Anlagenbau & Prozesstechnik

Raum für Wachstum

Materialfluss-Analyse mit Dominoeffekt

02.09.2015 -

Nach einer Analyse der Arbeitsabläufe stellte Peneder Businessbau fest, dass MWV Calmar zur Produktionsausweitung keinen neuen Reinraum sondern ein Kistenlager benötigte.

Wie richtig diese Empfehlung war, lässt sich seit August 2014 nicht nur in der Produktion sehen, sondern auch nachrechnen. Jedenfalls hat die Neukonzeption einen regelrechten Domino­effekt ausgelöst.
„Mit der Erweiterung haben wir gemeinsam mit Peneder Businessbau den notwendigen Raum geschaffen, um unseren eingeschlagenen Wachstumskurs auch in den nächsten Jahren weiter verfolgen zu können“, kommentiert MWV-Geschäftsführer Sven-Uwe Höhm diesen entscheidenden Schritt für sein Unternehmen. „Wir haben damit zusätzliche Produktionskapazitäten für etwa 60 Mio. Pumpen jährlich geschaffen und gleichzeitig unser Logistiksystem vollautomatisiert. Begonnen hat die Zusammenarbeit jedenfalls mit einem Workshop mit unerwartetem Resultat.
„Die Ergebnisse der Material- und Personal­flussanalyse von Peneder Businessbau waren nicht nur überraschend, sie waren auch überzeugend“, erinnert sich Höhm an die Präsentation der Workshop-Ergebnisse. Die Businessbau-Experten hatten den bisherigen Planungsansatz auf den Kopf gestellt. Bisher erzeugte MWV Calmar Produkte entsprechend den unterschiedlich strengen Hygienekriterien entweder in einem Sauber- oder in einem Reinraum. Da ein neuer Großauftrag für ein Reinraum-Produkt dessen Produktionskapazität überstieg, schien eine Erweiterung des Reinraums unausweichlich. Dass damit aber die internen Logistikabläufe nicht nur wesentlich verlangsamt, sondern auch erheblich verteuert worden wären, offenbarte erst die von Peneder Businessbau durchgeführte minutiöse Analyse von Produktionsprozessen und (Produktions-)strukturen.

Fahrerloses Transportsystem statt Verkehrschaos
Gemessen an herkömmlichen Produktionsprozessen verlangt die Erzeugung von Reinraumprodukten einen etwa achtfachen Manipula-
tionsaufwand. „Die Errichtung eines zusätzlichen Reinraumes mit den nötigen Schleusen und hochkomplexen Lagerplätzen hätte die Materialbewegungen von und ins Lager auf ein Maß erhöht, das nicht mehr zu bewältigen gewesen wäre“, skizziert Peneder Businessbau-Geschäftsführer Christian Peneder die Problematik. Ein Verkehrschaos zwischen Produktion und Lager wäre die Folge gewesen. „Tatsächlich hätte der Platz für das zusätzlich in der Warenmanipulation nötige Personal gefehlt“, präzisiert Peneder.
Den Ausweg aus diesem Dilemma brachte schließlich ein komplett neuer Planungsansatz samt moderner Logistiklösung: Statt der Errichtung eines zusätzlichen Reinraums wurde der bestehende Sauberraum zu einem Reinraum aufgerüstet. Damit sind zwar die Hygienestandards für viele Sauberraum-Produkte übererfüllt. Die Erhöhung der Produktionskapazitäten konnte mit der vorhandenen Anlage und der Anschaffung einer einzigen neuen Maschine sowie bei optimaler Auslastung der vorhandenen Infrastruktur erreicht werden. Neu errichtet wurde hingegen ein vollautomatisches als Sauberraum ausgelegtes Kistenlager mit fahrerlosem Transportsystem, das nunmehr die Produktion ver- und entsorgt.

Bauen nach dem Zwiebelschalenprinzip
Erst mit der Errichtung des neuen Kisten­lagers, welches eine saubere Lagerung sowie einen vollautomatisierten Materialfluss erlaubt, war die entscheidende Basis sowohl für die signifikante Erhöhung der Produktionskapazität als auch der Prozessqualität geschaffen. Seither verkürzt das neue Logistiksystem die Wege zwischen Spritzguss und Montage, während gleichzeitig die Lagerzugriffe deutlich erhöht werden. Im nach dem Zwiebelschalenprinzip konzipierten Betriebsgebäude werden die strengen Hygienekriterien in der Health­care-Branche problemlos erfüllt.
Die für Reinräume vorgeschriebene geringe Partikelbelastung wird durch Überdruck erzeugt, die das Eindringen verschmutzter Luft von außen verhindert. „Während dieser Überdruck üblicherweise durch eine Fixdruckmessung stabilisiert wird, setzen wir auf eine Differenzdruckmessung“, erklärt Peneder das Grundprinzip des energiesparenden Alternativ­konzepts. Schon alleine aus Kostengründen ist es besonders wichtig, die Druck­unterschiede zwischen den fünf Produktionsabschnitten möglichst gering zu halten. So wird der Überdruck, der schon beim Einschleusen des Ausgangsmaterials an der äußersten Gebäude­hülle erzeugt wird, bis zum Reinraum kontinuierlich erhöht. Dafür wird permanent der Luftdruck außerhalb des Gebäudes gemessen und der nötige Überdruck in den einzelnen, durch Schleusen getrennten Produktionsabschnitten mit Ventilatoren erzeugt.

Dominoeffekt halbiert Energiekosten
Jede Veränderung des an der Außenwand des MWV-Gebäudes gemessenen Luftdrucks löst im Inneren buchstäblich einen Domino­effekt aus. Automatisch wird dann der Luftdruck in allen Produktionsbereichen an den neuen Messwert angepasst. Weil eine Verdoppelung des Luftdrucks eine Vervierfachung des Energieaufwandes nach sich zieht, ist das Einsparungspotenzial enorm. „Die dynamische Steuerung mittels Überdruckmessung hat die Energiekosten der Lüftungsanlage halbiert“, zieht MWV-Geschäftsführer Sven-Uwe Höhm zufrieden Bilanz. Neben den positiven Auswirkungen auf die Energiebilanz sorgen die geringen Druckunterschiede zwischen den Produk­tionsbereichen auch noch für eine zweite höchst willkommene Folgeerscheinung: Sie verhindern störenden Luftzug, wenn die Schleusen zwischen Produktionsabschnitten geöffnet werden
Jetzt ermöglicht das hochmoderne, etwa 1.000 m2 große Lager mit 10.000 Kisten eine vollautomatisierte Bereitstellung sowie eine lückenlose Kontrolle des Materialflusses. Für die Fördertechnik zwischen Produktion, Kistenlager, Umpackraum und Hochregallager hat Peneder Businessbau Netzwerkpartner aus den Bereichen Engineering, Logistik und Programmierung engagiert. „Durch diese Kooperation waren wir in der Lage, den betriebsfertigen Busi­nessbau und das Logistiksystem samt Fördertechnik und Regalbediengeräten als Komplettpaket nach nur 12 Monaten und aus einer Hand an den Bauherren zu übergeben“, freut sich Peneder. Dabei sollte eine baulogistische Zusatzaufgabe, die es zu bewältigen gab, nicht unerwähnt bleiben: Während der gesamten Bauphase musste eine störungsfreie Produktion, sowie ein ungehinderter Warenein- und -ausgang garantiert sein.