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Produktschutzversicherung: Neue Klausel Betriebsschließung nach IfSG

Lebensmittelsicherheit als Produzentenpflicht

16.05.2011 -

Produktrückrufe bei Lebensmitteln, Arzneimitteln oder Produkten für die Chemie- und Life-Science Industrie verursachen meist weitreichende Folgen, sowohl für Verbraucher als auch für Händler und Produzenten. Lebensmitelproduzenten obliegt hier eine besondere Verantwortung. Ein Beispiel:
Januar 2010, Listerien in zwei Käsesorten - ein Discounter ruft die Produkte mit deutlich erhöhten Listerienwerten öffentlich zurück. Zuvor hatte die Europäische Union über ihr Frühwarnsystem vor den mit dem darmpathogenen Erreger infizierten Produkten aus Österreich gewarnt. Wenige Wochen später warnt der Discounter nochmals eindringlich vor dem Verzehr des Käses, weil mittlerweile zahlreiche Todesfälle mit den beiden Käsesorten in Zusammenhang gebracht werden konnten. Die Österreichische Agentur für Gesundheits- und Ernährungssicherheit hatte durch die aufwendige Überprüfung von Einkaufszetteln den Zusammenhang zwischen dem Käse und den Todesfällen herstellen können. 

Beispiele wie diese zeigen, dass - gerade bei mikrobiellen Kontaminationen - die Eingrenzung von Schadenursachen oft schwierig und langwierig ist. Vielfach sind diese Erreger geruchs- und geschmacksneutral und bis zum Ausbruch der Infektion können Wochen vergehen. Lebensmittel produzierende Unternehmen stehen hier in der Pflicht und dürfen nur sichere, also gesundheitsunschädliche Produkte in den Verkehr bringen. Trotz Einhaltung bester Hygiene- und Qualitätsmanagementmaßnahmen steigt die Zahl der jährlichen Rückrufe von gesundheitsgefährdenden Lebensmitteln kontinuierlich. Die Ursachen sind neben Kennzeichnungsmängeln vor allem physikalischer, chemischer oder mikrobieller Art. [2] Dinzen, W., Nassau Maklerinfo Nr. 9, März 2011.
Kommt es - wie in dem geschilderten Fall - gar zu Todesfällen, verliert der Verbraucher rasch das Vertrauen in das zurückrufende Unternehmen. 

Produktschutz: kleine und mittelständische Unternehmen besonders gefährdet

Neben den Rückrufkosten sind die Firmen häufig durch Umsatzeinbrüche in ihrer Existenz gefährdet. Gerade kleinere oder mittelständische Produzenten sind jedoch meist nur gegen haftpflichtrechtliche Ansprüche von Dritten versichert, allenfalls ist noch eine Rückrufkostenversicherung vorhanden. 

Dass auch die eigene Bilanz in Form von sogenannten Produktschutzversicherungen abgesichert werden kann, ist selten bekannt. Die Produktschutzversicherung bietet Schutz für versehentlich entstandene Produktmängel und für Produktmanipulationen. 

Sind gesundheitsgefährdende Produkte in den Verkehr gelangt, werden die Kosten des Rückrufs ersetzt, sei es ein selbst durchgeführter Rückruf oder der eines Dritten, also etwa des Handels. Außerdem bietet diese Versicherung Ersatz für entgangene Gewinne sowie für umsonst aufgewendete Herstellungskosten, Mehrkosten zur Wiederherstellung der Produkte und des - wegen Auslistung oder Verlust des Verbrauchervertrauens vielfach als Folge eines Rückrufs eintretenden - künftig entgehenden Gewinns. Zur Überwindung des Umsatzrückgangs werden auch Kosten von Werbemaßnahmen erstattet. [3] Dinzen, W., Nassau Maklerinfo Nr. 9, März 2011. 

Dieser Versicherungsschutz ist durch speziell zu vereinbarende Klauseln erweiterbar, wie etwa um den Versicherungsfall einer negativen Medienberichterstattung zu einem Produkt des Versicherungsnehmers, obwohl mit dem Produkt alles in Ordnung ist. Man erinnert sich hier an den Fall eines Groß-Konditors, in welchem der Tod eines Mädchens fälschlicherweise dem Verzehr einer Torte des Herstellers zugeschrieben wurde. Eine weitere Klausel bietet bereits Schutz, wenn lediglich eine behördlich festgestellte Ungeeignetheit zum Verzehr des Lebensmittels vorliegt, das Lebensmittel also noch gar nicht die Gesundheit gefährdet. [4] Güß, E., AssCompact 10/2007. 

Nassau Betriebsschließung - neue Klausel im Produktschutz

Neu im Produktschutzmarkt ist die Möglichkeit, Unternehmen im Rahmen einer Produktschutzversicherung mit einer neuen Klausel „Nassau Betriebsschließung" gegen behördliche Anordnungen nach dem Infektionsschutzgesetz (IfSG) abzusichern. Das IfSG dient dem Schutz des Menschen vor übertragbaren Krankheiten. H5N1, Salmonellen oder das Noro-Virus sind besonders gefährliche Erreger, die sich epidemisch ausbreiten können. Bereits beim Verdacht des Auftretens solcher Erreger kann die Behörde zur Vorbeugung, zur frühzeitigen Erkennung von Infektionen sowie zur Verhinderung der Weiterverbreitung eingreifende Maßnahmen anordnen. 

Fälle behördlich angeordneter Betriebsschließungen, Tätigkeitsverbote gegenüber infizierten Mitarbeitern oder Anordnungen zur Vernichtung, Desinfektion oder Wiederbrauchbarmachung von befallenen Waren können beim betroffenen Unternehmen deutliche Schäden und Kosten verursachen. 

Die neue Klausel stellt eine folgerichtige Erweiterung der Produktschutzversicherung dar, die den Schutz des Unternehmens bei mangelhaften Produkten im Fokus hat, sofern der Mangel eine hinreichend wahrscheinliche Gesundheitsgefahr birgt. Die Klausel „Nassau Betriebsschließung" greift jedoch schon, wenn ein bloßer Verdacht besteht, dass Produkte mit Erregern infiziert sind. Außerdem besteht Schutz, wenn die Produkte noch gar nicht betroffen sind, sondern Anordnungen ergehen, weil die Mitarbeiter erkrankt sind oder die Betriebsstätte infiziert ist. 

Ersetzt wird über diese Klausel im Fall der Betriebsschließung der Schließungsschaden, also der entgangene Gewinn der betroffenen Betriebsstätte, der Aufwand an fortlaufenden Kosten und die einer Wiedereröffnung. Wenn Anordnungen die Waren betreffen, so werden die Kosten der durchzuführenden Maßnahmen ersetzt, also etwa die Kosten der Desinfektion. Ebenso werden die Kosten der Wiederbeschaffung von vernichteten Waren übernommen. Mitarbeiter können bereits dann ein Tätigkeitsverbot erhalten, wenn sie Träger eines Erregers sind, nicht also erst, wenn sie als Ausscheider ansteckend sind. Hier werden über diese Klausel auch die Lohnfortzahlungskosten erstattet. 

Betriebsschließungsversicherung - aktuell wie nie

Ursprünglich wurde die Betriebsschließungsversicherung zu einer Zeit entwickelt, in der die Bedrohung durch „Seuchen" für die Bevölkerung noch alltäglich war. Hygiene, medizinische Versorgung und amtliche Kontrollen waren noch nicht in ausreichendem Maß gegeben. Es war existenziell notwendig, das eigene Unternehmen für Fälle behördlich angeordneter Betriebsschließungen, Tätigkeitsverboten gegenüber infizierten Mitarbeitern oder Anordnungen zur Vernichtung von befallenen Waren abzusichern. 

Moderne Untersuchungsmethoden ermöglichen heute zwar ein frühzeitigeres Erkennen von Infektionen und es gibt auch bessere Behandlungsmethoden. Verbesserungen in den Bereichen Hygiene - industriell wie privat -, bessere Aufklärung der Bevölkerung oder die Intensivierung der Lebensmittelkontrollen lassen die Bedrohung durch Infektionskrankheiten heute geringer erscheinen mit der Folge, dass zahlreiche Unternehmer keine Notwendigkeit mehr sehen, hierfür eine Versicherung abzuschließen. Dies ist ein Trugschluss. Denn internationale Reisetätigkeit und Warenbezug aus aller Welt führen zu einer Einschleppung von Krankheiten, die für die öffentliche Gesundheit vor einigen Jahren hierzulande noch nicht relevant waren. Auch die steigende Zahl von Erregern, die gegen Antibiotika Resistenzen entwickeln, bietet Grund zur Sorge. Im Jahr 2010 gab es über 300.000 Meldungen allein zu meldepflichtigen Darmkrankheiten. Spitzenreiter waren hierunter Erreger, die auch über Lebensmittel übertragen werden können. [5] Aktuelle Daten und Informationen zu Infektionskrankheiten und Public Health liefert das Robert Koch Institut.

Angesichts dieser Zahl erscheint die Versicherung von Kosten und Schäden aufgrund von behördlichen Maßnahmen im Rahmen des Infektionsschutzgesetztes als eine sinnvolle Ergänzung zur Produktschutzversicherung, denn auch heute stellen „Seuchen" eine tatsächliche Gefahr dar. 

Die als neue Sonderklausel modifizierte Betriebsschließungsversicherung ist auf Unternehmen der Lebensmittelindustrie abgestimmt, da die Deckung wahlweise auf diejenigen Krankheiten eingeschränkt werden kann, die lebensmittelrelevant sind, also auf jene Erreger, die Lebensmittel oder Trinkwasser als Infektionsvehikel nutzen. Im Rahmen der Produktschutzversicherung wird sie mit einem Sublimit angeboten. Die Möglichkeit, die Produktschutzdeckung mit einer Betriebsschließungsversicherung zu kombinieren, ist gerade für Unternehmen des Mittelstandes eine zeitgemäße Alternative zu dem Abschluss einer eigenständigen Betriebsschließungsversicherung. 

Kontakt:
Dipl.-Jur. Eva Güß
Senior Underwriter, Krisenmanagement
Nassau Versicherungen, Köln
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