Prozess-TOC-Analyse in der chemischen Industrie
Alles unter Kontrolle – vom Reinstwasser bis zum Abwasser
Wasser ist eines der meistverwendeten Betriebsmittel in der chemischen Industrie. Man nutzt es als Energieträger zum Heizen oder Kühlen, als Lösemittel, Prozesswasser, Spülwasser und für vieles mehr. In vielen dieser industriellen Anwendungen muss das verwendete Wasser überwacht werden.
Für derartige Überwachungen hat sich der Parameter TOC (total organic carbon = gesamter organischer Kohlenstoff) etabliert. Der Summenparameter beschreibt in einem Analysenwert die gesamte Verunreinigung durch organische Komponenten in seiner Matrix. Er lässt sich nicht nur im Labor analysieren, sondern auch im Prozess online bestimmen. Dadurch wird der TOC zu einem vielseitigen und universellen Überwachungsparameter.
TOC – der Parameter zur Wasserüberwachung
In den meisten Wässern sind Verunreinigungen jeglicher Art unerwünscht oder müssen überwacht werden, um einen Grenzwert nicht zu überschreiten. Um den Grad von Verunreinigungen zu überprüfen, wird die Probe analysiert. Die größte aller Stoffgruppen, die der organischen Verbindungen, lässt sich mit einem Parameter erfassen: dem TOC.
Bei der meistverwendeten Analysenmethode zur Bestimmung des TOC wird die Probe zunächst mit einer Mineralsäure (meistens HCl) angesäuert. Hierbei werden die vorhandenen anorganischen Kohlenstoffverbindungen, wie Carbonate und Hydrogencarbonate, zu Kohlendioxid umgesetzt. Mit einem Spülgas wird die Probe von dem entstehenden Kohlendioxid befreit. Ein Aliquot der vorbereiteten Probe wird anschließend auf einen heißen Katalysator injiziert. Die enthaltenen organischen Verbindungen werden zu Kohlendioxid umgesetzt und mit einem Trägergas zu einem NDIR-Detektor befördert, der die Menge an Kohlendioxid erkennt.
Diese Art der Bestimmung des TOC ist matrixunabhängig und sensitiv (nachweisstark); zudem werden nur wenige Reagenzien (nur eine Mineralsäure) benötigt und die Analyse dauert nur ein paar Minuten. Darüber hinaus lässt sich die Messung nicht nur im Labor durchführen, sondern auch einfach und robust „online“ im Prozess. Das ist vor allem in Prozessen wichtig, in denen eine Veränderung eines Wassers schnell und engmaschig erfasst werden soll, wie bspw. in der chemischen Industrie.
Der Online-Analysator
Um TOC-Messungen online durchzuführen, werden verschiedene Anforderungen an den entsprechenden Analysator gestellt. Zunächst muss er an den jeweiligen Wasserstrom angeschlossen werden. Jede Messstelle ist anders, daher muss die Probenanbindung individuell sein. Außerdem ist jedes Wasser anders, daher sollte die Probenentnahme zuverlässig sein. Das Analysensystem wird in der Regel an eine Fernwarte angeschlossen, um die Messwerte, aber auch Status- und Alarmsignale schnellstmöglich zu erfassen. Daher muss es über geeignete Kommunikationsmittel verfügen. Da der Online-Analysator zumeist rund um die Uhr eingesetzt wird, soll dieser möglichst autark und wartungsarm arbeiten.
Der TOC-4200 von Shimadzu erfüllt genau diese Anforderungen. Es stehen unterschiedliche Probenehmer zur Verfügung, die sich individuell an die Messstelle anpassen lassen. Das System erledigt die Probenvorbereitung, d.h. das Ansäuern und Ausgasen, sowie die Analyse vollautomatisch. Das Gerät arbeitet mit einem Platinkatalysator bei einer Temperatur von 680 °C. Damit liegt die Verbrennungstemperatur unterhalb der Schmelzpunkte der gängigen Salze, wie etwa Natriumchlorid.
In der Software kann eine Kontrollprobe definiert werden, um das System und die Kalibrierung zu überprüfen. Zudem kann das Gerät bei Abweichungen automatisch eine Kalibrierung durchführen. Nicht zuletzt verfügt der TOC-4200 über eine automatische Verdünnungsfunktion für die Proben. Insgesamt sind das alles Funktionen, die die Verfügbarkeit des Systems erhöhen und den Wartungsaufwand verringern. Zur Datenübertragung an die Leitwarte stehen unterschiedliche Kommunikationsmittel (z.B. 4…20 mA, Modbus o.Ä.) zur Verfügung.
Anwendungen in der chemischen Industrie
- Kontrolle der Abwasserströme
In der chemischen Industrie entstehen große Mengen an Abwasser, die gereinigt werden müssen. Dazu werden oftmals standorteigene Abwasserreinigungsanlagen betrieben. Um die biologische Reinigungsstufe dieser Anlagen vor zu hoher Fracht zu schützen, werden die Einläufe mit TOC-Prozessanalysatoren sorgfältig überwacht. Denn hohe Konzentrationen organischer Fracht können die Biologie der Anlage empfindlich stören oder sogar abtöten. An großen Chemiestandorten, wie bspw. Chemieparks, werden die Abwasserströme einzelner Betriebe überwacht, um einen Havariefall schnell erkennen zu können, aber auch um die anfallende Abwasserreinigungsgebühr zu ermitteln.
Die Reinigungseffizienz solcher Abwasserreinigungsanlagen muss ebenfalls überwacht werden. So wird der Ablauf einer Kläranlage auch mittels Prozess-TOC überwacht. Da viele Chemieunternehmen an Fließgewässern angesiedelt sind, wird das gereinigte Wasser in die Flüsse geleitet. Da sind sehr sensible Stellen, an denen zum Umweltschutz der Einleitewert überwacht werden muss – auch hier dient der TOC dazu, Fließgewässer zu schützen.
- Kontrolle von Wasser zur Energiegewinnung
Wasserdampf ist ein wichtiger Energieträger in der chemischen Industrie. Er wird zum Beheizen von Reaktoren verwendet und ist manchmal sogar Teil des Herstellungsprozesses. Zum Teil wird er zur Stromerzeugung verwendet. Verunreinigungen in dem zur Dampfgewinnung verwendeten Wasser können negative Auswirkungen auf die Anlage haben: Neben anorganischen Stoffen wie Salzen können auch organische Verunreinigungen Schaden verursachen. Bei der Dampferzeugung werden einige organische Substanzen zersetzt. Durch die Zersetzungsprodukte, z.B. organische Säuren, kommt es zu einer erhöhten Korrosion an Anlagenteilen wie Wärmetauschern oder an der Beschaufelung von Dampfturbinen. Zum Schutz der Anlagenteile im Dampf-Kondensat-Kreislauf wird die TOC-Konzentration sorgfältig überwacht.
- Kontrolle von Kühlwasser
Für die Kühlung vieler Prozesse werden zusätzliche Kühlkreisläufe betrieben. Die hierfür verwendeten Kühltürme mit ihren großen Wassermengen stellen im Gegensatz zu den geschlossenen Dampf-Wasser-Kreisläufen ein offenes System dar. Von außen wirken verschiedenste Umwelteinflüsse auf die Wasserqualität des sogenannten Rückkühlwassers. Mancherorts wird aber auch Wasser aus den Fließgewässern zur Kühlung verwendet. Dieses wird meist aufbereitet und durch Wärmetauscher zum Kühlen gepumpt. Anschließend wird es zurückgeleitet. Um die Undichtigkeit eines Kühlsystems schnell zu erkennen und um die Umwelt vor austretenden organischen Schadstoffen zu schützen, werden auch hier TOC-Prozessanalysatoren eingesetzt.
- Kontrolle von Oberflächenwasser
Große Teile der Industrieflächen sind versiegelt. Kommt es beim Ab- oder Beladen zur Havarie oder zu einem Unfall, können verschiedenste Stoffe austreten, die mit dem Regenwasser in die Kanalisation gelangen. So erreichen sie entweder die standorteigene Kläranlage oder über ein weiteres Netz die kommunale Kläranlage – im schlimmsten Fall gelangen sie über Fließgewässer in die Umwelt. Auch in diesem Bereich werden häufig TOC-Messungen online durchgeführt.
Der TOC eigent sich, um Veränderungen in Wasserströmen schnell zu erfassen. Für eine engmaschige Überwachung kann insbesondere die Onlinemessung eingesetzt werden. Dazu werden autarke und wartungsarme Prozessanalysensysteme entwickelt, die maßgeschneidert an die jeweilige Messstelle angebunden werden können. Die Einsatzgebiete für diese Analytik sind in der chemischen Industrie vielfältig: ob Abwasser, Niederschlagswasser, Kondensat, Reinstwasser oder Kühlwasser. Dies dient sowohl dem Umwelt- als auch dem Anlagenschutz.
Autor:
Sascha Hupach, TOC-Spezialist, Shimadzu Deutschland