Welternährung – für eine Welt ohne Hunger
K+S veranstaltet zweites Future Food Forum in Berlin
Wie kann der Kampf gegen den Hunger noch effizienter geführt werden? Welchen Beitrag können internationale Entwicklungszusammenarbeit und die Land- und Ernährungswirtschaft mit modernen Produktionsmethoden und funktionierenden Distributionskanälen leisten? Diese Frage diskutierten Vertreter aus Politik, Wirtschaft und Wissenschaft, darunter der langjähriger Leiter des Umweltprogramms der Vereinten Nationen, Prof. Klaus Töpfer, und der Friedensnobelpreisträger Prof. Muhammad Yunus, auf dem Future Food Forum im Vorfeld des Welternährungstages Mitte Oktober in Berlin. Rund 300 Gästen aus aller Welt zählte die Veranstaltung des Unternehmens K+S, die bereits zum zweiten Mal stattfand.
„Das Recht auf ausreichende Ernährung ist ein Menschenrecht“; mit diesen Worten begrüßte Norbert Steiner, Vorstandsvorsitzender des Unternehmens K+S, die Gäste des Future Food Forums in Berlin. „Vieles hat sich in den vergangenen Jahren bereits zum Positiven gewendet, die Zahl der Hungernden ist weltweit zurückgegangen“, beschreibt Steiner die aktuelle Situation. Das Ziel sei allerdings noch nicht erreicht, denn noch immer hätten fast 800 Mio. Menschen nicht genug zu essen. Zugleich wachse die Weltbevölkerung weiter und mit ihr der globale Bedarf an Nahrungsmitteln.
Null Hunger bis 2030
Die Bekämpfung von Hunger ist daher eines der wichtigsten Ziele der Vereinten Nationen. Bis zum Jahr 2030 soll weltweit kein Mensch mehr hungern, so sieht es die Initiative „Null Hunger“ des UN-Welternährungsprogramm (WFP) vor. In der Tat belegt der aktuell veröffentlichte Welthunger-Index 2016 weltweite Erfolge bei der Bekämpfung des Hungers: Seit dem Jahr 2000 ist der Index um 29 % gefallen und in keiner Region stagniert die Bekämpfung des Hungers. Länder wie Ruanda und Myanmar konnten ihre Werte seit dem Jahr 2000 sogar um mehr als die Hälfte verringern.
„Wir haben wichtige Erfolge in der Hungerbekämpfung erzielt“, bestätigt auch Bärbel Dieckmann, Präsidentin der Welthungerhilfe und Gast der Podiumsdiskussion beim Future Food Forum. „Allerdings müssen die Anstrengungen in Politik, Wirtschaft und Zivilgesellschaft entschieden gesteigert werden, wenn wir bis zum Jahr 2030 das Ziel ‚Null Hunger‘ erreichen wollen. Gerade die Situation in Afrika südlich der Sahara und in Südasien zeigt, dass wir noch lange nicht am Ziel sind. Wir müssen unsere Anstrengungen verstärken und darauf drängen, dass die Ernährungssicherung absolute Priorität in den Entwicklungsplänen der betroffenen Länder hat“, fordert Dieckmann.
Handlungsfeld Düngung
„Ich gehe davon aus, dass wir mit einer sachkundigen Nutzung von Dünger einen wesentlichen Beitrag zur Ernährung einer Weltbevölkerung von 9 Mrd. Menschen leisten werden“, sagte Prof. Klaus Töpfer, langjähriger Leiter des Umweltprogramms der Vereinten Nationen und Umweltbundesminister a. D. Zwar hätten Unheilspropheten wie z. B. der britische Ökonom Thomas Malthus Anfang des 19. Jahrhunderts immer wieder behauptet, dass die Nahrungsmittelproduktion mit dem Anstieg der Weltbevölkerung nicht Schritt halten könne. „Doch Malthus hat nicht mit Liebig gerechnet“, sagte Töpfer. Der Chemiker Justus von Liebig erkannte im 19. Jahrhundert die Bedeutung von Kalidünger und revolutionierte damit die Landwirtschaft. „Um die Herausforderungen der Zukunft zu meistern, ist auch künftig Erfindergeist erforderlich: Wir brauchen wissenschaftlich begründete sowie zugleich verantwortbare technologische Erkenntnisfortschritte“, sagte Töpfer und wies zugleich auf die Risiken von Düngung hin.
Die große Bedeutung der Mineraldüngung für die Ernährung lässt sich anhand verschiedener Beispiele veranschaulichen. So haben sich die Weizenerträge in Deutschland u. a. durch eine zunehmende Düngung in den letzten 100 Jahren vervierfacht. Wissenschaftliche Berechnungen haben ergeben, dass sich bereits heute etwa 50 % aller Menschen von Nahrungsmitteln ernähren, die nur durch den Einsatz von Mineraldünger erzeugt werden können.
Landwirtschaft mit Würde und Effizienz
Referent Charles Ogang, Präsident des ugandischen Bauernverbandes und zugleich Mitglied im Präsidium des Weltbauernverbandes, schilderte am Beispiel der gegenwärtigen Situation in Afrika, dass es noch großer Anstrengungen bedarf, um die Not vieler Menschen zu lindern. Besonders auf dem Land, wo der Schlüssel zur Lösung des Welthungerproblems liege, mangele es nach wie vor an Know-how und Infrastruktur, zudem seien die Ressourcen an fruchtbarem Boden und Wasser knapp. „Umso mehr kommt es darauf an, die Produktivität der Landwirtschaft weiter zu erhöhen“, sagte Ogang. Das Potenzial dafür sei in Afrika vorhanden: So liegen z. B. die Erträge der Landwirte in Uganda bei 25 % im Vergleich zu jenen in den Versuchsstationen, während Landwirte in Deutschland 85 % erzielen. Ogang wies darauf hin, dass Landwirtschaft mit Würde und Effizienz in allen Teilen der Erde betrieben werden müsse. Worauf DLG-Präsident Philip Freiherr von dem Bussche ergänzte, dass er in Deutschland einen zunehmenden Akzeptanzverlust für effiziente Landwirtschaft beobachte. Der Podiumsgast führte dies u. a. auf die zunehmende Entfremdung zurück: Während der Anteil der Erwerbstätigen in der Landwirtschaft an der deutschen Bevölkerung vor einhundert Jahren noch bei 40 % lag – so hoch wie heute in vielen Entwicklungsländern – arbeiten heute weniger als 2 % der Deutschen in dieser Branche, die im Übrigen die kapitalintensivste Branche in Deutschland nach der chemischen Industrie ist.
Mehr Effizienz in der Landwirtschaft – darauf wird es künftig mehr denn je ankommen, denn bis 2050 wird die pro Kopf zur Verfügung stehende Ackerfläche laut den Prognosen der UN Welternährungsorganisation FAO um fast ein Drittel absinken. Weltweit sind Landwirte daher gefordert, den zur Verfügung stehenden Boden optimal zu nutzen, um genügend Lebensmittel für eine stetig wachsende Weltbevölkerung produzieren zu können.
Mehr Unternehmertum für weniger Hunger
„Mehr Eigeninitiative in den von Krisen besonders gefährdeten Erdregionen ist notwendig, denn die großen Institutionen haben bislang nicht bewiesen, dass sie in der Lage sind, die grundsätzlichen Probleme unserer Welt wie Armut oder Hunger zu lösen“, forderte Prof. Muhammad Yunus, Friedensnobelpreisträger und Gründer der Grameen Bank, die für die Erfindung sog. Social-Business- und Mikrokredite steht. Yunus plädierte für mehr Unternehmertum zur Abwendung einer möglichen neuen Ernährungskrise: „Ich glaube, alle Menschen sind geborene Unternehmer. Wir sind Stellenschaffende, keine Stellensuchende.“ Am Beispiel der Geschichte seines Unternehmens berichtete er, wie es vor einigen Jahrzehnten nach einer Hungersnot in seinem Heimatland Bangladesch gelang, Millionen Menschen aus der Armut zu befreien. Er mahnte in seiner Rede zu internationaler Solidarität: Die Zeit dränge, Auswirkungen des Klimawandels in Indien könnten schon bald zu Hunger in dieser Region und damit zu hohen Flüchtlingsströmen führen.