Zusätzliche Belastungen für Unternehmen
EU-Parlament nimmt Verhandlungskompromiss zur Änderung der CLP-Verordnung an
Die CLP-Verordnung (Regulation on Classification, Labelling and Packaging of Substances and Mixtures) regelt die Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung von Chemikalien. Ende 2022 legte die EU-Kommission Vorschläge zur Änderung der CLP-Verordnung vor und vor wenigen Wochen hat das Europäische Parlament den ausgehandelten Kompromiss zur CLP-Revision angenommen. Ziel ist, die Akteure in der Lieferkette und die breite Öffentlichkeit besser über mögliche Gefahren von chemischen Substanzen und Gemischen zu informieren. Mit der nun verabschiedeten CLP-Revision kommen einige Änderungen auf die Unternehmen zu. Welche das konkret sind und wie sich Unternehmen schon jetzt vorbereiten können, erklärt Florian Ritz, Referent für Produktsicherheit beim Verband der Chemischen Industrie (VCI).
CHEManager: Herr Ritz, die CLP-Verordnung ist bereits heute recht umfangreich. Warum gibt es jetzt eine Revision?
Florian Ritz: Die Revision der CLP-Verordnung ist eine der Kernmaßnahmen der im Oktober 2020 als Teil des Green Deals kommunizierten europäischen Chemikalienstrategie für Nachhaltigkeit – kurz: CSS. Wesentliches Ziel ist es, die Wertschöpfung in der chemisch-pharmazeutischen Industrie nachhaltiger und gleichzeitig sicherer zu machen. Basierend auf Folgenabschätzungen und Konsultationen hat die EU-Kommission Nachbesserungsbedarf an verschiedenen Stellen der Gefahrenbewertung und der Gefahrenkommunikation festgestellt. Eine Änderung, die bereits im April 2023 abgeschlossen wurde, ist die Einführung neuer Gefahrenklassen.
„Viele Stoffe und Gemische müssen in Kürze neu bewertet werden.“
Um welche neuen Gefahrenklassen geht es konkret?
F. Ritz: Die neuen Gefahrenklassen umfassen hormonwirksame Stoffe, sogenannte Endokrine Disruptoren sowie schwer abbaubare, also persistente, und toxische Stoffe. Auch mobile Stoffe, die sich in Oberflächengewässern ausbreiten können, sollen erstmals reguliert werden. Als VCI unterstützen wir grundsätzlich die aktuelle Überarbeitung der CLP-Verordnung, haben aber gleichzeitig Zweifel daran, ob die Gefahrenklassen in der festgelegten Form sinnvoll sind. Letztendlich weicht die EU damit vom global harmonisierten System der vereinten Nationen, dem UN GHS ab. Das könnte in Folge zu wirtschaftlichen Nachteilen und potenziellen Handelsbarrieren für global agierende europäische Unternehmen führen.
Zurück zur CLP-Überarbeitung: Wie bewertet der VCI die Ergebnisse der Revision?
F. Ritz: Fakt ist, dass durch die Revision weitere Aufgaben auf die Unternehmen zukommen werden. Sie werden sich nicht nur im Aufwand, sondern auch in den Kosten bemerkbar machen. Dazu gehört zum Beispiel die Anpassung der Kennzeichnungsvorgaben mit neuen Mindestschriftgrößen und Zeilenabständen. Einen tatsächlichen Nutzen in der Gefahrenkommunikation wird es aus Sicht des VCI dadurch nicht geben. Problematisch ist darüber hinaus das verstärkte Nutzen von Stoffgruppierungen in der harmonisierten Einstufung von Stoffen, denn die Kriterien für die Gruppierungen sind noch unklar. Wichtig ist, dass die Gruppierungen nicht zu Lasten von relevanten Informationen zu Einzelstoffen gehen.
Sie sagten, dass Sie als Verband die Überarbeitung der CLP-Verordnung grundsätzlich unterstützen. Gibt es auch Punkte, die aus Sicht des VCI positiv zu bewerten sind?
F. Ritz: Ja, die sind durchaus auch vorhanden. Zum Beispiel die Gleichstellung von Faltetiketten und klassischen Etiketten, die die Mehrsprachigkeit in der Kennzeichnung fördern sollen und somit zu einer echten Alternative werden können. Auch die Einführung von digitalen Etiketten und die Abgabe in Nachfüllstationen ohne Einwegverpackungen sehen wir positiv. Diese und weitere Anpassungen sorgen dafür, dass regulatorische Lücken geschlossen und gleiche Wettbewerbsbedingungen geschaffen werden.
„Wir erwarten vielfach strengere Einstufungen für Chemikalien mit den daraus resultierenden Rechtsfolgen.“
Welche Änderungen kommen jetzt konkret auf Unternehmen zu?
F. Ritz: Viele Stoffe und Gemische müssen in Kürze neu bewertet werden. Vor allem die neuen Gefahrenklassen und die neuen Einstufungsregeln wirken sich auf die aktuelle Einstufungspraxis aus. Wir erwarten dadurch vielfach strengere Einstufungen für Chemikalien mit den daraus resultierenden Rechtsfolgen, wie zum Beispiel Abgabeverbote an die breite Öffentlichkeit. Zusätzlich müssen die erwähnten Kennzeichnungsetiketten umgestellt werden. Das Feedback, das wir dazu aus den Unternehmen erhalten, ist eindeutig: Die neuen Mindestschriftgrößen, die auch für große Gebinde gelten, werden häufig dazu führen, dass nicht mehr alle Sprachen, die bisher auf einem Etikett untergebracht sind, auch weiterhin aufgedruckt werden können. Dies führt in erster Linie zu deutlich höheren Kosten für die Industrie.
Haben Sie Tipps für Unternehmen, wie sie sich auf die mit der Revision verbundenen Änderungen vorbereiten können?
F. Ritz: Natürlich gelten für die neuen Regelungen Übergangsfristen, in denen die Unternehmen Zeit haben, diese umzusetzen. Allerdings sind die Fristen aus unserer Sicht tendenziell eher knapp bemessen. Deshalb ist es sinnvoll, die Auswirkungen auf das eigene Portfolio frühzeitig hinsichtlich der neuen Gefahrenklassen und der Gesamteinstufungen der vermarkteten Stoffe und Gemische zu analysieren. Ebenfalls hilfreich ist ein frühzeitiger Austausch mit den beteiligten Akteuren in den jeweiligen Lieferketten.
Mit welchen Hilfestellungen seitens Behörden können die Unternehmen rechnen?
F. Ritz: Die ECHA veröffentlicht Leitliniendokumente, die als praktische Hilfe bei der Umsetzung dienen können. Die Entwürfe werden derzeit erarbeitet. Wir rechnen damit, dass erste Dokumente in Q3/2024 veröffentlicht werden. Zusätzlich planen wir im VCI verschiedene Informationsangebote zu den neuen Vorgaben, die den Unternehmen konkret im Betriebsalltag helfen sollen.
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Zur Person
Florian Ritz arbeitet seit 2022 als Referent für Produktsicherheit beim Verband der Chemischen Industrie (VCI) und ist u.a. für die Themen CLP-Verordnung und Sicherheitsdatenblatt zuständig. Zuvor promovierte er nach Abschluss seines Chemiestudiums in anorganischer Chemie an der Justus-Liebig-Universität in Gießen.
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