, mit denen Christ die Bedürfnisse des Marktes umsetzen konnte. Darüber hinaus wachsen wir weltweit und nutzen verstärkt Synergien zwischen den einzelnen Geschäftsbereichen. Das bedeutet für unsere Kunden überall auf der Welt einen schnelleren und besseren Service. Überhaupt: Die Dienstleistung am Kunden nimmt einen immer wichtigeren Stellenwert ein; dem trägt Christ mit seinem Turnkey-Konzept Rechnung, dass wir insbesondere in den letzten zwei Jahren noch deutlich ausgebaut haben. Mit dieser Strategie sind wir heute die Nummer 1 auf dem europäischen Pharma & Life Science-Markt. Ziel ist es, mittelfristig diese Position auch im globalen Wettbewerb zu übernehmen.
CHEManager: Welche Strategie verfolgt Christ zukünftig im Wasseraufbereitungs- Markt?
Dr. Dr. Karl Michael Millauer: Den Turnkey- Gedanken werden wir konsequent weiter entwickeln. Auch die Kundenbetreuung wird laufend ausgebaut. Denn Service ist der Schlüssel zum Erfolg im Markt der Wasseraufbereitung. Produkte werden insgesamt immer vergleichbarer; der Service ist das, was dem Kunden heute einen Mehrwert bringt. Im Bereich Technik werden wir die Entwicklung ebenfalls vorantreiben. Das Konzept „Vom Roh- zum Reinwasser“ mit Schwerpunkt auf „Reclaim & Reuse“ wird dabei weiterhin im Fokus stehen. Hier haben wir bereits 2006 neue Systeme eingeführt, die im Markt auf große Resonanz stießen. Diesen Trend werden wir mit neuen Anlagen und Produkten weiter verfolgen und mitgestalten. Und nicht zuletzt wollen wir das internationale Geschäft forcieren: Schon heute haben wir 1.032 Mitarbeiter an 30 Standorten weltweit. Alleine in den letzten Monaten haben wir insgesamt vier neue Christ-Niederlassungen in Tunesien, Italien, Korea und China eröffnet und damit unsere Kundennähe gestärkt.
CHEManager: Christ hat gerade die UT&S Umwelt- Technik & Service GmbH, Pforzheim, gekauft. Was heißt das für die Unternehmensausrichtung? Gewinnt das Thema Abwasser größere Relevanz?
Dr. Dr. Karl Michael Millauer: Mit UT&S vertiefen wir unsere Kompetenzen beim Abwasser. Dieser Bereich wird in der Tat immer wichtiger, nicht zuletzt durch immer strengere Vorgaben hinsichtlich des Umweltschutzes. Wir wollen Komplettlösungen anbieten und da ergänzen die Produkte von UT&S das Christ- Produktportfolio ideal. Das gilt beispielsweise für die Entfernung von Schwermetallen aus Abwasser mit Hilfe einer speziellen Harzregeneration oder für das Recycling von Wertstoffen bei der Solarzellenproduktion. Für die Pharma-Industrie bietet UT&S beispielsweise Verfahren zur Wiederverwertung von Zink-Rückständen aus der Insulinproduktion an.
CHEManager: In den letzten Jahren wurden einige neue Produkte eingeführt – Liproline und Septron Bio-Safe sind nur zwei davon. Wie sind diese vom Markt angenommen worden?
Dr. Dr. Karl Michael Millauer,: Sehr gut. Der Septron Bio-Safe beispielsweise, der unsere bewährte und gut eingeführte EDI- Modulreihe um ein Produkt mit integrierter Membranstufe erweitert, bietet den Kunden eine bessere Wasserqualität zu einem günstigen Preis und das kommt natürlich gut an. Wir beobachten generell seit einiger Zeit in der Industrie einen Trend hin zu mehr Sicherheits-, mehr Qualitätsbewusstsein. Das bedeutet, dass selbst Unternehmen, die nicht an die strengen Vorgaben der Pharma-Kopöen gebunden sind, diese einzuhalten versuchen. So produzieren etwa Kosmetik-Unternehmen nach Pharma-Regularien und verbessern so ihre internationale Wettbewerbsfähigkeit. Das bedeutet aber gleichzeitig, dass sich die Anforderungen an die Anlagen-Technik erhöhen. Wir wollen diesen eigentlich immer einen Schritt voraus sein – das ist uns bereits mit dem Septron Bio-Safe gelungen. Was Liproline betrifft, profitieren wir hier von dem bereits erwähnten Trend zu mehr Umweltschutz beim Abwasser und zum Wunsch nach Komplettlösungen. Das zeigte sich z. B. gerade wieder bei einem der weltweit größten Hersteller von Impfstoffen. Dieser beauftragte Christ mit der Errichtung der Prozessanlagen für ein neues Werk in Singapur. Das Projekt umfasst mehrere Liproline-Dekontaminationsanlagen für das Abwasser aus der biotechnologischen Impfstoffherstellung.
CHEManager: Wo werden die Schwerpunkte der Produktentwicklung für den Pharma- und Life Science- Bereich bei Christ in der näheren Zukunft liegen?
Dr. Dr. Karl Michael Millauer: Wir haben unsere Abteilung Forschung & Entwicklung 2007 verstärkt, um die Bedürfnisse des Marktes nach neuen, innovativen Produkten noch schneller und umfassender befriedigen zu können. Der Schwerpunkt wird mit Sicherheit auf der Weiterentwicklung unserer Turnkey-Produktpalette und des Septron-EDI-Moduls liegen.
CHEManager: Welche Trends macht Christ darüber hinaus in der Branche aus und wie reagiert das Unternehmen darauf?
Dr. Dr. Karl Michael Millauer: Das sind im Wesentlichen die bereits genannten Trends: der Wunsch nach Komplettlösungen und mehr Service sowie ein höheres Sicherheits- und Qualitätsbewusstsein. Sind weitere Märkte für Christ interessant? K.M. Millauer: Wir decken über den Pharma & Life Science- Bereich hinaus mit unseren Divisionen Ultrapure Water, Food & Beverage sowie Municipal Water Treatment bereits den Bereich Halbleiter, Kraftwerke, Lebensmittel und Getränke sowie kommunale Anwendungen ab. Gerade der letztgenannte Bereich ist besonders interessant: Vom Gesamtmarktvolumen für Wasseraufbereitungsanlagen, das wir 2007 bei rund 220 Mrd. € weltweit sehen, entfallen alleine 190 Mrd. € auf den kommunalen Sektor; die industrielle Wasseraufbereitung liegt bei etwa 12 Mrd. €. Alleine diese Bereiche werden unseren Berechnungen nach durch demografische Faktoren und verstärkte gesetzliche Anforderungen um 5 bis 10 % pro Jahr wachsen. An dieser Entwicklung möchten wir natürlich teilhaben. Darüber hinaus wächst seit einiger Zeit der Bedarf an intelligenter Verfahrenstechnik zur Wasserbehandlung beispielsweise in der Öl- und Gasindustrie. Wir haben darauf bereits mit der Gründung einer Tochtergesellschaft, der H2Oil & Gas mit Sitz in Glasgow, reagiert. Wir besitzen mit der Technologie zur Sulfatentfernung aus Meerwasser die richtigen Lösungen für die hier gestellten Anforderungen. Dadurch lässt sich eine höhere Ausbeute bei der Ölförderung realisieren.
CHEManager: Was ist derzeit die häufigste Kundenanforderung über die Technik hinaus, die an Sie herangetragen wird?
Dr. Dr. Karl Michael Millauer: Was unsere Kunden derzeit neben der Technik am meisten interessiert, ist der Service. Sie erwarten, dass wir nicht nur die Anlage zur Herstellung von Reinwasser liefern, sondern auch das, was davor und danach kommt: Vorbehandlung, Filtration beziehungsweise Ultrafiltration, Entgasung, Desinfektion sowie Destillation und Prozesswasseraufbereitung. Mit einem Wort: Komplettlösungen sind gefragt. Darüber hinaus wünscht sich der Kunde, dass wir die Planung, Installation und Inbetriebnahme der Anlagen übernehmen und dafür sorgen, dass er keine Probleme bei Qualifizierung und Validierung bekommt. Last but not least erwarten einige Kunden, dass wir als Dienstleister den laufenden Betrieb und die Wartung der Anlagen sicherstellen. Christ übernimmt auf Wunsch all diese Aufgaben und bietet eine Wasseraufbereitungsanlage auf dem aktuellen Stand der Technik, die problemlos abgenommen wird und bei Bedarf rund um die Uhr zuverlässig Reinwasser liefert, 365 Tage im Jahr. Unser Turnkey-Konzept findet zunehmend mehr Anhänger und das Interesse spornt uns an, unseren Service weiter auszubauen.
CHEManager: Welche neuen, interessanten Projekte konnte Christ in der letzten Zeit akquirieren?
Dr. Dr. Karl Michael Millauer: Das vorher bereits erwähnte Projekt in Singapur umfasst neben zahlreichen Liproline-Systemen auch die Lieferung mehrerer Osmotron- Reinwassersysteme, Multitron- Destillationsanlagen sowie Vapotron- Reinstdampferzeuger und ist somit ein großes und interessantes Turnkey-Projekt. Seit der schrittweisen Einführung der Multitron-, Vapotron- und Liproline-Produkte konnten wir immer wieder solche Projekte gewinnen, was beweist, dass wir mit unserer Turnkey-Strategie richtig liegen. Welche Exportmärkte sind für Christ derzeit interessant? In welchen Märkten sind Expansionen geplant? K.M. Millauer: Indien ist im Bereich Pharma & Life Science derzeit ein spannender Markt. Wir haben darauf mit der Aufstockung unseres Anteils von 10 auf 50 % am Joint Venture Christ-Nishotech in Bombay reagiert. Asien ist grundsätzlich sehr interessant: Nach Europa machen wir hier die besten Geschäfte, rund 34 % des Gruppenumsatzes wurden 2006 in Asien erwirtschaftet.