Immer einen Schritt voraus
Performance Materials-Sparte von Air Products antizipiert Kundenwünsche
Auch Air Products musste im Zuge der weltweiten Rezession Umsatzrückgänge hinnehmen. Das Geschäftsjahr 2009, das im Oktober 2008 begann, schloss der US-Chemie- und Gasekonzern mit 8,25 Mrd. US-$ rund 20% unter dem Umsatz des Vorjahres ab. In den ersten drei Quartalen des laufenden Geschäftsjahres wuchs der Umsatz bisher um knapp 10%. Die Krise nutzte Air Products zur Optimierung der Kostenstruktur, auch in seiner Sparte Performance Materials. Das Segment bietet Produkte für eine Vielzahl von Bereichen wie Körperpflege, Bauwesen, Elektronik sowie Farben und Lacke an. Brandi Schuster sprach mit Maurizio Garlaschelli, dem Geschäftsführer für Europa, den Nahen Osten und Afrika, über das neue Bewusstsein in seinem Bereich, wie man dem Wettbewerb immer einen Schritt voraus sein kann und warum das Wort "Nachhaltigkeit" bei Air Products kein neuer Trend ist.
CHEManager: Herr Garlaschelli, wie ist Air Products durch die zurückliegende Krise gekommen?
M. Garlaschelli: Wir haben die Rezession dazu genutzt, ein effizienteres Unternehmen zu werden. Zudem haben wir unsere Anstrengungen in den Bereichen Abfallreduzierung, Effizienzsteigerung etc. vorangetrieben. Wie viele andere Unternehmen konnten wir unsere Kostenstrukturen während dieser Zeit verbessern. Ganz wichtig war für uns, dass wir die Bedürfnisse unserer Kunden noch besser verstehen lernen. Wir haben uns dabei auf die Entwicklung neuer Produkte konzentriert. Auch hier standen für uns Effizienz und eine optimierte Kostenstruktur im Mittelpunkt.
Zudem haben wir Produkte für ganz spezifische Anforderungen entwickelt. Wir haben verstärkt in Forschung und Entwicklung und in den Ausbau unserer Marktkenntnisse investiert. So waren wir in der Lage, neue Produkte zu entwickeln, mit denen wir den Rückgang im Absatzvolumen während der Krise ausgleichen konnten. Während traditionelle Produkte schwächelten, verzeichneten unsere neuen Produkte ein erfreuliches Wachstum. Und dank unserer F&E-Investitionen können wir unseren Kunden jetzt Lösungen anbieten, ohne dass die Kunden ihren Bedarf zuvor äußern müssen.
Zum Beispiel?
M. Garlaschelli: Wir haben im Bereich Epoxidadditive neue wasserbasierte Härter sowie neue Produkte auf der Grundlage eigener Amine für den Einsatz im Bausektor entwickelt. Das ermöglicht unseren Kunden, kostengünstigere Produkte zusammenstellen. Außerdem haben wir neue Additive für Farben entwickelt, mit denen unsere Kunden effizientere Beschichtungen produzieren können.
Basieren diese Entwicklungen auf dem Verständnis der Bedürfnisse Ihrer Kunden?
M. Garlaschelli: Ja! Wir sind ein sehr stabiles Unternehmen mit vielen Mitarbeitern, die schon seit Jahren bei uns sind und über entsprechende Erfahrungen und Kenntnisse verfügen. Mit solchen Mitarbeitern ist man in der Lage, die Bedürfnisse des Marktes zu verstehen, ohne dass einem die Kunden direkt sagen müssen, was sie benötigen. Man weiß, was die Kunden brauchen und kann seine Produkte dementsprechend positionieren.
Auf der anderen Seite gibt es die Wünsche der Kunden. Es ist wichtig, dass diese Faktoren bei der Entwicklung neuer Produkte zusammenspielen. Und die Fähigkeit, das umzusetzen, trägt dazu bei, dass wir unseren Vorsprung vor dem Wettbewerb behaupten können.
Was erwarten Ihre Kunden von Ihnen?
M. Garlaschelli: Hohe Performance zu günstigen Kosten ist eine zentrale Anforderung. Die Kunden erwarten Produkte, die kosteneffizienter als bisher und dennoch äußerst leistungsfähig sind. "Grüne", umweltfreundliche Produkte sind eine weitere wichtige Anforderung. So entwickeln wir z.B. neue wasserbasierte Produkte für verschiedene Anwendungen.
"Green Chemistry" ist ein Schlagwort, das in der Chemieindustrie heute nahezu allgegenwärtig ist. Lassen Sie uns über Nachhaltigkeit sprechen.
M. Garlaschelli: Viele unserer Produkte spielen bei der Förderung von Nachhaltigkeit eine Rolle. Unsere wasserbasierten Epoxidhärter kommen in Verbundwerkstoffen zum Einsatz, die bei möglichst geringem Gewicht ein Höchstmaß an Stabilität aufweisen sollen. Dadurch wird z.B. das Gewicht von Transportfahrzeugen oder Windrädern reduziert. Unsere Katalysatoren und Tenside werden bei der Herstellung von PU-Schäumen für die Gebäudeisolierung eingesetzt.
Wir sind außerdem ein weltweit führender Wasserstoffproduzent und Anbieter von Wasserstoff-Infrastruktur - insbesondere im Bereich der Brennstofftechnologie. Unser keineswegs unrealistisches Ziel ist es, neben Brennstoffzellenfahrzeugen eine Wasserstoff-Infrastruktur einzuführen, die in allen Verarbeitungsschritten praktisch komplett emissionsfrei ist und so eine grünere Wasserstoff-Welt ermöglicht.
Was unternimmt Air Products auf Konzernebene in Sachen Nachhaltigkeit?
M. Garlaschelli: Schon seit es das Unternehmen gibt, arbeitet Air Products an der Erzeugung nachhaltiger Lösungen. Unsere Strategie in diesem Bereich ist ganz einfach: Wir finden heraus, wo wir mit unseren Kerntechnologien und -produkten kosteneffiziente Lösungen auf wichtigen Märkten anbieten können. Gleichzeitig verringern wir durch anhaltende technische Innovationen, effiziente Nutzung von Energie und durch einen breiten Mix an Energiequellen die Umweltauswirkungen unserer Tätigkeit im Hinblick auf den CO2-Ausstoß. Lassen Sie mich das an einem Beispiel erläutern:
Zurzeit bauen wir an unserem Stammsitz in Allentown im US-Bundesstaat Pennsylvania einen fast 5 ha großen Solarpark, der ab Frühjahr nächsten Jahres 1,5 GW Strom erzeugen soll. Mit dem Solarpark reduzieren wir zudem unseren CO2-Ausstoß um mehr als 1.000 t jährlich.
Würden Sie sagen, dass Air Products die Wirtschaftskrise besser als andere überstanden hat?
M. Garlaschelli: Das Jahr 2009 war für die gesamte Branche sehr problematisch. Da unser Geschäftsjahr 2009 im Oktober 2008 begann, hatten wir ein schwieriges erstes Halbjahr. In der zweiten Hälfte des Geschäftsjahres konnten wir jedoch vom Aufschwung profitieren und so das schwache erste Halbjahr etwas ausgleichen. Obwohl das Gesamtergebnis für 2009 deutlich unter dem des Vorjahres lag, gingen wir daher mit viel Zuversicht in das Jahr 2010.
Hat die breite Produktpalette des Bereichs Performance Materials geholfen, die im Krisenverlauf unterschiedlich stark ausgeprägten Nachfragerückgänge verschiedener Abnehmerbranchen besser zu verteilen?
M. Garlaschelli: Ja. Da Epoxidhärter erst in der letzten Phase von Bauprojekten zum Einsatz kommen, haben wir in diesem Bereich die ersten Auswirkungen der Rezession nicht gespürt. Dadurch konnten wir den nachfragebedingten Rückgang bei Additiven und Spezialadditiven teilweise ausgleichen.
2010 wendete sich das Blatt, nachdem die Baubranche sich wieder erholte. Die Nachfrage nach unseren Epoxidhärtern ging dann natürlich zurück, weil 2008 und 2009 weniger Bauprojekte in die Wege geleitet wurden. Zu diesem Zeitpunkt hat dagegen unser Additivgeschäft wieder angezogen. Dieses Ungleichgewicht konnten wir zudem durch den Verkauf neuer Produkte teilweise abmildern. Innerhalb von drei bis vier Monaten haben wir zahlreiche neue Produkte entwickelt, die der Nachfrage unserer Kunden nach kostengünstigen Hochleistungsprodukten gerecht wurden.
Im März 2009, also mitten in der Rezession, hat Air Products die Firma S.I.Q., einen deutschen Hersteller von Epoxidadditiven, übernommen. Ein mutiger Schritt?
M. Garlaschelli: Schon 2005 haben wir eine neue Strategie entwickelt, die den Kauf eines deutschen oder osteuropäischen Herstellers von Epoxidhärtern vorsah. Das ist eine der Stärken der Sparte Performance Materials: Wir entwickeln nicht nur neue Strategien, sondern setzen sie auch wirklich um. S.I.Q. erfüllt hinsichtlich Größe, Positionierung und Produkten optimal unsere Anforderungen. Das Unternehmen wurde also gekauft, weil es perfekt zu Air Products passt.
Wo sieht Air Products für sich außerdem noch Wachstumschancen?
M. Garlaschelli: Wir sind nach Art und Umfang unseres Geschäfts ein globales Unternehmen. Wir sind in Europa, in den USA und in Asien präsent und engagieren uns verstärkt in den aufstrebenden Märkten. Das größte Wachstumspotenzial sehen wir in Russland, im Nahen Osten und in Indien.
Welche Strategie verfolgen Sie bei der Erschließung dieser aufstrebenden Märkte?
M. Garlaschelli: Unsere Strategie ruht auf verschiedenen Säulen. Zum einen bauen wir neue Werke in geschäftlich interessanten Regionen. So haben wir letztes Jahr ein Werk für Spezialamine im chinesischen Nanjing eröffnet, um unsere Kunden in China im wachsenden Markt für Polyurenthanadditive und Epoxid zu unterstützen und diese Produkte auch nach Europa zu exportieren. Auch Übernahmen wie die der ehemaligen Linde-Tochter BOC Polen im Jahr 2007 nutzen wir, um eine führende Marktstellung in der Region zu erreichen.
Ein wichtiges Anliegen westlicher Unternehmen, die sich in asiatischen Märkten engagieren, ist der Schutz des geistigen Eigentums. Welchen Ansatz verfolgt Air Products hier?
M. Garlaschelli: Für uns ist es sehr wichtig, dass wir Mitarbeiter aus dem jeweiligen Land einstellen, die die Sprache des Landes sprechen und seine Kultur verstehen. Unsere Mitarbeiter unterzeichnen einen internen Verhaltenskodex. Natürlich kann es immer wieder vorkommen, dass geistiges Eigentum gestohlen wird, aber wir sind überzeugt, dass bei uns die richtigen Leute arbeiten - und diesen Mitarbeitern müssen wir vertrauen. Und Vertrauen beruht natürlich auf Gegenseitigkeit.
Kontakt
Air Products & Chem. Inc.
7201 Hamilton Blvd.
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