Forschung & Innovation

Virusabreicherung in ­öffentlichen ­Räumen

01.09.2021 - Im Rahmen der Studie wurde untersucht, inwieweit die Partikel- bzw. Viruskonzentration in einem Seminar­raum durch den Einsatz eines mobilen Luftreinigers gesenkt werden kann, um damit eine Verminderung des SARS-CoV-2 Infektionsrisikos zu bewirken.

Dabei konnte festgestellt werden, dass der Luftreiniger eine Anreicherung der Partikelkonzentration um bis zu 60 % verlangsamte, wodurch die Wahrscheinlichkeit einer Infektion verringert werden kann. Unterstützend sollte weiterhin frei gelüftet ­werden, wobei das Prinzip des Querlüftens, auch als Durchzug bezeichnet, angewendet werden sollte.
Hier konnte im Vergleich das Querlüften, die Partikelkonzentration um 20 % effizienter senken, als es beim Stoßlüften der Fall war.

SARS-CoV-2 Infektionen finden in den meisten Fällen in Innenräumen statt, wobei die Übertragung über Aerosolpartikel stattfindet, welche bspw. beim Atmen, Sprechen, Husten oder Niesen entstehen und über die Luft verteilt werden [1; 2]. Bei einem Aerosol handelt es sich um ein heterogenes Gemisch aus einem Gas oder Gasgemisch, z.B. Luft, mit darin verteilten flüssigen oder festen Partikeln. Diese haben einen Durchmesser von etwa 1 nm bis zu über 100 µm [3; 4]. Im Gegensatz dazu weisen SARS-CoV-2 Viren eine Größe von etwa 0,06 – 0,14 µm auf [5]. Die Bildung der Partikel erfolgt in der Lunge, im Mund- und Rachenraum, sowie zwischen den Lippen beim Sprechen. Diese weisen eine Größe von 0,2– 20 µm auf [6]. In diesem Gemisch können sich auch Krankheitserreger befinden, welche mitabgegeben und durch den Raum transportiert werden können [7]. Die Infektionswahrscheinlichkeit in Innenräumen steigt mit der Anzahl infizierter Personen und deren Aufenthaltsdauer an [8]. So konnte gezeigt werden, dass das Infektionsrisiko in einer Oberschule höher als im Supermarkt ist [9]. In dieser Studie wurde angenommen, dass eine infizierte Person gemeinsam mit anderen gesunden Personen im Raum ist.

Eine Person im Supermarkt mit Maske (80 % Belegung) hat ein Risiko von ≤ 1. Dies bedeutet, dass sich in dieser Situation maximal eine weitere Person anstecken wird. Im Gegensatz dazu hat die Oberschule mit 50 % Belegung und dem Tragen einer Maske einen Wert von 2,9. Das Risiko ist demnach in dieser Situation 2,9-mal höher als im Supermarkt. Bei 50 % Belegung ohne Maske stieg das Risiko sogar auf einen Faktor von 5,8 an. Bei Unterricht in Vollbesetzung ist das Risiko 11,5- mal höher [9]. Dies verdeutlicht die Wichtigkeit von Schutzmaßnahmen in Klassenräumen, um Schülerinnen und Schülern ein sicheres Lernen zu ermöglichen. Dazu wurde bereits in mehreren Studien der Einsatz von mobilen Luftreinigern in Klassenräumen zur Verminderung der Partikelbelastung untersucht: Eine Studie untersuchte den Einfluss eines Luftreinigers mit einem Volumenstrom von bis zu 1.500 m3/h der Firma Trotec in einem Raum der Größe von 80 m2.

Damit konnte die Aerosolkonzentration je nach Volumenstrom innerhalb von 6 –15 Minuten halbiert werden [10]. Eine weitere Studie untersuchte den Einfluss von drei bis vier Luftreinigern in einem Klassenraum bei normalem Schulbetrieb, wodurch ebenfalls eine Verminderung der Aerosolkonzentration erzielt werden konnte [11]. In einer dritten Studie wurde der Einfluss eines Luftreinigers in einem Klassenraum numerisch und experimentell analysiert und eine Verminderung der Partikel abhängig von der Position der infizierten Person gezeigt [12]. Die zweiteilige Studie von Seipp und Steffens [13; 14] kommt jedoch zu einem anderen Ergebnis: In deren zweiten Teil wurde in einem Unterrichtsraum (V=190 m3) die Ausbreitung von Viruspartikeln untersucht. Im Simulationsmodell konnten mobile Luftreiniger Viruspartikel nur wirksam entfernen, wenn diese möglichst nahe an der (unbekannten) Virus-Quelle positioniert waren. Ferner erhöhte sich in der Bilanz die Virus-Last schallbedingt durch den Dauerbetrieb des Luftreinigers.

Diese konnte nur in wenigen Konstellationen (geringer Abstand zur Virus-Quelle, hoher Volumenstrom) wieder vollständig entfernt bzw. eine minimale Reduktion im Vergleich zur Belastung ohne Luftreiniger erzielt werden [13]. Der erste Teil dieser Studie beschäftigte sich mit der entstehenden Lärmbelastung, welche durch mobile Luftreiniger verursacht werden kann und bei deren Einsatz in Klassenräumen berücksichtigt werden sollte. Aus einer weiteren Studie ist bekannt, dass die Filterwirkung des Luftreinigers vom Standort des Gerätes und Objekten im Raum abhängen kann [15]. Daher sollte der Luftreiniger, sofern es sich um einen einzelnen handelt, in der Mitte des Raumes platziert werden, um eine effektive Filterung der Raumluft zu ermöglichen. Bei größeren Räumen, Räumen mit ungünstiger Geometrie oder mit vielen Objekten, sollten hingegen ggf. mehrere Luftreiniger eingesetzt werden. Ferner kann aufgrund der Geometrie von lang gestreckten Räumen die Verwendung von zwei Luftreinigern an den jeweiligen Enden empfehlenswert sein [10]. Hierbei sollte immer darauf geachtet werden, dass keine Blockierung des Luftstroms stattfindet, da es bspw. durch Platzierung des Luftreinigers unter einem Tisch zu einer Reduzierung der Filtereffizienz kommen kann [15].

Im Rahmen der hier vorliegenden experimentellen Studie wurde untersucht, inwieweit die modellhafte Viruskonzentration in einem Seminar- bzw. Unterrichtsraum durch den Einsatz eines mobilen Luftreinigers gesenkt werden kann, um damit eine Verminderung des SARS-CoV-2 Infektionsrisikos zu bewirken. Dazu wurden künstlich hergestellte Nanopartikel der Größe von SARS-CoV-2 Viren mittels eines Zerstäubers regelmäßig in den Raum abgegeben und damit eine infizierte Person simuliert. An zwei Messstellen im Raum wurde zeitgleich die Partikelkonzentration gemessen, welche einen Rückschluss auf die Modell-Viruspartikel ermöglicht. So sollte festgestellt werden, um welchen Faktor die Partikelbelastung im Raum durch den Luftreiniger gesenkt werden kann. Darüber hinaus sollte die Anreicherung der Partikel über 20 Minuten bis zum nächsten Stoßlüften gemessen werden. Hintergrund ist, dass nach aktuellen Empfehlungen des Umweltbundesamtes alle 20 Minuten stoßgelüftet werden sollte, um sich vor infektiösen Partikeln zu schützen (Stand 12.02.2021) [16].

Material und Methoden

Die Versuche wurden in einem Seminarraum (A=96,7 m2, V=290,1 m3) der Technischen Hochschule Mittelhessen durchgeführt. Während der Vorbereitung und Durchführung der Versuche waren neun Personen im Raum anwesend. Es wurde dabei eine Situation ohne das Tragen von Masken simuliert. Alle Personen wurden zuvor negativ auf SARS-CoV-2 getestet. Insgesamt wurden sechs unterschiedliche Versuche, als Mess-Szenarien bezeichnet, durchgeführt. Zur Simulation einer infizierten Person wurde ein Vernebler verwendet, welcher künstliche „Corona-Partikel“ abgab. Weiterhin wurden ein Standluftreiniger sowie zwei Partikelzähler für die Messungen eingesetzt.

Diese wurden je nach Szenario an unterschiedlichen Positionen im Raum platziert, um unterschiedliche Einflussfaktoren zu testen. So sollte der Einfluss der Position des Lüfters im Raum, d.h. vorne, mittig, hinten und die Partikelverteilung im Raum analysiert werden. Des Weiteren wurde der Abstand zwischen infizierter Person und Messstelle variiert, um die Viruslast am jeweiligen Platz zu messen. Der Seminarraum inkl. anwesender Personen sowie das verwendete Equipment sind in Abb. oben erkennbar.

Equipment

Standluftreiniger

Der verwendete Standluftreiniger (Typ: QleanAir FS 30 HEPA, Hersteller: QleanAir Scandinavia) ist mit einem ePM1 60 % Vorfilter und einem HEPA- 14 (engl.: High Efficient Particulate Air) Hauptfilter ausgestattet [17]. In den Messungen wurde dieser entsprechend den unterschiedlichen Szenarien im Raum platziert und auf Stufe 4 (L4) bei einem Volumenstrom von 450 m3/h betrieben. Lediglich in Szenario 4 wurde das Gerät auf maximaler Stufe 7 (L7) bei 800 m3/h betrieben.
Luftpartikelzähler zur Messung der Partikel­konzentration Mittels zwei transportabler Luftpartikelzähler (Typ: MET ONE 3400, Hersteller: Beckman Coulter Inc.) wurden in drei Kanälen drei unterschiedliche Partikelgrößen von 0,5 µm, 1,0 µm und 5,0 µm über eine Messdauer von 15 s gemessen. Der Fokus lag hierbei auf den 1,0 µm Partikeln. Über die Partikelkonzentration kann damit ein Rückschluss auf die relative Virenkonzentration gezogen werden, da diese über Aerosolpartikel transportiert werden.

Luftpartikelzähler zur Messung der Partikel­konzentration

Mittels zwei transportabler Luftpartikelzähler (Typ: MET ONE 3400, Hersteller: Beckman Coulter Inc.) wurden in drei Kanälen drei unterschiedliche Partikelgrößen von 0,5 µm, 1,0 µm und 5,0 µm über eine Messdauer von 15 s gemessen. Der Fokus lag hierbei auf den 1,0 µm Partikeln. Über die Partikelkonzentration kann damit ein Rückschluss auf die relative Virenkonzentration gezogen werden, da diese über Aerosolpartikel transportiert werden.

 

Simulation einer infizierten Person und Coronaviren

Vernebler zur Simulation einer infizierten Person

Die infizierte Person wurde durch einen Vernebler (Typ: Inhalator IN 500, Hersteller: Medisana) simuliert, welcher durch die Verwendung des blauen Zerstäuberkopfes Partikelgrößen im Bereich von 3,5–4,5 µm erzeugt [18]. Während der Mess-Szenarien wurde manuell, durch Betätigung der Taste, in zeitlichen Abständen von 2 Min. eine Dosis (DS) mit einer Dauer von etwa 5 s abgegeben. Diese soll ein kurzes Gespräch oder alternativ ein Husten simulieren. Es wurden pro Szenario 8 Dosen abgegeben.

Herstellung der Partikel zur Simulation von ­Coronaviren

Als Virus-Surrogate wurden Lipidnanopartikel eingesetzt, welche in Größe und Oberflächenladung den Coronaviren entsprachen [19]. Die Lipid­nanopartikel wurden in 10 %iger (m/m) wässriger Dispersion hergestellt. Die Lipidphase bestand aus einer Mischung aus Mygliol 812 (Ceasar & Loretz, Deutschland) 20 % (m/m) und 80 % (m/m) Cetylpalmitat (Berg+Schmidt, Deutschland) [20–22]. Wasser diente als Dispersionsmedium für die Virus-­Surrogate, zu welchem eine Tensidmischung, zusammengesetzt aus Polysorbat 80 (Fisher Chemical, Vereinigtes Königreich Großbritannien), Sorbitanmonolaureat 20 (Merck Schuchardt, Deutschland) und Sodiumdodecylsulfat (Carl Roth, Deutschland) im Verhältnis 19:3, 5:1, zur Stabilisierung der Partikel in 1,5 %iger (m/m) Konzentration hinzugefügt wurde. Zur Visualisierung der Virus-Surrogate wurde der Lipidphase Curcumin 0,01 % (m/m) (Rezeptura Apotheke, Deutschland) und dem Disersionsmedium 0,05 % (m/m) Natriumfluorescein (Carl Roth, Deutschland) zugefügt. Die Virus-Surrogate wurden mittels Hochdruckhomogenisation hergestellt. Dazu wurden alle Bestandteile der Lipidphase bei 75 °C auf einem Wasserbad aufgeschmolzen. Die Wasserphase wurde separat hergestellt und ebenfalls auf 75 °C erhitzt. Die erhitzte Wasserphase wurde zur Lipidphase gegeben. Unter Rühren (Ultra Turrax T25, IKA Werke, Deutschland, 24.000 rpm, 30 s) wurde eine Pre-Emulsion erzeugt, welche anschließend hochdruckhomogenisiert wurde (LAB 40, APV Gaulin, 800 bar, 3 Zyklen bei 75 °C). Aus der erhaltenen heißen Nanoemulsion wurde nach dem Abkühlen und der dadurch erfolgenden Rekristallisation der Lipide Lipidnanopartikel erhalten, welche hinsichtlich ihrer Größe und Ladung mittels Dynamischer Lichtstreuung (DLS), Laserdiffraktometrie (LD) und Laser-Doppler-Anemometrie (LDA) charakterisiert wurden. DLS und LDA Messungen wurden mit einem ZetaSizer Nano ZS (Malvern-Panalytical, Vereinigtes Königreich Großbritannien) durchgeführt. Die DLS-Messungen wurden in gereinigtem, partikelfreiem Wasser bei 20 °C durchgeführt und mit dem „general purpose mode“ analysiert. Die LDA Messungen erfolgten in leifähigkeitsadaptiertem Wasser (50 µS/cm, 20 °C) bei 20 °C. Die gemessene elektrophoretische Mobilität wurde mit Hilfe der Helmholtz-Smoluchowksi Gleichung in das Zeta-Potenzial umgerechnet [23].

Die LD-Messungen wurden mit einem Mastersizer 3000 (Malvern-Panalytical, Vereinigtes Königreich Großbritannien) durchgeführt. Die Größenverteilung wurde mittels Mie-Theorie berechnet. Als optische Parameter wurden 1,5 für den realen und 0,01 für den imaginären Brechungsindex eingesetzt [24; 25]. Zusätzlich erfolgte eine lichtmikroskopische Untersuchung der Partikel (Olympus BX53, Olympus Deutschland). Die Verneblung der Partikelsuspension erfolgte mit einem Druckluftvernebler (Medisana IN500, Medisana, Deutschland). Die Charakterisierung ergab einen hydrodynamischen Durchmesser von 100 nm für die Virus-Surrogate. Der Polydispersitätsindex lag bei 0,15 und das Zeta-Potenzial bei -25 mV. Die Abwesenheit von größeren Partikeln wurde durch Mikroskopie und LD bestätigt und zeigte keine Partikel > 5 µm. Die Partikelgröße von Corona­viren liegt bei 75 –125 nm und das Zeta-Potenzial beträgt -25 mV für Corona-Virus-Partikel [1]. Die hergestellten Lipidnanopartikel entsprachen somit hinsichtlich ihrer physikochemischen Eigenschaften den Eigenschaften des Coronavirus.

Mess-Szenarien

Der Vernebler, die zwei Partikelzähler und der Luftreiniger wurden, abhängig vom jeweiligen Szenario, an unterschiedlichen Positionen im Raum platziert. Mess-Szenario 1 unterscheidet sich grundsätzlich von den anderen fünf, da dort kein Luftreiniger zum Einsatz kam, sondern lediglich die Abreicherung von Partikeln durch Stoßlüften nach 20 Min., entsprechend den aktuellen Empfehlungen für die Schulen in Hessen, gemessen wurde. Für dieses Szenario wurde die infizierte Person in der Mitte des Raumes auf Platz H platziert. Die zwei Partikelzähler wurden direkt vor der infizierten Person auf Platz E (Messstelle 2) und sowie vorne im Raum auf Platz A (Messstelle 1) platziert.

Zu Beginn des Versuchs waren die Fenster zur Ermittlung der initialen Partikellast des Raumes geschlossen (ca. 2 Min.). Danach erfolgte die Beladung des Raumes mit dem 3-fachen der initialen Partikellast. Hierbei gilt folgende Annahme: Die Partikelgrundlast des Raumes im Studienbetrieb ist etwa 3-mal höher als die Grundlast durch das neun-köpfige Versuchspersonal (3 x 9 = 27 simulierte Studierende im Seminarraum). Der vom Aerosolgenerator erzeugte Nebel wurde durch Ventilatoren gleichmäßig über ca. 5 Min. verteilt. Danach wurden die Ventilatoren abgeschaltet und in zeitlichen Abständen von 2 Min. eine Dosis (Dauer: 5 s) der infizierten Person abgegeben. Nach ca. 20 Min. wurde das Fenster für eine Dauer von 5 Min. zum Stoßlüften geöffnet. Danach wurde zusätzlich die Tür geöffnet, um eine Querlüftung des Raumes über 5 Min. zu erzeugen. Anschließend wurde der Versuch beendet. Die Mess-Szenarien 2– 6 wurden mit kontinuierlichem Betrieb des Luftreinigers in vergleichbarem Ablauf wie Szenario 1, jedoch ohne erneute Einstellung der Partikel-Grundlast, durchgeführt. Sie unterschieden sich lediglich in ihrer räumlichen Anordnung der Versuchskomponenten (Partikelzähler, infizierte Person und Luftreiniger). Der Luftreiniger wurde auf Stufe 4 betrieben (Ausnahme: Szenario 4). Es erfolgte im Abstand von 2 Min. eine Beaufschlagung des Raumes mit einer Dosis der infizierten Person (Dauer: 5 s). Es wurden insgesamt acht Dosen pro Szenario abgegeben.

Ergebnisse Effekt eines Luftreinigers

Szenarien 1 und 2

Um die Effizienz des Luftreinigers beurteilen zu können, wurde in Szenario 2 derselbe Versuchsaufbau wie in Szenario 1 gewählt und mit Platzierung des Luftreiniger vor Platz A, am Fenster, ergänzt. Die Sprühstöße der infizierten Person sind anhand der Peaks gut erkennbar. Bei beiden Szenarien ist eine Anreicherung der Partikelkonzentration mit zunehmender Zeit zu beobachten.

Diese steigt bei Szenario 1 besonders ab 10 Min. deutlich an. Im direkten Vergleich liegt die Partikelkonzentration in Szenario 2 unter der von Szenario 1 und es findet eine geringere Anreicherung der Partikel statt.

Der Vergleich der gleichen Szenarien an Messstelle 1 dargestellt. Diese befindet sich weiter von der infizierten Person entfernt. In Szenario 2 sind lokale Konzentrationsänderungen als deutliche „Ausreißer“ erkennbar, welche durch die Bewegung von Personen im Raum verursacht wurden. Solche lokalen Spitzen treten zwar auch im regulären Unterrichtsbetrieb durch Bewegungen des Lehrpersonals auf, stören aber in dieser Studie die Darstellung der durchschnittlichen Partikelbelastung sowie der Abreicherung durch das Filtergerät im gesamten Raum. Deshalb wurde in Abb. 6 der Ausreißer in Szenario 2 bei Minute 5 sowie ähnliche Peaks in allen weiteren Szenarien in den Darstellungen entfernt. Es ist eine Anreicherung der Partikelkonzentration mit zunehmender Versuchszeit erkennbar.

Im Vergleich zu Messstelle 2 sind hierbei die Peaks nicht mehr den einzelnen Spreader Dosen zuzuordnen.

Szenarien 1 und 3

In Szenario 3 wurden Luftreiniger und Messstelle 1 seitlich neben der infizierten Person platziert.Lokale Ausreißer bei t=8,5 min und 10,25 min >t>9,5 min und  analog zu Szenario 2 wurden entfernt. Dabei fällt auf, dass in beiden Szenarien eine Anreicherung der Partikelkonzentration mit zunehmender Versuchszeit stattfindet.

Szenarien 1 und 6

In Szenario 6 wurde die maximal mögliche Entfernung im Raum zwischen infizierter Person und einer nicht-infizierten Person simuliert. Dazu wurden Messstelle 2 (MS2) und die infizierte Person im vorderen Teil des Raumes (Platz A) und Messstelle 1 (MS 1) diagonal entfernt im hinteren Teil des Raumes (Platz L) platziert. Der Vergleich der Szenerien 1 und 6 an Messstelle 1, sind in der Grafik dargestellt. Es ist erkennbar, dass die Partikelkonzentration mit zunehmender Versuchszeit ansteigt.

Szenarien 3 und 4

Zum Vergleich der Effizienz des Luftreinigers bei verschiedenen Volumenströmen wurde derselbe Versuchsaufbau in den Szenarien 3 und 4 gewählt. Hierbei wurden in Szenario 3 analog zu 3.1.2 ebenfalls Ausreißer entfernt. In Szenario 4 lagen diese zwischen 3,5 min < t < 4 min sowie 5 min < t < 5,5 min. Der Luftreiniger wurde in Szenario 3, analog zu allen anderen Szenarien, auf Stufe 4 mit einem Volumenstrom von 450 m3/h betrieben. In Szenario 4 wurde dieser auf Stufe 7 und 800 m3/h erhöht. In Abb. 9 ist erkennbar, dass die Partikelkonzentration mit zunehmender Versuchszeit ansteigt.

Vergleich von Stoß- und Querlüften

Um einen Vergleich der Effektivität zwischen Stoß- und Querlüften zu erhalten, wurde über eine Dauer von 4 min. die Partikelkonzentration an zwei Messstellen im Raum gemessen. Das Stoßlüften fand, während Szenario 1 über das Fenster (Fläche ca. 4 m2) statt, bei Szenario 4 wurde zusätzlich die Doppelflügeltür (Fläche ca. 2 m2) zum Querlüften geöffnet (Startwert = 100 %). Nach 4 Min. Stoßlüften konnte die Partikelkonzentration auf ca. 85 % der ursprünglichen Konzentration an Messstelle 1 (MS1) und auf ca. 70 % an Messstelle 2 (MS2) gesenkt werden. Im Vergleich dazu sank die Partikelkonzentration durch das Querlüften auf 63 % an MS 1 und 46 % an MS 2 der ursprünglichen Startkonzentration ab.

Diskussion Effektivität von Luftreinigern

In Bezug auf die Effektivität des Luftreinigers lässt sich feststellen, dass über die Steigung der Regressionsgeraden ein Rückschluss auf die Partikelanreicherung über der Versuchszeit gezogen werden kann. Hierbei sollte darauf hingewiesen werden, dass die Graphen oftmals einen nicht-linearen Verlauf aufweisen und die Verwendung einer anderen Kinetik zur Anpassung der Trendlinie ebenfalls möglich wäre. Da die gesamte Anreicherung jedoch langsamer stattfindet, wurde hier die Methode der linearen Regression gewählt. Durch die Entfernung der Ausreißer, welche durch lokale Bewegungen von Personen im Raum entstanden sind, konnte der Korrelationskoeffizient bei den angewendeten Szenarien erhöht und damit die Wahrscheinlichkeit des linearen Zusammenhangs erhöht werden. Dabei ist die Anreicherung bzw. Steigung in Szenario 1 ohne Luftreiniger am stärksten. So beträgt die Steigung und damit die Anreicherungsrate 0,57 Mio (Partikel/m3/min). In den Szenarien 2, 3 und 6 mit Luftreiniger fällt diese geringer aus (siehe Tab.1). So beträgt sie in Szenario 2 0,56 Mio (Partikel/m3/min), in Szenario 3 0,32 Mio  (Partikel/m3/min) und in Szenario 6 0,29 Mio  (Partikel/m3/min). Somit sind nach 20 Min. 2,3 % (Szenario 2), 49,7 % (Szenario 3) sowie 60,1 % (Szenario 6) weniger Partikel im Raum nachweisbar als es ohne Luftreiniger in Szenario 1 der Fall ist.

Der Luftreiniger weist auf Stufe 4 einen Volumenstrom von 450 m3/h auf, was bei einem Raumvolumen 290,1 m3 einer Luftwechselrate von 1,6 h-1 entspricht. Entsprechend der Empfehlungen von Kähler et al. [25] sind jedoch Volumenströme im Bereich des sechsfachen des Raumvolumens anzustreben, um einen ausreichenden Luftwechsel zu ermöglichen. Dies würde einem Wert von 1.740,6 m3/h entsprechen. Dennoch zeigt sich in den Ergebnissen, dass bereits eine geringe Luftwechselrate einen Effekt erzielen kann. Weiterhin kann festgestellt werden, dass durch Erhöhung des Luftreinigers auf Stufe 7 mit 800 m3/h in Szenario 4 eine Verringerung der Partikelkonzentration im Vergleich zu Szenario 3 mit Stufe 4 und 450 m3/h festgestellt werden. Dabei fiel die Steigung in Szenario 4 geringer als in Szenario 3 aus. Dies entspricht einer um 9 % verlangsamten Anreicherung. Hierbei wäre aufgrund der Erhöhung des Luftvolumenstroms um 56 % eine deutlichere Verlangsamung zu erwarten gewesen. Die Versuche konnten aufgrund der Coronapandemie und damit verbundenen Sicherheitsaspekten nicht in einem realen Klassenraum durchgeführt werden, weshalb in die Räumlichkeiten der Hochschule ausgewichen wurde. Würde dieser Luftreiniger in einem normalen Klassenraum mit einer Größe von ca. 65 m2 und einem Raumvolumen von 195 m3 angewendet würden, so würde dies in einer höheren Luftwechselrate von 2,3 h-1 resultieren. Damit sind folglich 2,3 Luftwechsel pro Stunde möglich. Bei der maximalen Leistung von 800 m3/h wäre bestenfalls eine maximale Luftwechselrate von 4,1 h-1, bei jedoch hörbar gesteigerter Lautstärke, möglich. Durch den parallelen Einsatz von zwei Geräten auf Stufe 4 mit 450 m3/h könnte eine Verdoppelung der Luftwechselrate auf 4,6 h-1 erzielt werden. Da nach Angaben des Umweltbundesamtes ein dreifacher Luftwechsel pro Stunde erfolgen sollte, würde dies die Anforderungen erfüllen [16]. Daher sollte der Luftreiniger entsprechend seinem Volumenstrom für den gewünschten Raum ausgewählt und ggf. der Einsatz mehrerer Luftreiniger in Betracht gezogen werden, um die Luftwechselrate entsprechend erhöhen zu können.

Fazit

Als Fazit der Mess-Szenarien lässt sich feststellen, dass durch den Einsatz des Luftreinigers die Anreicherung von Partikeln im Raum verlangsamt werden konnte. So war die Anreicherung in Szenario 1 ohne Luftreiniger stärker als in den Szenarien 2, 3 und 6. Der Luftreiniger sollte nach Herstellerangaben im Dauerbetreib verwendet werden. Dabei soll er während des Unterrichts auf Stufe 4 (Volumenstrom: 450 m3/h, Lautstärke: 35 dB(A)) und über Nacht bei Stufe 7 (Volumenstrom: 800 m3/h, Lautstärke: 45 dB(A)) eingesetzt werden. Während der Versuche konnte keine wahrnehmbare Geräuschbelastung durch den Luftreiniger im größeren Seminarraum festgestellt werden. Bei einem im Anschluss der Versuche durchgeführten einwöchigen Dauerbetrieb während des normalen Unterrichts an einer Schule wurde dies auch für den kleineren Klassenraum durch Schüler sowie Lehrende bestätigt. Somit kann theoretisch auch die Lärmbelastungsgrenze von 35 dB(A) eingehalten werden, welche ein lauteres Sprechen und dadurch eine erhöhte Virus-Freisetzung verhindern soll [14]. Geht man von einer Positionierung der infizierten Person in der Mitte des Raumes aus, so konnte in den Szenarien 3 und 4 eine um ca. 40 – 50 % verlangsamte Anreicherung festgestellt werden. Damit sollte eine Positionierung in der Mitte des Raumes angestrebt werden. In Bezug auf den Energieverbrauch lässt sich feststellen, dass der Luftreiniger auf Stufe 4 (normale Drehzahl) einen Energieverbrauch von 45 W aufweist, was vergleichbar mit der Leistung eines Leuchtmittels ist. Auf Stufe 7 (maximale Drehzahl) steigt der Energieverbrauch auf 143 W an [17]. Bei einem Betrieb von 8 h pro Tag auf Stufe 4 würden damit 360 Wh und folglich ein Verbrauch von lediglich 0,36 kWh anfallen, was in etwa 13 Cent an Energiekosten entsprechen würde. Somit spricht aus ökonomischer Sicht ebenfalls nichts gegen den Einsatz von Luftreinigern.

Vergleich von Stoß- und Querlüften

Nach aktuellen Empfehlungen des Umweltbundesamtes sollte ein dreifacher Luftwechsel pro Stunde erfolgen, um sich vor infektiösen Partikeln zu schützen. Dazu sollte während des Unterrichts alle 20 Min. mit weit offenen Fenstern stoßgelüftet werden. Hier gilt: Je größer die Temperaturdifferenz zwischen innen und außen ist, desto effektiver ist das Lüften. Daher ist bei kalten Außentemperaturen im Winter ein Lüften von ca. 3 – 5 Min.ausreichend, wohingegen an warmen Tagen über 10 –20 Min. gelüftet werden sollte. Zusätzlich sollte nach jeder Unterrichtsstunde über die gesamte Pausendauer gelüftet werden. Wenn möglich sollten immer gegenüberliegende Fenster weit geöffnet werden, um ein Querlüften zu ermöglichen [16]. Am Versuchstag betrug die Außentemperatur etwa 8 °C und die Innenraumtemperatur 21 °C, was in einer Temperaturdifferenz von 13 °C resultiert. Durch die durchgeführten Messungen konnte gezeigt werden, dass durch das Querlüften die Partikelkonzentration schneller bzw. effizienter abgesenkt werden konnte. Durch alleiniges Stoßlüften konnte lediglich eine Verminderung um 15 – 30 % während der empfohlenen Dauer von ca. 4 Min. erzielt werden, wohingegen die Abreicherung beim Querlüften bei 37– 54 % liegt. Somit ist das Querlüften um 20 % effizienter als das Stoßlüften, weshalb dieses Prinzip angewendet werden sollte. Hierbei sollte jedoch beachtet werden, dass eventuell über einen längeren Zeitraum gelüftet werden muss, da viele Faktoren wie Temperatur, Wind, etc. den Prozess beeinflussen können. Somit konnte gezeigt werden, dass die häufigen Empfehlungen bzw. Richtlinien zum Stoßlüften allein nicht ausreichen.

Zusammenfassung

Abschließend lässt sich feststellen, dass durch den Einsatz des Luftreinigers die Anreicherung von Partikeln im Raum verlangsamt werden konnte. So konnten sich in 20 Min. zwischen 2– 60 % weniger Partikel anreichern, als es ohne Luftreiniger der Fall war. Die Luftwechselrate im Seminarraum betrug hierbei 2,3 h-1. Dabei sollte der Luftreiniger in der Mitte des Raumes platziert werden. Würde dieser Luftreiniger in einem Klassenraum mit einer Fläche von 65 m2 eingesetzt werden, könnte eine Luftwechselrate von 4,1 h-1 erzielt werden. Damit kann die Empfehlung des Umweltbundesamtes von einem dreifachen Luftwechsel pro Stunde eingehalten und durch zusätzliches Stoßlüften alle 20 Min. auf einen theoretischen Wert von 7 h-1 erhöht werden. Der Luftreiniger muss entsprechend dem Raumvolumen angepasst und ggf. der Einsatz von mehreren Luftreinigern in Betracht gezogen werden, um eine optimale Luftströmung und damit Abreicherung der Partikelkonzentration zu ermöglichen. Ferner sollte weiterhin frei gelüftet werden, um einen Kohlenstoffdioxid-Austausch zu gewährleisten, wobei das Prinzip des Querlüftens angewendet werden sollte. Hier konnte gezeigt werden, dass Querlüften im Vergleich zum Stoßlüften eine um 20 % effizientere Verringerung der Partikelkonzentration über eine Lüftungsdauer von 4 Min. bewirken konnte. Anhand der Daten konnte gezeigt werden, dass reines Stoßlüften, wie es in den Richtlinien der Universität sowie Hochschule erlassen ist, nicht zielführend ist und daher immer quergelüftet werden sollte.

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13    H.-.M. Seipp TS. Lufthygiene in Unterrichtsräumen unter SARS-CoV-2 Bedingungen. Teil II: Aerosolkonzentrationsgradienten und Beeinflussung der thermischen Behaglichkeit durch mobile Luftreiniger (MLR). Gefahrstoffe - Reinhaltung der Luft 2021;81:135–46.

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15    Küpper M, Asbach C, Schneiderwind U et al. Testing of an Indoor Air Cleaner for Particulate Pollutants under Realistic Conditions in an Office Room. Aerosol Air Qual. Res. 2019;19:1655–65.

16    Umweltbundesamt. Richtig Lüften in Schulen. Empfehlungen des Umweltbundesamtes zu Luftaustausch und effizientem Lüften zur Reduzierung des Infektionsrisikos durch virushaltige Aerosole in Schulen. https://www.umweltbundesamt.de/richtig-lueften-in-schulen (14 April 2021, date last accessed).

Autoren
Nina Inderthal, Detlef Behrens, ­Cornelia Keck, Frank Runkel, Yameera Ganashalingam, Christian Raab, Robert Schesny, Soma Sengupta

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