Vernetzung geht weit über die vier Lagerwände hinaus
Digitalisierung von Chemielagern hat nichts mit Automatisierung von Lagerprozessen zu tun
Aufgrund steigender Marktanforderungen ist der Druck für Optimierung und Digitalisierung in den letzten Jahren stark gewachsen. Die Erfahrung zeigt, dass es dabei nicht reicht, sich allein auf die Prozesse innerhalb eines Lagers zu konzentrieren.
Aus dem generellen Trend in der chemischen Industrie, dass immer mehr Geschäftsbereiche von Chemieunternehmen abgespalten und an strategische oder Finanzinvestoren verkauft werden, haben sich Industrieparks mit vielen Parteien gebildet. Oft werden Logistiklager dabei von der klassischen, stark produktionsnahen Sicht innerhalb der Unternehmen abgekoppelt und bei Chemiepark-Standortbetreibern oder externen Logistikdienstleistern neu angesiedelt.
Die Anforderungen der Unternehmen an die Logistik sind je nach Produktkategorie sehr breit gefächert: von großvolumigen, kostensensitiven Basis-Chemieprodukten zu höher veredelten Spezialchemikalien, die in kleinen Verpackungen abgegeben werden, von standardisierter verpackter Ware, über Bulk-Logistik hin zu Gefahrstoffen. Dies hat dazu geführt, dass sehr unterschiedliche Reifegrade in den Chemielagern zu finden sind.
„Die Entwicklung geht hin zu Implementierungen in ganzheitlichen „Supply Chain Execution“-Projekten.“
Während das allgemeine Lagergeschäft in den letzten Jahren stärker kommodisiert wurde, beobachtet Camelot bei Gefahrstofflagern oft Kapazitätsengpässe. Durch immer höhere rechtliche Anforderungen in Bezug auf Gefahrstoffe und Gefahrgüter, Nachverfolgbarkeit und Umweltaspekte, sowie durch den größeren Wettbewerbsdruck steigen die Anforderungen an die Digitalisierung der Lager und Logistikprozesse kontinuierlich.
Digitalisierung der Lager innerhalb der vier Wände reicht nicht
In den letzten Jahren haben sich viele Optimierungsansätze für Chemielager in den vier Wänden des Lagers bewegt. Dabei wurden Prozesse und Lagertechnik automatisiert und Belegflüsse digitalisiert. Oft war dafür eine Richtungsentscheidung notwendig, ob ein Lager hoch automatisiert, dafür aber unflexibel, oder wenig automatisiert, dafür aber flexibler, sein sollte. Zum Glück haben sich neuere Trends in den letzten Jahren dahin bewegt, dass Automatisierungen und Lagerroboter besser auf wechselnde Anforderungen reagieren und reibungsloser mit Menschen zusammenarbeiten können.
Trends in Richtung IoT (Internet of Things), Smart Pallets (mit eingebauten Gewichts- und Zustandssensoren), Machine Learning (wiederkehrende Aktivitäten erlernen und automatisieren) oder das Einlesen von Papierbelegen sind Beispiele, die dazu beitragen. Trotzdem sehen wir immer wieder, dass zwar einzelne Prozesse digitalisiert sind, die zusammenhängende Sichtbarkeit und Verfolgbarkeit aber dennoch fehlt. Für die Digitalisierung eines Lagers reicht es deshalb nicht, nur das Lager selbst zu betrachten, sondern es muss ganzheitlich gedacht werden.
Chemielager eng in die Chemiestandortabläufe integrieren
Um einen reibungslosen Lagerprozessablauf an einem Chemiestandort zu ermöglichen, gehört eine enge Abstimmung der vor- und nachgelagerten Prozesse, insbesondere zu Transportplanung, Zeitfenstern, Check-in-/Check-out-Prozessen, Ladeplätzen, Sicherheits- und Gefahrgutkontrollen, Wiegeprozessen etc. Damit wird auch schnell sichtbar, dass Digitalisierungsüberlegungen über die vier Wände eines Lagers hinausgehen müssen.
Auf den Camelot-Projekten sehen wir, dass sich die Planung und Umsetzung der Projekte immer mehr von Lagerverwaltungssystem-Implementierungen hin zu ganzheitlichen „Supply Chain Execution“-Projekten entwickeln. Dabei werden Lagerverwaltungssysteme eng mit Transportmanagement-, Yard-Management- und Tracking-&-Tracing-Systemen verbunden und z. T. mit mobilen Elementen ergänzt.
Ziel ist es, einen durchgängigen digitalen Prozess zu etablieren, der die Planung und Beauftragung der Transporte durchführt, die Ankunft der Transportmittel auf der Site gleichmäßig verteilt, Check-in-/Check-out-Prozesse möglichst automatisiert (Stichwort: Self-Check-in), die Fahrer auf den Chemieparks führt und nachverfolgt (über RFID, Pager, automatische Anzeigen oder Mobiltelefone), die Verladungs-/Entladungs- und Prüfressourcen automatisch koordiniert, sowie die Eignung der Lkws, Fahrer und Ladungssicherheit basierend auf den Gefahrgutanforderungen sicherstellt und dokumentiert.
„Die Lösung liegt in einer engeren Zusammenarbeit zwischen Logistik und Supply-Chain-Planung.“
Dabei spielen sowohl Kostenoptimierungen durch automatische Prozesse und gleichmäßigere Ressourcenplanung eine Rolle wie auch Compliance-Aspekte, z.B. mit einer durchgängigen Verfolgung und Dokumentation entlang der Wertschöpfungskette. Ein wichtiger zu berücksichtigender Faktor in dieser Prozessdigitalisierung ist die Zusammenarbeit und der Informationsaustausch zwischen den verschiedenen beteiligten Parteien. Dies vor allem unter dem Gesichtspunkt, dass immer mehr Geschäftsbereiche von Chemieunternehmen abgespalten werden und verschiedene Dienstleister Logistik- und Standortservices anbieten.
Supply-Chain-Planung und Logistik rücken näher zusammen
Das eben beschriebene Szenario zeigt dabei aber auch eine große Herausforderung auf. Durch die enge Integration der Prozesse führt dies zu mehr Abhängigkeiten. Was auf der einen Seite einen positiven Aspekt hat, nämlich, dass bspw. verspätete Transporte sofort für Nachfolgeprozesse wie Lager sichtbar sind und diese Prozesse darauf reagieren können, kann auf der anderen Seite zu sehr volatilen und instabilen Prozessen führen.
Schon heute ist zu beobachten, dass viele Logistikabteilungen als regelrechte „Feuerwehr“-Abteilungen agieren und versuchen, mit den konstanten Änderungen in den Supply Chains umzugehen.
Aus Camelot-Sicht liegt die Lösung dafür in einer engeren Zusammenarbeit zwischen Logistik und Supply-Chain-Planung. Auch ist es aus unserer Sicht wichtig, die strategisch-taktische Planungsebene von der operativen Planungsebene zu entkoppeln. Basierend auf den strategisch-taktischen Planungsinformationen müssen die erwarteten Logistikvolumen abgeleitet und Anforderungen an die Prozesse dokumentiert werden. Klar definierte Supply-Chain-Segmente helfen dabei.
„Die Technik selbst ist oft nicht mehr der begrenzende Faktor für Digitalisierung.“
Eine Unterscheidung z.B. zwischen zeitkritischen und kostenkritischen Kunden-/Produkt-Segmenten erlaubt, die Supply-Chain- und Logistikprozesse sowie Kapazitäten entsprechend auszulegen. Auf der Basis dieser taktischen Auslegung können die operativen Prozesse dann so gestaltet werden, dass sie möglichst selbstregulierend und bedarfsgerecht auf Schwankungen reagieren. Strukturelle Veränderungen in den Supply-Chain-Volumen können so früh erkannt und vorausschauend eingeplant werden. Hier spielen Lagerstandorte wieder eine entscheidende Rolle. Ein Lager ist damit aber kein einzelner Standort mehr, sondern in einem Lagernetzwerk eingebettet. Für die Digitalisierung von Lagern ist dieser Netzwerk-Planungsaspekt somit ebenfalls ein wichtiger Baustein.
Klares Zielbild erlaubt schrittweise Umsetzung der Lagerdigitalisierung
Lagerdigitalisierung wird somit Teil einer integrierten Betrachtung. Wichtig ist aus unserer Sicht, ein klares Zielbild zu erstellen, das die unterschiedlichen Anforderungen und benötigten Reifegrade über eine klare Segmentierung beschreibt. Die Entwicklung des Lagernetzwerkes, der einzelnen Lager, der Partner, der Prozesse und der IT-Lösungen können dann schrittweise in die Richtung der Endvision entwickelt werden.
Die Erfahrung von Camelot hat in den letzten Jahren gezeigt, dass die Technik selbst oft nicht mehr der begrenzende Faktor für Digitalisierung ist, sondern, dass eine klare Vision für die Einbindung und Rolle der Lager in der gesamten Supply Chain und der klar beschriebene Weg dorthin den Schlüssel bilden, um Chemielager erfolgreich zu digitalisieren.
„Anforderungen an die Digitalisierung der Lager und Logistikprozesse steigen kontinuierlich.“
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