Strategie & Management

Starkes Risikomanagement wichtig für Chemiebranche

Wie sich die Branche auf das “New Normal” nach der Pandemie einstellen kann

11.11.2020 - Die wesentlichen Risiken in der chemischen Industrie sind die gleichen wie vor der Krise.

Covid-19 stellt die chemische Industrie nicht nur vor wesentliche Herausforderungen, sondern rückt auch das Thema Risikomanagement verstärkt in den Vordergrund. Doch wenn wir darüber nachdenken, wie das „New Normal“ in der Branche aussehen kann, dann ist die Pandemie nur ein Faktor von vielen. Die wesentlichen Risiken in der chemischen Industrie sind die gleichen wie vor der Krise – und werden seitens der Vorstände und Aufsichtsräte kontinuierlich betrachtet und bewertet. Dazu zählen strategische Risiken wie soziale und makro­ökonomische Trends ebenso wie bestimmte Marktentwicklungen.

In einer Zeit, in der sich das Konsumentenverhalten unablässig und auf unberechenbare Weise zu ändern scheint, sind sie immer schwieriger langfristig zu bewerten und zu steuern. Daneben geraten aber auch operative Risiken in den Bereichen Forschung & Entwicklung, Personal, Lieferfähigkeit und Informationstechnologie sowie diverse Nachhaltigkeitsrisiken (z.B. Umweltschutz und Prozesssicherheit) in den Fokus der Vorstände.

Darüber hinaus muss sich die chemische Industrie vermehrt mit dem Management von alten und oft bereits abgeschriebenen Anlagen auseinandersetzen – und das in Zeiten ständig steigenden Kostendrucks. Wir erleben Industriezyklen, die von der Differenz im Wachstum von Angebot und Nachfrage wesentlich getrieben werden. Gemeinsam mit anderen Einflussfaktoren bestimmt diese Differenz sowohl die Investitionsstrategien in neue Anlagen als auch die Strategien zur Sicherstellung des Betriebs in bereits vorhandenen. Die gezielte Steuerung von Investitions- und Betriebsausgaben wird dadurch noch wichtiger.

Rolle von strategischen Partnerschaften
Wie kann die Branche mit all diesen Unsicherheiten und Unwägbarkeiten umgehen? Ein wesentlicher Faktor sind strategische Partnerschaften: Sie helfen, die Auswirkungen der derzeitigen Rezession sowie zukünftiger Wirtschaftskrisen abzumildern. Außerdem ermöglichen sie, dem Druck zu ständiger Produktinnovation standzuhalten. Zu den möglichen Partnerschaften, die zum Wachstum der Wertschöpfung beisteuern können, zählen etwa:

  • Joint Ventures mit anderen Chemie­unternehmen: Wenn Unternehmen bestimmte Ressourcen verringern oder Anlagen schließen, können Partner entsprechende Technologien und Expertisen ergänzen, um bestehende Kunden weiter zu beliefern.
  • Allianzen mit Händlern: Einige globale Chemiehändler verfügen über langjährige vertrauensvolle Kundenbeziehungen und fokussieren sich auf dieser Basis zunehmend auf  Value-Added-Support und -Services. Sie können Herstellern von Spezialchemie helfen, ihr Wachstum in gewissen Sparten und Nischen zu vergrößern und somit eine globale Präsenz zu erlangen.
  • Gemeinsame Lösungsvereinbarungen mit Anlagenherstellern und Dienstleistern: Partner dieser Art betten Produkte in ihre Gesamtlösungen ein und generieren auf diese Weise zusätzliche Geschäftsmöglichkeiten.
  • Strategische Partnerschaften mit Kunden: Starke Kundenbeziehungen erlauben es, langfristige Projekte aufzusetzen und durchzuführen, die voll auf die Bedürfnisse des Kunden zugeschnitten sind. So entstehen oftmals innovative Lösungen als Antworten auf spezifische Herausforderungen.

Diesen partnerschaftlichen Ansatz sollten Chemieunternehmen auch in anderen Bereichen anstreben, etwa dem Risikomanagement. Partner sind hier die Sachversicherer. Sie verfügen über einen breiten Datenschatz zu Schadenfällen und Risiken in den unterschiedlichsten Bereichen. Diese Daten helfen, strategischere Entscheidungen zu treffen und das Unternehmen besser gegen Risiken aller Art abzusichern.

Risikomanagement in der chemischen Industrie
Um welche Risiken und Gefahren es dabei genau geht, ist weniger die Frage. Sie sind durch die Natur der Prozesse weitgehend bekannt und Unternehmen werden durch Regulativen wie bspw. Seveso und OSHA verpflichtet, diese entsprechend zu managen. Die Mehrheit der Chemie­unternehmen greift dazu auf inte­grierte Managementsysteme zurück. Doch Ereignisse wie kürzlich die verheerende Explosion im Hafen von Beirut sind ein Weckruf, sich niemals in Sicherheit zu wiegen, sondern die diversen Prozessrisiken immer wieder aufs Neue zu bewerten und entsprechende Maßnahmen zu ergreifen. Die Großschadenereignisse aus der jüngeren Vergangenheit wie der Brand auf der Ölplattform Deepwater Horizon oder die Raffinerieexplosion in Texas City zeigen außerdem, dass die Schaffung von Corporate Memory einer der wesentlichen Bausteine für die Vermeidung von Schäden ist. Um die bestehenden Risikomanagementsysteme noch weiter zu ergänzen, können darüber hinaus Sachversicherer ihr Know-how und ihr breites Datenwissen einbringen.

Während Unternehmen sich naturgemäß ausschließlich mit ihren jeweils eigenen Risiken auseinandersetzen, verfügen wir als Versicherer über annähernd 200 Jahr­e Erfahrung mit Sachschäden in unterschiedlichsten Branchen. Wir betreiben eigene Forschung und setzen uns intensiv mit den Beiträgen von Normenausschüssen, Herstellern und anderen Organisationen auseinander. Diese breite Wissensbasis ist ein entscheidender Erfolgsfaktor.

Denn ganz grundlegend sind die Ursachen für Schadensereignisse oft auf das Versagen spezifischer Elemente des Prozesssicherheits-Management-Systems (PSM) zurückzuführen. Das zeigt eine Studie von FM Global, in deren Rahmen 232 Schadensereignisse (Schäden > 3,0 Mio. EUR) aus dem Jahr 2018 analysiert wurden. Dabei stellte sich heraus, dass sich 65 dieser Schadens­ereignisse auf Maschinenbruch zurückführen ließen. In 62 % der Fälle waren mangelnde oder fehlerhafte Instandhaltung die Ursache, in 43 % spielten außerdem mangelndes Wissen oder fehlendes Training seitens des Bedienpersonals eine Rolle.

Beide Aspekte zählen zu den zentralen operativen Risiken von Chemieunternehmen und werden entsprechend gesteuert. Doch der ständige Kostendruck, die erhöhte Auslastung der Anlagen und die Mitarbeiterfluktuation sind Faktoren, die zu Schadensereignissen führen können, deren Konsequenzen, wie etwa der Verlust von Marktanteilen und Reputation, kein Versicherer vollständig abdecken kann.

Chemieunternehmen müssen ihre Resilienz stärken
Letztlich geht es also nicht nur da­rum, sich gegen Schadensereignisse zu versichern, sondern diese durch eine Stärkung der Resilienz proaktiv zu vermeiden. Die Pandemie hat diese Herausforderung noch vergrößert. Außerdem machen sich Langzeittrends bemerkbar, etwa der demografische Wandel: Erfahrene Mitarbeiter, die über einzigartiges Wissen im Umgang mit Anlagen verfügen, gehen sukzessive in den Ruhestand. Gleichzeitig fehlt es durch den Fachkräftemangel an jungen Talenten, die die Lücken schließen. Doch auch hier können strategische Partner unterstützen: Als einer der weltweit führenden Industriesachversicherer verfügt FM Global über entsprechendes Know-how aus der Zusammenarbeit mit mehr als 100 Kunden in der Chemiebranche.

Mit 180 Experten im Bereich der chemischen Industrie, von denen etwa 50 in Europa tätig sind, unterstützen wir die Risikomanagementprozesse unserer Kunden. Wir sehen, dass im Rahmen der aktuellen Rezession bereits festgelegte Investitionsstrategien fortlaufend neu bewertet und auch Investitions- und Betriebs­ausgaben kritisch beäugt werden. Doch Einsparungen bei Themen wie der Instandhaltung, die durch das derzeitige makroökonomische Umfeld beeinflusst sind, können auch Jahre später noch negative Konsequenzen nach sich ziehen. Hier helfen wir mit unserer Erfahrung, das Risikomanagement entsprechend auszusteuern und ein gezieltes und kosteneffizientes Schadenspräventionsprogramm auszuarbeiten.

Außerdem unterstützen wir Unternehmen dabei, ihre Belegschaften für Prozessrisiken stärker zu sensibilisieren und veraltetes Wissen auf den neuesten Stand zu bringen. Durch Online- oder Präsenzschulungen erzeugen wir die für die Vermeidung von Schäden so wichtige Corporate Memory – und federn dabei die Folgen von Mitarbeiterfluktuationen effektiv ab.

Letztlich geht es jedem Chemie­unternehmen darum, die Produktion effizient und effektiv aufrechtzuerhalten und mögliche Betriebsausfälle zu minimieren. Strategische Partnerschaften, die auf dieses Ziel einzahlen, verschaffen entscheidende Wettbewerbsvorteile, die zur Sicherung der Zukunft des jeweiligen Unternehmens beitragen.

 

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„Wir erleben Industriezyklen, die von der Differenz im Wachstum von Angebot und Nachfrage wesentlich getrieben werden.“

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