Brücke zwischen NRW und China
Chempark bereitet sich auf Investoren aus Fernost vor
Im November 2009 hatten der Chempark mit seinen Standorten Leverkusen, Dormagen und Krefeld-Uerdingen und der chinesische Nanjing Chemical Industry Park (NCIP) eine Partnerschaft geschlossen. Die Vereinbarung sieht vor, dass beide Parteien regelmäßig Erfahrungen und Informationen austauschen. Dr. Ernst Grigat, Leiter des Geschäftsfeldes Chempark Management bei Currenta sowie Leiter des Chempark Leverkusen, betonte: "Wir wollen damit das Interesse Chinas auf uns lenken. Es ist unser Ziel, im Fokus von Interessenten zu stehen, wenn aus China oder anderen Ländern Investitionsentscheidungen auf unserem Kontinent anstehen." Dr. Michael Reubold befragte ihn zu diesem und den anderen Zielen, die der Chempark mit der Vereinbarung verfolgt.
CHEManager: Herr Dr. Grigat, die kürzlich geschlossene Partnerschaft mit dem Nanjing Chemical Industry Park (NCIP) ist die weltweit erste zwischen Chemieparks. Sie bezeichneten sie als einen wichtigen Baustein auf dem Weg in die Zukunft. Welche Absichten verfolgen Sie mit der Vereinbarung?
Dr. E. Grigat: Unser Ziel ist es, Europas attraktivster Chemiepark zu werden und die Marke Chempark international bekannt zu machen. Die Anziehungskraft des Chempark ist durch ein einzigartiges Leistungsangebot und -spektrum gekennzeichnet. Um diese Produktionsbedingungen potenziellen Investoren bekannt und zugängig zu machen, ist in der heutigen vernetzten Welt ein globales Handeln notwendig. Die geschlossene Partnerschaft ist ein Beispiel dafür. Dabei spielen für uns Wachstumsregionen natürlich eine entscheidende Rolle. China mit seinem dynamischen Wirtschaftswachstum nimmt für uns einen besonderen Stellenwert ein. Heute schon sind zahlreiche chinesische Firmen in Deutschland ansässig. Wir erwarten, dass chinesische Investoren in der Zukunft auch Produktionskapazitäten in Europa errichten möchten. Dann wollen wir den Blick auf uns gerichtet haben - wir wollen ein Ansprechpartner sein, mit dem auf jeden Fall bei solch einem Vorhaben gesprochen wird.
Mit der Vereinbarung geben Sie also sozusagen Ihre Visitenkarte ab?
Dr. E. Grigat: Ja! Durch die vereinbarte Kooperation mit dem Nanjing Chemical Industry Park schaffen wir zunächst eine vertrauensvolle Basis zur Zusammenarbeit. Sie erstreckt sich nicht nur auf rein wirtschaftliche Aspekte, sondern ermöglicht auch, sich gegenseitig persönlich besser kennen zulernen. Das hilft, Mentalitäten zu verstehen und über den direkten Dialog ein Miteinander für den gemeinsamen Erfolg zu entwickeln. Wir sehen diese Partnerschaft wie eine Brücke. Sie eröffnet uns Kontakte zu chinesischen Produktionsfirmen, die in Europa Geschäft machen möchten. Zudem tauschen wir uns zu Sachfragen aus und unterstützen einander bei Marketingaktivitäten. Das Ziel ist auf beiden Seiten, den Markt und die Mentalität des Gegenübers noch besser kennenzulernen.
Welche Signalwirkung erhoffen Sie sich davon?
Dr. E. Grigat: Wir zeigen, dass wir nach vorne denken und unsere Stärken mit zukunftsfähigen Konzepten und Partnerschaften stärken und ausbauen wollen. Die internationale Vernetzung ist dabei ein wesentlicher Aspekt. Sie eröffnet uns vielversprechende Möglichkeiten, weitere Kontakte zu anderen chinesischen und ausländischen Produktionsgesellschaften herzustellen.
Chemie- und Industrieparks gewinnen auch in China an Bedeutung. Soll Currenta, die Betreibergesellschaft des Chempark, mit der Vereinbarung auf ein Engagement als Parkbetreiber im Ausland vorbereitet werden?
Dr. E. Grigat: Es geht nicht darum, einen Chemiepark im Ausland zu betreiben. Vielmehr wollen wir in dem zunehmend internationalen Geschäft von den Erfahrungen, dem technischem Know-how und den Entwicklungspotenzialen profitieren. Dies beruht auf Gegenseitigkeit und stärkt die Entwicklung beider Regionen. Wir versprechen uns davon, die Kompetenz unserer Beschäftigten sowie die Attraktivität des Chempark nachhaltig zu steigern und unser Geschäft in der Zukunft auszubauen.
Wie schätzen Sie das Interesse chinesischer Investoren an Deutschland als Chemiestandort ein?
Dr. E. Grigat: Grundsätzlich ist Deutschland mit seiner Wirtschaftskraft und seiner Lage im Zentrum von Europa für chinesische Firmen ein interessanter Markt. Die Chemieregion NRW ist mit ihrer Infrastruktur und gepaart mit den Möglichkeiten des Chempark für Firmen im Chemiesektor von großem Interesse. Vieles deutet darauf hin, dass chinesische Unternehmen zukünftig in Deutschland und Europa ihr Engagement ausbauen wollen. Dabei kann der Chempark als wichtige Drehscheibe dienen, um Rohstoffe bereitzustellen, logistische Prozesse zu unterstützen oder hier zu produzieren und von hier aus die Kunden zu bedienen.
Das Modell des Chemieparks gilt allgemein als ein wesentliches Alleinstellungsmerkmal der deutschen Chemie. Sehen Sie darin ein zukunftsfähiges Erfolgsmodell, mit dem deutsche Standorte für ausländische Investoren attraktiver werden?
Dr. E. Grigat: Auf jeden Fall. Chemieunternehmen wollen Produkte herstellen. Ihre spezifischen Produktionsfertigkeiten bringen sie zumeist mit. Chemieparks wie der Chempark bieten als Kernkompetenz das Management der Rahmenbedingungen, so dass sich die Unternehmen voll und ganz auf ihr eigentliches Geschäft konzentrieren können.
An unseren Standorten sind bereits Unternehmen aus vielen Ländern tätig. Wir besitzen die Erfahrung, auf deren Bedürfnisse, Denkweisen und strategischen Vorstellungen kompetent eingehen zu können. Ausländische Investoren können sich mit Hilfe von Chemieparks wie zu Hause fühlen.
Und welche Nachteile hat Deutschland bei standortrelevanten Kriterien? Immerhin stehen Sie im direkten Wettbewerb mit anderen Standorten im benachbarten Ausland.
Dr. E. Grigat: Eine auf dem `Branchentag Chemie´ des NRW-Wirtschaftsministeriums vorgestellte Studie von Booz & Company hat die Stärken und Schwächen von NRW und Deutschland im internationalen Vergleich aktuell dargelegt. Als Stärken werden unserer Region etwa die gut ausgebildeten Fachkräfte, die Infrastruktur sowie die Forschung und Entwicklung zugesprochen. Schwächen haben wir in Konkurrenz zum europäischen Ausland bei den Energiekosten, bei steuerlichen Anreizen und Subventionen sowie leider auch bei der Akzeptanz von Großprojekten in der Bevölkerung.
Rechnen Sie bei der Beseitigung dieser Nachteile mit einer konkreten Unterstützung seitens der Politik? Wie arbeiten Sie auf Landes- oder Bundesebene mit den politischen Gremien oder Wirtschaftsverbänden zusammen?
Dr. E. Grigat: Wir stehen selbstverständlich in engem Dialog sowohl mit der Politik als auch mit den Nachbarn unserer Standorte. Dies ist ein kontinuierlicher Prozess. Denn wir agieren ja nicht auf einer losgelösten Insel, sondern sind Teil des gesamten gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und sozialen Miteinanders. Austausch und Diskussion ist im Sinne konstruktiver Lösungen unabdingbar. Im Bereich der `Innovativen Werkstoffe´ z.B. streben wir ein Netzwerk mit Unternehmen, Verbänden und Hochschulen an, mit denen bereits Gespräche geführt werden. Das langfristige Ziel besteht darin, Partner aus Politik, Industrie, Wissenschaft, Forschung und Verbänden zusammenzubringen, um die Attraktivität der Region zu steigern, ihr Profil national und international zu stärken und so eine Sogwirkung auf Investoren auszuüben. Für all unsere Aktivitäten gilt: Investoren sollen sich bei uns wie zu Hause fühlen.