The Scon, ERP-Auswahl: Geschäftsanforderungen, Prozesse und Nutzen im Fokus
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Vor der Kür „ERP-Einführung" steht für alle Unternehmen die Pflicht, die für die Unterstützung ihrer Ziele und Strategien am besten geeignete Lösung auszuwählen. Ein entscheidender Erfolgsfaktor hierfür ist das gemeinsame Verständnis aller Beteiligten über Geschäftsanforderungen, Unternehmensprozesse und das Einführungsprojekt an sich. Mit einer durchgängigen und stringenten Vorgehensweise können Systeme und Dienstleister anforderungsgerecht ausgewählt und eine Kosten-Nutzen-orientierte Umsetzung abgesichert werden.
Aus dem großen Angebot von über 130 ERP-Systemen, die von über 1.000 Dienstleistern allein in Deutschland angeboten werden, ist das „Paket" zu finden, das die Ziele und Strategien des Unternehmens am besten unterstützt und dabei ein optimales Kosten-Nutzen-Verhältnis bietet. Dass hierin eine große Herausforderung besteht, beweisen Berichte über gescheiterte Einführungen, Terminverzögerungen sowie Budgetüberschreitungen und eine Vielzahl von Gerichtsprozessen zwischen Unternehmen und Lösungspartnern.
Aufgrund der weitreichenden Auswirkungen und genannten Risiken der ERP-Entscheidung sollte der Auswahlprozess als Bestandteil des Gesamtvorhabens „Einführung eines ERP-Systems" betrachtet werden (gem. Abb. 1).
Voraussetzung für einen zielgerichteten Auswahlprozess ist ein durchgängiges Konzept für das Gesamtvorhaben. Dieses Konzept legt neben den zu automatisierenden Prozessen die Unternehmensbereiche fest, die durch die neue Lösung abgebildet werden sollen und stellt die Anforderung an Lösungsintegration und Abbildungstiefe auf. In dem Konzept werden weiter die Rahmenbedingungen für Budget, Qualitätsanforderungen und Einführungsszenario (z.B. Zeitrahmen, ggf. Roll Out-Szenarien) beschrieben. Das Konzept wird (idealerweise) im Vorfeld aus einer Geschäftsanforderung durch Ableitung und Bewertung von Handlungsalternativen erstellt und sollte immer einem kurzen „Check" bezüglich Vereinbarkeit mit Unternehmenszielen und Unternehmensstrategien unterzogen werden. Das Konzept muss durch eine geeignete Übersetzung der Vorgaben die Basis für das gemeinsame Verständnis aller am Vorhaben beteiligten bilden.
Entsprechend der Komplexität der im Konzept definierten Ziellandschaft und unter Berücksichtigung der vorgegebenen Rahmenbedingungen sind praxiserprobte Methoden, Dokumentationsvorgaben und Werkzeuge pragmatisch, aber verbindlich festzulegen. Insbesondere gilt dies für die Dokumentation der Nutzeranforderungen. Es ist zu entscheiden, ob ein vollständiges, alle Unternehmensprozesse umfassendes Lastenheft notwendig ist, oder ob ausgehend von einer eher groben Darstellung aller Kernprozesse nur die als kritisch erachteten Bereiche detailliert beschrieben werden.
In der Praxis hat sich der Einsatz von Geschäftsprozessmodellen bewährt. Ausgehend von der Prozesslandkarte, welche die abzubildenden Kerngeschäftsprozesse, Führungs- und Supportprozesse vollständig beschreibt (siehe Abb. 2), können diese entsprechend der Anforderungen in weiteren Ebenen tiefer beschrieben werden. Die Übersetzung der Unternehmensrealität in diese graphische und strukturierte Darstellung erleichtert die interne Diskussion der Anforderungen und bildet als Werkzeug zur Übersetzung zur IT-Sicht die Basis für ein gemeinsames Verständnis mit den Partnern.
Die Auswahl der Anbieter und Systeme sollte mehrstufig erfolgen. Nach einer ersten Vorauswahl grundsätzlich geeigneter Systeme, werden mit einer auf dem Lastenheft basierenden Ausschreibung Lösungsangebote eingeholt und geeignete Kandidaten für die Endauswahl ermittelt. Bei der Bewertung der Angebote ist jedoch das gemeinsame Verständnis für Leistungen und Pflichten beider Seiten sowie allgemeiner Rahmenbedingungen zu hinterfragen und ggf. herzustellen.
Im Rahmen der Endauswahl sollten die Anbieter vorgegebene Prozesse exemplarisch am System präsentieren. Hier sind die Erwartungen der Fachbereiche in ein Drehbuch zu übersetzen, das von den Anbietern einzuhalten ist. Die aufgezeigten Lösungsangebote, aber auch die Kompetenzen der Anbieter bzgl. Branchen, Abläufe und Methodik können somit leichter bewertet und verglichen werden.
Eines der häufigsten „Missverständnisse" in der Kommunikation zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer ist das Verständnis von „Fremdworten" wie „Return on Investment" (RoI) und „Total Cost of Ownership" (TCO). Während ein Anbieter sich gern hinter nicht messbaren Marketingaussagen verstecken mag, hat die Werthaltigkeit der gelieferten Leistung elementare Bedeutung und sollte zum wichtigsten Entscheidungskriterium werden.
Kosten und Nutzen fließen gleichermaßen in die Berechnung ein. Der betriebswirtschaftliche Nutzen einer Lösung ist - wenn auch nicht zu 100% vollständig - qualitativ und quantitativ darstellbar. Die Erfahrung zeigt, dass die Erwartung an den Nutzen einer Lösung mit einer hohen Sicherheit erreichbar ist, wenn die Projektziele und der Leistungsumfang an diese Erwartung adaptiert wurden. Leider werden die Kosten für Dienstleistungen aus Erfahrung oft falsch eingeschätzt. Ursachen hierfür umfassen unterschiedliche Übersetzungen von Pflichten und Leistungen im Detail über irreführenden Leistungsbeschreibungen wie „Coaching" bis hin zu elementaren Lücken in den Verträgen, die zu Budgetanpassungen führen müssen.
Während die Verhandlung von Dienstleistungen eine Abwägung von Qualität und Kosten darstellt, reduziert sich die Verhandlung von Softwarelizenzen und -wartung in der Regel allein auf den Preis. Einsparungen von bis zu 50% und mehr werden nicht realisiert, obwohl die Lizenzpreissenkung den RoI und die Wartungskostenreduzierung den TCO signifikant verbessern.
Das Vertragsmanagement und die Lizenzpreisoptimierung werden somit zum elementaren Bestandteil eines werthaltigen Auswahlprozesses.
Die Herausforderung „ERP-Auswahl" kann mit einer durchgängigen Vorgehensweise und dem gemeinsamen Verständnis aller internen und externen Beteiligten erfolgreich gemeistert werden. Zur Absicherung des Vorhabens und der geschilderten vielfältigen Übersetzungsprozesse aus der „Unternehmenswelt" in die „IT-Welt" und zurück, wird häufig auf eine externe Unterstützung in Form von Auswahlberatung zurückgegriffen. Wissen und Erfahrungen über die Anforderungen und Prozesse der Unternehmen und ihrer Branchen, eingehende Kenntnisse über Systeme und Anbieter, strikte Neutraltät und Kenntnisse über die Marktmechanismen, insbesondere im Rahmen der Vertragsgestaltung bilden die Grundlage für eine erfolgreiche Unterstützung.
Langjährige Projekterfahrungen, auf den Kunden abgestimmte, pragmatische Vorgehensweisen und eine ganzheitliche Betrachtung des Vorhabens von der Geschäftsanforderung bis zu ihrer Umsetzung, führen zu einer kosten-nutzen-optimierten Einführung - mit dem geeignetem System und dem richtigen Dienstleister.