Wege zu einer nachhaltigeren Palmölproduktion
Eine Analyse der gesamten Lieferkette ist für Verwender von Palmöl enorm wichtig
Die Kritik an Palmöl entzündet sich an dem Wo und Wie seines Anbaus sowie am Wieviel beim Konsum. An die galoppierende Expansion der Pflanze, die mit allen Konsequenzen unersetzlichen Wäldern das Leben kostet, knüpfen sich Forderungen nach einem ökologischen, ökonomischen und sozialen Kurswechsel. Viele Palmölproduzenten vor Ort allerdings lässt das bisher noch ungerührt. Viele deutsche Unternehmen leider auch. Dabei gibt es viele Wege für Unternehmen, sich zu engagieren und etwas zu ändern: Klare Verpflichtungen, nur noch zertifiziertes Palmöl zu verwenden, Einforderung von wichtigen Zusatzkriterien, Transparenz in Lieferketten und Unterstützung von Kleinbauernprojekten.
An Palmöl führt fast kein Weg vorbei. Margarine, Schokolade, Waschmittel, Cremes und Shampoo – sie alle enthalten in aller Regel Palmöl. Mit seiner guten Konsistenz ist das Pflanzenfett zu einem der begehrtesten Öle der Welt aufgestiegen. In den Hauptproduktionsländern, Indonesien und Malaysia, füllt es ganze Regalwände und wird als lokales Produkt zum Kochen, Braten und Frittieren genutzt.
Kein Wunder also, dass inzwischen auf 17 Mio. ha weltweit rund 60 Mio. t Palmöl produziert werden (FAO 2014). Dabei ist Palmöl im Vergleich zu anderen Pflanzenölen recht bescheiden, was seinen Flächenanspruch anbelangt. Auf vergleichsweise geringer Fläche lässt sich mit ihm ein großer Teil des weltweiten Bedarfs an Pflanzenölen decken. Als Nahrungsmittel ist Palmöl in vielen Ländern nur schwer zu ersetzen. Überdies leben viele Kleinbauern vom Anbau. In Indonesien werden rund 44% der Palmölfläche von Kleinbauern bewirtschaftet.
Die dunkle Seite von Palmöl
Leider besitzt Palmöl auch eine dunkle Seite. Wegen der wachsenden Nachfrage auf dem Weltmarkt wurden in großem Stil tropische Wälder in Palmölplantagen umgewandelt. Indonesien und Malaysia, in denen 85% des Palmöls produziert werden, haben in den vergangenen Jahren unzählige Hektar Regenwald verloren, ebenso wie eine Vielzahl der Tiere, die dort einst lebten. Palmöl wurde so auch zum Synonym für die Bedrohung der Orang-Utans.
Wie in Asien wächst in Südamerika und Afrika die Produktion, mit ähnlich fatalen Konsequenzen für Wälder, Tierarten und lokale Bevölkerung. Menschen wie Tiere büßen ihren Lebensraum ein und mit ihm ihre Lebensgrundlage.
Palmöl in Deutschland
Deutschland importiert rund 1,8 Mio. t Palmöl, Palmkernöl sowie Derivate und Fraktionen. Und davon gehen 17% in den industriellen Bereich, bei dem Wasch-, Pflege- und Reinigungsmittel für Haushalt und Industrie den größten Teil ausmachen. Leider sind rund 70% des nach Deutschland importierten Palmöls für Lebensmittel, Futtermittel, die chemische und pharmazeutische Industrie sowie Wasch-, Pflege-und Reinigungsmittel noch immer nicht zertifiziert (2013). Dabei existiert bereits seit 2005 ein Mindeststandard für den Anbau von Palmöl: der Runde Tisch für Nachhaltiges Palmöl (Round Table for Sustainable Palmoil, RSPO). Der RSPO stellt Mindestanforderungen auf – nicht mehr, aber auch nicht weniger.
Möglichkeiten für Unternehmen
Unternehmen sollten im Hinblick auf die Nutzung von Palmöl Transparenz beweisen und offen kommunizieren, dass und wo Palmöl oder Palmkernöl genutzt wird. Eine Analyse der Lieferketten sowie der Risiken die in Bezug auf Palmöl darin stecken ist die Grundlage, um Anpassungsmaßnahmen durchzuführen.
Unternehmen sollten sofort mit der Umstellung auf 100% zertifiziertes, segregiertes Palmöl, Palmkernöl und Derivaten beginnen. Wo eine physische Umstellung noch nicht möglich ist, sollte der Rest mit Zertifikaten – bevorzugt von Kleinbauern – abgedeckt werden. Denn: Bei aller Kritik an Zertifizierungssystemen wie dem RSPO: Nichts tun ist keine Lösung.
Der WWF fordert Unternehmen auf, ihre Lieferanten in die Pflicht zu nehmen und über die Mindestanforderungen des RSPO hinausgehende Kriterien einzufordern. Gekauft werden sollte nur noch Palmöl von Produzenten:
- die bestätigen, dass ihre Plantagen nicht auf Torfböden oder Flächen mit hohem Kohlenstoffgehalt angelegt werden;
- die sich verpflichten, zumindest auf hochgefährliche Pestizide (wie Pestizide der WHO Klassen 1 a+b, der Stockholmer und Rotterdamer Konventionen sowie Paraquat) zu verzichten;
- die Treibhausgasemissionen ihrer Plantagen und Ölmühlen sofort öffentlich machen sowie klare Reduktionsziele für Plantagen und Mühlen ausweisen;
- deren gesamte Palmfrüchte ausschließlich und nachweisbar aus legalen Quellen stammen.
Unterstützung von Kleinbauernprojekten
Kleinbauern sind häufig nicht an physische Lieferketten angeschlossen, da sie z.B. in abgelegenen Gegenden produzieren oder an kleine, nicht zertifizierte Mühlen liefern. Trotzdem sind insbesondere die Kleinbauern auf Unterstützung angewiesen und können durch die mit der Zertifizierung einhergehenden Schulungen und Verbesserungen große ökologische und soziale Fortschritte erzielen. Die Unterstützung von konkreten Projekten oder der Kauf von Kleinbauern-Zertifikaten haben daher eine große Wirkung.
Engagement in Foren und Initiativen
Unternehmen sollten sich aktiv an der Ausrichtung von Zertifizierungssystemen beteiligen und als Käufer konstruktive Kritik äußern. Es gibt mittlerweile verschiedene Initiativen, dem sich deutsche Unternehmen zu diesem Zweck anschließen können. Das Forum Nachhaltiges Palmöl hat das Ziel, den deutschen, österreichischen und schweizer Markt möglichst schnell mit 100% segregiertem, zertifiziertem Palmöl und Palmkernöl zu versorgen. Es setzt sich für die Weiterentwicklung und Verbesserung der bestehenden Zertifizierungssysteme ein. Dazu gehört auch die Einforderung von Zusatzkriterien bei Lieferanten.
Die internationale Palm Oil Innovators Group, die auf Produzentenseite aus RSPO-Mitgliedern, die weiterführende soziale und ökologische Kriterien erfüllen, sowie aus Nichtregierungsorganisationen wie Greenpeace und WWF besteht, bietet bereits Palmöl mit Zusatzkriterien an.
Die WWF Palmöl Scorecard
Seit 2009 nimmt der WWF mit der Palmöl Scorecard alle zwei Jahre die Einkaufspolitik von Käufern und Verarbeitern unter die Lupe. Bewertet wird, wie ernst die Unternehmen ihr Engagement beim Einkauf und bei der Nutzung zertifizierten Palmöls nehmen.
Seit der ersten WWF Palmöl-Scorecard 2009 lässt sich ein positiver Trend feststellen. Von den 200 befragten Unternehmen nutzt inzwischen immerhin mehr als die Hälfte zumindest teilweise zertifiziertes Palmöl. Allerdings blieben auch 38% der angefragten Unternehmen eine Rückmeldung schuldig. Insbesondere die Pharma- und Futtermittelindustrie, die insgesamt immerhin 10% der deutschen Importe verwendet, hat mit Null Punkten sehr schlecht abgeschnitten. Hier ist noch viel Steigerungspotenzial, dass durch die oben aufgezeigten Möglichkeiten und in Zusammenarbeit mit anderen Branchen, die im Bereich Palmöl schon weiter vorangeschritten sind, ausgebaut werden kann und muss.I