Zwischen Notwendigkeit und Nachhaltigkeit
Reinraumtechnik in Zeiten von Energiekrise und Klimawandel
Doch auch hier zeigt sich der Einfluss von Energiekrise und Klimawandel, weshalb steigende Energiepreise und der wachsende Bedarf an energieintensiver Reinraumtechnik in den letzten Jahren Diskussionen ausgelöst haben.
Die Schweizerische Gesellschaft für Reinraumtechnik SwissCCS (Swiss Contamination Control Society) hat es sich zum Ziel gesetzt, die Diskussion über Energie und Nachhaltigkeit voranzutreiben und Lösungen für die damit verbundenen Herausforderungen zu finden. Daher wurde für die diesjährige Fachtagung das Thema „Energie und Nachhaltigkeit“ gewählt. Experten und Fachleute aus der Branche wurden eingeladen, um über aktuelle Themen und Trends zu sprechen, welche die Branche bezüglich Energie- und Nachhaltigkeit bewegen. Die Teilnehmer der Fachtagung erhielten wertvolle Einblicke in Themen wie erneuerbare Energien, Energieeffizienz, Klimawandel, Kreislaufwirtschaft und vieles mehr. In den Diskussionen konnten sie ihre eigenen Erfahrungen und Perspektiven einbringen und von der Best Practice anderer Branchenexperten lernen.
Die Fachtagung war somit eine wichtige Plattform für den Austausch von Ideen und auch für die Förderung von Innovationen, die dazu beitragen können, die Nachhaltigkeitsziele der Branche zu erreichen. Die SwissCCS wird sich auch weiterhin für die Förderung der Diskussion und die Zusammenarbeit in der Branche einsetzen, um gemeinsam eine nachhaltigere Zukunft zu gestalten.
Die neue Identität der SwissCCS
Vor der Fachtagung fand die Generalversammlung der SwissCCS statt, bei der das neue Logo der Fachvereinigung präsentiert wurde. Das Logo wurde im Sinne des Fortschritts und der Veränderungen entwickelt und soll ab Mitte des Jahres offiziell eingeführt werden. Der Wegfall des „SRRT“ im Namen führt zu einer Vereinfachung und Straffung der Marke, was zu einer besseren Wiedererkennung und Bekanntheit führen kann. Gleichzeitig symbolisiert die neue Markenidentität den Wandel und die Veränderungen, die die Gesellschaft und die Reinraumbranche in Zukunft vorantreiben werden.
Die Entwicklung des neuen Logos der SwissCCS war ein wichtiger Schritt, um die Marke zu modernisieren und ihre Position als führende Fachvereinigung der Reinraumtechnik in der Schweiz zu unterstreichen. Das neue Logo spiegelt die Werte und Ziele der SwissCCS wider und soll dazu beitragen, ihre Sichtbarkeit und Bekanntheit zu erhöhen. Die Einführung des neuen Logos ist ein deutliches Zeichen dafür, dass die SwissCCS sich den Herausforderungen der Zukunft stellt und sich kontinuierlich weiterentwickelt. Die Marke soll allen Mitgliedern ein klares Signal vermitteln, dass die SwissCCS die Zukunft in der Reinraumbranche aktiv angeht und sich für innovative und nachhaltige Lösungen einsetzt.
Innovative Lösungen sind in der Reinraumtechnik gefragt
Die Reinraumtechnik spielt eine entscheidende Rolle in vielen Industriezweigen: Mikroelektronik, Biotechnologie, Pharmazie, Medizinprodukte sowie Luft- und Raumfahrt. Reinräume bieten die notwendig kontrollierte Umgebung, um konstante Produktqualität sicherzustellen sowie den Personen- und Umweltschutz zu gewährleisten. Die Ansprüche an Reinräume sind hoch und erfordern ein hohes Mass an Präzision und Kontrolle.
Eine der grössten Herausforderungen der Reinraumtechnik ist der hohe Energieverbrauch, der aufgrund der präzisen Steuerung von Raumtemperatur, Luftfeuchtigkeit und Luftströmung in Reinräumen entsteht. Auch die Luftfiltration zur Entfernung von Partikeln ist ein energieintensiver Prozess. Dennoch gibt es vielversprechende Ansätze zur Verbesserung der Nachhaltigkeit und Energieeffizienz in Reinräumen.
Innovative Technologien und Materialien tragen dazu bei, den Energieverbrauch in Reinräumen zu reduzieren. Intelligente Steuerungssysteme ermöglichen die Optimierung der Energieverteilung und -nutzung innerhalb des Reinraums, wodurch der Energiebedarf gesenkt werden kann. Die Verwendung von umweltfreundlichen Materialien wie biobasierten Kunststoffen trägt ebenfalls zur Reduzierung des Ressourcenverbrauchs bei. Biobasierte Kunststoffe stellen eine vielversprechende Alternative zu herkömmlichen Materialien dar, da sie aus nachwachsenden Rohstoffen gefertigt werden und eine beschleunigte biologische Abbaubarkeit aufweisen. Sie können den Verbrauch von nicht erneuerbaren Ressourcen verringern und somit die Umweltbelastung reduzieren. Die Reduzierung von Abfällen und die Optimierung von Prozessen sind ebenfalls wichtige Maßnahmen zur Verbesserung der Nachhaltigkeit der Reinraumtechnik.
Um eine nachhaltige und effiziente Reinraumtechnik zu erreichen, ist ein Umdenken in der Branche unabdingbar. Es ist wichtig, dass alle Akteure gemeinsam nach innovativen Lösungen suchen und sich für eine nachhaltige Zukunft engagieren. Eine verstärkte Zusammenarbeit zwischen Wissenschaft und Industrie aber auch zwischen den regelsetzenden Organisationen, deren Inspekteuren und den Anwendern kann dazu beitragen, innovative Technologien und Materialien zu entwickeln und zu implementieren.
Einführung einer Zertifizierung für energieeffiziente Reinräume
Ein wichtiger Schritt zur Verbesserung von Nachhaltigkeit und Energieeffizienz in der Reinraumtechnik ist die Einführung einer entsprechenden Zertifizierung. Bislang existiert dafür keine allgemein anerkannte Richtlinie, jedoch bieten Normen wie VDI 2083 Blatt 4.2 und ISO 14644-16 Ansätze zur Bewertung und Optimierung der Energieeffizienz in Reinräumen.
Eine solche Zertifizierung sollte den spezifischen Energieverbrauch von Reinräumen bewerten und Optimierungspotenziale identifizieren. Dadurch könnten Unternehmen gezielte Massnahmen ergreifen, um ihre Energieeffizienz zu erhöhen und Kosten zu reduzieren. Die Möglichkeit einer Zertifizierung würde zudem zu Investitionen in nachhaltige Technologien und Materialien sowie in umweltfreundliche Produktion motivieren. Um eine Zertifizierung zu erleichtern, muss die Datenlage verbessert werden. Unternehmen sollten verpflichtet werden, Informationen über den Energieverbrauch ihrer Reinräume zu sammeln und bereitzustellen.
Mit einer transparenten und glaubwürdigen Zertifizierung könnten Unternehmen ihre Bemühungen hinsichtlich umweltfreundlicher Praktiken demonstrieren und ihre Position gegenüber Kunden, Lieferanten und Investoren stärken. Ein solches Zertifizierungssystem würde Sie dabei unterstützen, Wettbewerbsvorteile zu erlangen und sich von der Konkurrenz abzuheben. Durch die Identifizierung und Umsetzung von Optimierungspotenzialen könnten sie ihre Energiekosten reduzieren und langfristig erhebliche Einsparungen erzielen. Die Zertifizierung fördert zudem den Einsatz umweltschonender Technologien und Materialien sowie nachhaltiger Produktionsmethoden, wodurch die Umweltauswirkungen minimiert werden.
Umweltproduktdeklarationen
Bei der Auswahl der Systeme sollte der gesamte Lebenszyklus berücksichtigt werden. Studien belegen, dass etwa 75 % der Emissionen auf die Errichtung und Technik von Gebäuden zurückzuführen sind, während ein Drittel dem Gebäudebetrieb zuzuschreiben ist. In der Reinraumtechnik sind die Betriebsemissionen vermutlich sogar noch höher. Die Reinraumtechnik beeinflusst massgeblich die Betriebs- und Erstellungsemissionen. Deshalb sind Vergleiche verschiedener Lösungen ab der frühen Planungsphase entscheidend für die Dekarbonisierung. Aspekte, wie die Umweltbelastung, müssen berücksichtigt werden. Eine erfolgreiche Nachhaltigkeits-Zertifizierung erfordert mehr als nur die Messung des Energieverbrauchs. Eine wichtige Ergänzung zur Energieeffizienz-Messung sind deshalb die Umweltproduktdeklarationen EPDs. Eine EPD ist ein Zertifikat, das unabhängig Informationen über die Umweltauswirkungen eines Produkts liefert. Es bewertet den kompletten Lebenszyklus von der Herstellung über den Gebrauch bis zur Entsorgung. In verschiedenen Kategorien wie Treibhausgasemissionen, Wasserverbrauch oder Energiebedarf zeigt die EPD die Umweltauswirkungen eines Produkts auf.
Die Kombination aus Energieeffizienz-Zertifizierung und EPD bietet Unternehmen eine umfassende Bewertung ihrer Nachhaltigkeitsleistung. So können Unternehmen gezielte Massnahmen ergreifen, um ihre Energieeffizienz zu steigern und somit Kosten zu sparen. Gleichzeitig reduzieren sie ihre Umweltauswirkungen und positionieren sich als verantwortungsbewusstes Unternehmen. Die Einführung von Energieeffizienz-Zertifizierungen und EPDs hängt von verschiedenen Faktoren ab, wie der Verfügbarkeit von Daten und Informationen über Energieverbrauch und Umweltauswirkungen von Produkten.
Im Norden bereits angekommen
Die Zusammenarbeit zwischen Unternehmen, Wissenschaft und Industrie ist von grosser Bedeutung, um gemeinsam nach innovativen Lösungen zur Verbesserung der Nachhaltigkeit und Energieeffizienz in der Reinraumtechnik zu suchen. Unternehmen können durch die Umsetzung dieser Massnahmen nicht nur ihre Energiekosten senken, sondern auch einen positiven Beitrag zur Umwelt leisten und sich als Vorreiter in ihrer Branche positionieren.
Es ist faszinierend zu sehen, wie die nordischen Länder bei der Implementierung von Nachhaltigkeitsstandards in vielen Bereichen schon weiter fortgeschritten sind als die DACH-Länder. Vor allem in den Bereichen Reinraumtechnik und energieeffiziente Produktion fungieren die nordischen Länder als Vorreiter. In Nordeuropa existieren bereits etliche «nachhaltige» Reinraumprojekte, die sich durch energieeffiziente Bauweise und innovative Technologien hervorheben. In diesen Bereichen weisen die deutschsprachigen Länder noch einen gewissen Nachholbedarf auf und könnten noch lernen, wie man nachhaltige Technologien und Materialien in der Reinraumtechnik erfolgreich einsetzt. Durch den Austausch von Wissen und bewährten Vorgehensweisen können auch hier neue Massstäbe gesetzt und eine nachhaltigere Zukunft in der Reinraumtechnik erreicht werden.
Zusammenfassung
Die steigenden Energiekosten und der Klimawandel stellen auch die Reinraumtechnik vor grosse Herausforderungen. Um Nachhaltigkeit und Energieeffizienz zu verbessern, sind innovative Lösungen und eine Energieeffizienz-Zertifizierung erforderlich. In diesem Bereich fungieren die nordischen Länder als Vorbilder, während die DACH-Länder noch Aufholbedarf haben. Die Kombination aus Energieeffizienz-Zertifizierung und Umweltproduktdeklaration (EPD) ermöglicht eine umfassende Bewertung der Nachhaltigkeitsleistung von Unternehmen. Durch den Austausch von Wissen und bewährten Vorgehensweisen können neue Massstäbe in der Reinraumtechnik gesetzt werden.
Autor: Roman Schläpfer, SwissCCS, Bern (CH)