VIK fordert: Eigenstromproduktion muss EEG-umlagefrei bleiben
Wettbewerbsnachteile drohen den Unternehmen mit hohem Energiebedarf bei Wegfall der „Besonderen Ausgleichsregelung"
Eine zusätzliche Belastung durch die EEG-Umlage bedroht den Bestand der industriellen Eigenstromproduktion und könnte deren Ausbau vollkommen stoppen. Zudem gefährden weitere finanzielle Belastungen der Energiekosten die internationale Wettbewerbsfähigkeit produzierender Unternehmen sowie ganzer Industriestandorte in Deutschland. Auf diese signifikanten Problemfelder weisen der Verband industrieller Kraftwerkbetreiber und großer Energiekunden (VIK) und Infraserv Höchst, Betreibergesellschaft von Industriestandorten wie dem Industriepark Höchst in Frankfurt am Main, in Zusammenhang mit der aktuellen Diskussion zur Zukunft der Eigenstromversorgung, hin.
Gerade die gekoppelte Wärme- und Stromproduktion, die die Basis der industriellen Eigenstromproduktion bildet und schon heute politisch gefördert wird, ist besonders effizient und umweltschonend. Oftmals können die ohnehin bei der Produktion entstehenden Nebenprodukte für die Eigenstromerzeugung genutzt werden. Gleichzeitig können diese Industrieanlagen den weiteren Ausbau der erneuerbaren Stromproduktion sinnvoll ergänzen. Weht der Wind und scheint die Sonne, produzieren die industriellen Eigenanlagen weniger Strom, fehlen Wind und Sonne fährt die industrielle Stromproduktion hoch. Erst dieses Zusammenspiel kann die Energiewende vorantreiben, die auch 2050 noch fast 50.000 MW planbare Kraftwerkskapazität braucht. Die Unternehmen sind bereit sich daran zu beteiligen.
Dafür darf allerdings die heute schon fragile Wirtschaftlichkeit der industriellen Eigenerzeugung nicht weiter belastet werden. Der VIK als Querschnittsverband verschiedener Branchen fordert die Politik auf, auch im neuen EEG ein fixiertes Bekenntnis zur Eigenerzeugung abzulegen.
Dazu gehört:
- Bestehende Eigenerzeugungsanlagen sowie die Modernisierung bestehender Anlagen müssen frei von Belastung durch die EEG-Umlage bleiben.
- Neue industrielle Eigenerzeugungsanlagen, die in den Unternehmen anfallende Reststoffe/Restenergien energetisch nutzen, müssen ebenfalls auch zukünftig EEG-umlagefrei bleiben.
- Neue überwiegend wärmegeführte industrielle Eigenerzeugungsanlagen zur Versorgung industrieller Prozesse bleiben auch zukünftig EEG-umlagefrei.
- Sollten andere KWK-Eigenerzeugungsanlagen in Zukunft teilweise durch die EEG-Umlage belastet werden, so muss die Belastung deutlich unterhalb der 70 % liegen, die in dem von der Bundesregierung beschlossenen Eckpunktepapier von Meseberg genannt werden.
Für die Förderung der erneuerbaren Energien sollen nach den Beschlüssen der Bundesregierung von Meseberg für selbst erzeugten Strom mindestens 9,6 €/MWh fließen. Für neue Eigenstromprojekte sieht die Bundesregierung sogar eine 70 %ige EEG-Belastung vor (aktuell 43 €/MWh). Solche Belastungen würden zu einem sofortigen Ende des Ausbaus der umweltfreundlichen Eigenstromerzeugung in den Unternehmen führen, so die Einschätzung von Barbara Minderjahn, Mitglied der VIK-Geschäftsführung, und Dr. Roland Mohr, Geschäftsführer von Infraserv Höchst. Ein in den vergangenen Jahren praktisch konstant gebliebener Anteil von rund 16 % des industriellen Strombedarfs wird heute in Eigenstromanlagen produziert und sorgen für eine CO2-Reduzierung von rund 12,5 Mio. t/a. Rund 370 Anlagen mit einer Leistung von 10.000 MW stehen dafür bereit.
Allein im Industriepark Höchst, einem der größten Forschungs- und Produktionsstandorte der chemischen und pharmazeutischen Industrie in Europa mit mehr als 90 Unternehmen und 22.000 Beschäftigten, vermeidet die Eigenstromerzeugung des Standortbetreibers Infraserv Höchst pro Jahr klimaschädliche CO2-Emissionen in einer Größenordnung von mehr als 500.000 t. Für etwa zwei Drittel dieser Gesamteinsparung sorgen die hocheffizienten Energieerzeugungsanlagen des Standortes, mit denen die Vorteile der Kraft-Wärme-Kopplung konsequent genutzt werden. So erreicht das Heizkraftwerk des Standortes in Verbindung mit den modernen Gasturbinenanlagen einen Energieausnutzungsgrad, der mit ungefähr 90 % etwa doppelt so hoch ist wie der klassischen Kondensationskraftwerke. Hinzu kommt die konsequente Nutzung der Abwärme von Entsorgungs- und Produktionsanlagen, die in die Versorgungsnetze des Standortes eingespeist werden und ebenfalls den Bedarf an fossilen Brennstoffen sowie den CO2-Ausstoß deutlich reduzieren.
Insgesamt beläuft sich der Wärmebedarf des Industrieparks Höchst auf rund 3.400 Gigawattstunden pro Jahr, was dem durchschnittlichen Jahresverbrauch von rund 174.000 Einfamilienhäusern entspricht. Der Strombedarf des Standortes liegt bei rund 1.900 Gigawattstunden - genug, um rund 630.000 Haushalte eine Jahr lang zu versorgen. „Für unsere Kunden managen wir rund 1 % des gesamten Stromaufkommens in Deutschland", erläutert Mohr. „Allein der Wegfall des Eigenstromprivilegs wäre für uns und unsere Kunden im Industriepark Höchst mit Mehrkosten in einer Größenordnung von mehr als 50 Mio. € verbunden. Eine derartige Belastung der energieintensiven Standortunternehmen, die sich allesamt im internationalen Wettbewerb behaupten müssen und unter großem Kostendruck stehen, würde deren Wettbewerbsfähigkeit nachhaltig beeinträchtigen und auch den Industriepark Höchst als attraktiven Produktionsstandort gefährden." Weitere deutliche Wettbewerbsnachteile drohen den Unternehmen mit hohem Energiebedarf bei einem Wegfall der „Besonderen Ausgleichsregelung" - hier wäre der Standort mit weiteren rund 40 Mio. € betroffen.
Schon jetzt ist für den Industrieparkbetreiber der wirtschaftliche Betrieb der hocheffizienten und umweltschonenden Energieerzeugungsanlagen am Standort nicht mehr gewährleistet. „Wir haben im Vertrauen auf verlässliche regulatorische Rahmenbedingungen in moderne Anlagen investiert und erleben aktuell durch die politisch beeinflusste Veränderung der Marktsituation eine massive Belastung", erklärt Geschäftsführer Mohr. „Es kann nicht im Sinne der politisch und gesellschaftlich gewollten Energiewende sein, dass ressourcenschonende Anlagen aus wirtschaftlichen Gründen still stehen und wir gleichzeitig durch zusätzliche Belastungen bei den Energiekosten ganzen Industriebranchen die Wettbewerbsgrundlage entziehen."
Positiv bewerten der VIK und Infraserv Höchst die jüngst von Bundeswirtschaftsministerminister Gabriel in den Raum gestellte EEG-Freistellung bestehender und modernisierter Bestandsanlagen der Eigenerzeugung. Daneben werden im Unterschied zu den in den Mesebergbeschlüssen genannten Regelungen zwischenzeitlich auch Belastungen neuer industrieller Stromeigenerzeugungsanlagen durch eine neu gestaltete Einbeziehung in die EEG-Regelung diskutiert.
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