VCI Initiative Verkehrsinfrastruktur fordert neue Rheinbrücke
15.08.2016 -
Der Wirtschaftsraum rund um Köln ist einer der geschäftigsten Deutschlands. Die Verkehrsinfrastruktur weist jedoch in Europas Chemieregion Nr.1 große Mängel auf, insbesondere der Zustand und die Anzahl der Rheinbrücken werden von der Industrie kritisiert. Nun soll eine neue Rheinquerung für Entlastung sorgen. Mit einer Brücke für Straße und Schiene würde die dringend notwendige Mobilitätsbeschleunigung für die Region für Bürger und Güter erreicht und damit als Quartier und Wirtschaftsstandort eine deutliche Aufwertung ermöglicht.
Für die Chemie und Petrochemie bedeute diese Anbindung deutlich verkürzte Wege zu den Betriebs-, Lager- und Umschlagplätzen und damit insgesamt eine Entzerrung der Verkehre und Entlastung heute schon überlasteter Verkehrswege und Bauwerke, resümiert der Sprecher der VCI Initiative Verkehrsinfrastruktur, Gerd Deimel (Logistik-Experte von Lanxess). Die Industrie sei schließlich auf eine funktionierende Verkehrsinfrastruktur angewiesen, pflichtet ihm Dr. Gerd Wolter, Standortleiter von Evonik in Wesseling/Lülsdorf, bei. Eine neue Brücke von Niederkassel nach Wesseling bedeute eine Verkehrsentlastung für das ganze Rheinland. Links und rechts des Rheines könnten Unternehmen und Pendelverkehre von kürzeren Wegen und Fahrzeiten profitieren. Das sei wichtig für den Wirtschaftsstandort und die Lebensqualität in der Region. Besondere Bedeutung habe dabei die intermodale Anbindung - eine Brücke, die für Schiene und Straße nutzbar sei, meint auch der SPD-Politiker Sebastian Hartmann, der für den Rhein-Sieg-Kreis im Bundestag sitzt.
Die Ballungsraumrandzone zwischen Köln und Bonn weist eine hohe Wachstumsdynamik auf. Dies trifft sowohl für die Arbeitsplatz- als auch Einwohnerentwicklung auf beiden Seiten des Rheins zu. Eine Querung des Rheins ist aber nur mit großen Umwegen über die hoch belasteten Autobahnen A4 mit der Rodenkirchener Rheinbrücke und A565 mit der „Friedrich-Ebert-Brücke“ möglich. Eine neue Verbindung ist dringend erforderlich, die zudem eine deutlich verbesserte Flughafenanbindung für die linksrheinischen Gebiete bedeuten sowie den Chemiegürtel um Köln aufgrund der besseren Vernetzung stärken würde. Ferner würde eine Alternativroute bei Staulagen entstehen (z.B. bei Instandsetzungsarbeiten). Die Verkehrszahlen werden grob prognostiziert bei über 30.000 Fahrzeugen pro Tag liegen. Für eine weitere Rheinbrücke gibt es räumlich kaum eine Alternative.
Infrastruktur-Engpässe Nordrhein-Westfalen
Die 500 Standorte der chemisch-pharmazeutischen Industrie in Nordrhein-Westfalen haben in 2014 rund 100.000 Mitarbeiter beschäftigt. Diese erwirtschafteten einen Umsatz von gut 51,5 Mrd. EUR, mit einem Exportanteil von etwa 54%. Die Struktur der Branche ist in NRW von einem besonderen Mix aus global agierenden Großkonzernen, einem breiten Mittelstand und vielen Kleinunternehmen geprägt. Die Branchenstruktur ist insgesamt heterogen, aber mit einem deutlichen Schwerpunkt in der Grundstoff- und Petrochemie. In NRW schlägt das chemische Herz Europas und etwa 30% der deutschen Chemie sind dort ansässig. In der Chemieregion Rheinland und dem Ruhrgebiet liegen große Industrieparks wie bspw. die Chempark-Standorte in Leverkusen, Dormagen und Uerdingen sowie die Chemieparks in Knapsack und in Marl. Großkonzerne am Standort sind unter anderem Altana, Bayer, Covestro, Evonik, Henkel und Lanxess.
Unterstützt werden die über ganz NRW flächendeckend verteilten Produzenten und Verlader chemischer Güter durch zahlreiche – hauptsächlich entlang des Rheins, nah an den dortigen Chemieparks, Häfen und multimodalen Terminals, konzentrierten – Logistikdienstleister. Eine engmaschige aber gleichzeitig weitreichende Infrastruktur ist also gerade für die hier ansässigen Unternehmen, ihre Kunden und die bestehenden Wertschöpfungsketten von besonderer Bedeutung. Transport und Logistik bedeuten ein permanentes Durchqueren von Ballungsräumen: Von Nord nach Süd, von West nach Ost und umgekehrt. Insbesondere aus diesem Grund ist die Industrie auf eine funktionierende Infrastruktur angewiesen, die einen sicheren und effizienten Transport zulässt und damit die Wettbewerbsfähigkeit der Industrie am Standort langfristig erhält und stärkt. Darüber hinaus sind viele Unternehmen in umliegenden Regionen darauf angewiesen, dass die Verkehrsinfrastruktur intakt ist und ihre Güter die Industriestandorte sicher und schnell erreichen. Das besonders dichte und stark überalterte Netz der Verkehrswege, stellt dabei aktuell den Standort NRW vor besonders große Herausforderungen. (op)
VCI-Initiative Verkehrsinfrastruktur im Überblick
Seit 2014 setzt sich eine VCI-Initiative für eine systematische Ertüchtigung der Verkehrsinfrastruktur ein. Ziel der bundesweiten "Initiative Infrastruktur" ist es, dem Erhalt und der Modernisierung des Verkehrsnetzes in Deutschland politische Unterstützung zu verschaffen. Die chemische Industrie ist der zweitgrößte Auftraggeber von Transportdienstleistungen in Deutschland.
Zentrale Themen und Forderungen der Chemischen Industrie sind dabei:
- Erhalt und Ausbau der Infrastruktur für alle Verkehrsträger
- Stärkung der Komodalität
- Schaffung von zusätzlichen multimodalen Knotenpunkten (Hubs)
- Beseitigung von Engpässen
- Schaffung und Erweiterung von Güterverkehrskorridoren
- Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit des Schienengüterverkehrs
- Stärkung der Binnen(tank)schifffahrt
- Beschleunigung bei Planung, Genehmigung und Umsetzung von Baumaßnahmen
- Förderung von vernetzten Telematiksystemen
- Schaffung der Voraussetzungen für eine nachhaltige Logistik
- Bündelung von Know-how zur Infrastrukturertüchtigung in Form einer zentralen Bundes-Infrastruktur Gesellschaft
Die Verkehrsinfrastruktur ist ein wichtiger Wirtschaftsfaktor: Funktionsfähige Verkehrswege stärken die Wettbewerbsfähigkeit der Industrie. Sie ermöglichen privatwirtschaftliche Güterproduktion, dienen der Entwicklung von Region und Land und sind ein wichtiger Aspekt bei unternehmerischen Standortentscheidungen. Die zentrale Lage in Europa ist ein wesentlicher Standortvorteil des Industrielands Deutschland. Ausspielen kann es diesen Vorteil aber nur mit einer intakten Verkehrsinfrastruktur. Doch Deutschland lebt immer noch in weiten Teilen von der Substanz. Die Verkehrsinfrastruktur ist seit vielen Jahren chronisch unterfinanziert. Die nun erfassten finanziellen Aktivitäten stehen fehlenden Ressourcen für Planung, Projektierung und Umsetzung gegenüber. Das hat gravierende Folgen: Straßen sind marode, Brücken gesperrt, Schleusen störanfällig und Bahntrassen überlastet. Es fehlte zudem ein praxisorientierter Infrastrukturbericht, der Schwachstellen aufdeckt, den tatsächlichen Bedarf aufzeigt und damit der Politik als Grundlage für Investitionsentscheidungen dienen kann. Der nun vorliegende Netzzustandsbericht ist ein erster Weg in die richtige Richtung und verlangt nun das notwendige Zupacken zur Reparatur Deutschlands.
Auch über regionale Diskussionsveranstaltungen versucht die Initiative Problemfelder aufzuzeigen, Optionen zu diskutieren und zu sachgerechten und umsetzbaren Lösungsansätzen zu gelangen. Die Diskurse finden immer unter Beteiligung der Politik auf Bundes– und Landesebene, der relevanten Ministerien und Behörden sowie der betroffenen Industrievertreter und weiterer Interessengruppen statt.