Anlagenbau & Prozesstechnik

Praxistipp: Der Weg zur perfekten pH-Messung

Tipps und Tricks, die man beim Einsatz von Einstabmessketten beachten sollte

28.01.2020 - Wie Einstabmessketten für pH-Onlinemessungen richtig eingesetzt werden können, erläutert Matthias Kremer, Branchenmanager Wasser/Abwasser/Analysenmesstechnik bei Jumo.

Die Herstellung und der technische Aufbau einer klassischen elektrochemischen pH-Elek­trode mit Glasmembran mutet vielleicht veraltet oder gar alchimistisch an. Dennoch ist diese Art von pH-Sensor noch immer derjenige mit den wenigsten Einschränkungen in der Nutzung über die komplette pH-Skala von pH-2 bis pH16 (ja, es gibt auch negative pH-Werte und die Skala endet durchaus nicht bei 14).
Deshalb wird die glasbasierte pH-Elektrode weiterhin vom entsprechenden DIN-Arbeitskreis als Standard und Referenzmethode empfohlen (vgl. Arbeitsausschuß für pH-Messtechnik im Normenausschuß für Materialprüfung NMP921 der DIN). In diesem Normenausschuß werden die Normen nach DIN ISO 19260 bis 19268 bearbeitet, die sich alle mit der pH-Messung befassen.
Doch für den richtigen Einsatz dieser Einstabmessketten sind einige Punkte zu beachten.

  1. Für die Messung muss sich sowohl die Glasmembran als auch das Diaphragma in der Messlosung befinden. Die Montage muss mit einem Mindestwinkel von 10° zur Horizontalen erfolgen.
  2. Bei der Verdrahtung muss unbedingt das Eindringen von Feuchtigkeit in die Stecker vermieden werden, ansonsten ist keine Messung möglich.
  3. Der Referenzelektrolyt salzt über das Dia­phragma aus – auch aus diesem Grund sind Einstabmessketten als Verbrauchsartikel anzusehen. Je nach Verschmutzungsgrad sind unterschiedliche Diaphragmen auszuwählen.
  4. Um den Referenzelektrolyt möglichst lange gesättigt zu halten, verfugen viele Elektroden über Salzringe. Ist der Elektrolyt nicht mehr gesättigt, geht weiteres Salz dieser Salzvorlage in Losung. Bei Temperaturschwankungen können sich Kristalle im Referenzsystem bilden. Dies hat in der Regel keinen Einfluss auf die Funktionalität der Sensorik.
  5. Besonders empfindlich ist die Glasmembran der pH-Einstabmesskette. Diese ist vor Verkratzen oder sogar Bruch zu schützen. Aufgrund des standardisierten Aufbaus der Elektroden stehen viele verschiedene Armaturen für die Anpassung beim Kunden zur Verfügung.
  6. Für die Temperaturkompensation durch den Messumformer wird von diesem immer die Temperatur der Messlosung benötigt: Bei großen Temperaturschwankungen und Messungen fernab von pH 7 wird die Temperatur mit einem Widerstandsthermometer gemessen, in anderen Fällen reicht die Vorgabe eines Festwertes.
  7. Der Nullpunkt von Einstabmessketten ist der pH-Wert, bei dem der Sensor 0 mV ausgibt. Der Parameter sollte sich in einem Bereich von pH 6 bis 8 befinden. Die Ausgangsspannung der Messketten fallt idealerweise mit -59 mV/pH bei 25 °C, dies entspricht einer Steilheit von 100 %. Die Steilheit sollte mindestens 90 % betragen. Die Parameter werden nach jeder Kalibrierung angezeigt.
  8. Nullpunkt und Steilheit der Einstabmessketten variieren über die Lebenszeit. Die Messketten werden zum Zeitpunkt der Inbetriebnahme – und regelmäßig über die Lebenszeit – abgeglichen. Für die Kalibrierung müssen Pufferlosungen in geeignete Gefäße gegeben werden. Die Losungen sind nach der Kalibrierung zu verwerfen.
  9. Die Lagerzeit von Einstabmessketten ist begrenzt und erfolgt in einer mit Kaliumchloridlösung gefüllten Nasshaltekappe.
  10. Die Elektroden sind über ihre Lebenszeit sauber zu halten, die Reinigung kann mit Wasser erfolgen. Als Reinigungsmittel können Glas- oder Laborreiniger (z. B. Alkohol oder Aceton) verwendet werden. Die Reinigung des Diaphragmas verbessert das Ansprechverhalten der Messkette. Zur Reinigung kann eine Pepsin-/Salzsäurelösung Verwendung finden, diese vermindert sowohl Eiweiß- als auch Kalkbelage. Nach der Reinigung der Elektroden sind diese abzuspulen und die Funktionen mit Pufferlosungen zu prüfen. Bei feststellbaren Abweichungen sind die Messkreise zu kalibrieren.

Antimon- und Wismutelektroden
Glaselektroden sind sehr vielseitig einsetzbar. Spezielle Glassorten erweitern den Anwendungsbereich bis in den stark alkalischen Bereich oder auf flusssäurehaltige Lösungen. Dennoch sind dieser Messtechnik Grenzen gesetzt. Bei zu niedrigen pH-Werten greift Flusssäure auch das beste Glas an und auch eine robuste Glaselektrode erreicht nicht die Beständigkeit eines Metalls.
Die Antimonelektrode kann diese Bereiche extremer Anwendungsbedingungen abdecken. Es handelt sich bei dieser Elektrode um einen Stab aus Antimonmetall. Die Potenzialbildung erfolgt an der Metalloberfläche. Beim Antimon hängt das Gleichgewicht jedoch von der Hydroxidionenaktivität ab, woraus sich über das Ionenprodukt des Wassers die Wasserstoff­ionenaktivität berechnen lässt.
Antimonelektroden sind mechanisch und chemisch sehr robust. Sie eignen sich für Messungen in Flusssäure oder für die Kontrolle des pH-Wertes bei einer Kalkmilchfällung. Der Zusammenhang zwischen elektrischem Poten­zial und pH-Wert ist nicht so linear wie bei einer Glaselektrode. Auch das Halbmetall Wismut kann in Analogie zum Antimon für pH-Messungen im Bereich zwischen pH = 6 und pH = 10 eingesetzt werden. Die Messumformer für Antimon- oder Wismutelektroden müssen auf den von den Glaselektroden-Messketten abweichenden Kettennullpunkt justierbar sein.

ISFET
ISFET steht für ionenselektiver Feldeffekttransistor. Da eine Miniaturisierung von Transistoren kein Problem darstellt, sind ISFET-Elek­troden eine interessante Alternative im Bereich biologischer und medizinischer Anwendungen. Diese Sensoren unterscheiden sich weniger durch das Membranmaterial von den anderen Sensortypen, als durch ihre Konstruktion. Diese Sensoren haben sehr kleine Abmessungen, eine kurze Ansprechzeiten.
In Abhängigkeit vom Membranmaterial weisen ISFET-Elektroden eingeschränkte Messbereiche, eine schlechtere Linearität, in einigen Fällen Lichtempfindlichkeit, geringere Standzeiten und Beständigkeiten auf. Dies sind sicher einige Gründe dafür, dass ISFET-Elektroden bisher vorwiegend bei Betriebsmessungen mit Handgeräten und für Labormessungen in der Biologie und Medizin zum Einsatz kommen. Ein weiterer Nachteil der ISFET-pH-Elektroden ist, dass jede Elektrode nur mit einem spezifischen Anzeige-/Regelgerät funktioniert. Deswegen sind die ISFET-pH-Elektroden in der Regel mit gewöhnlichen pH-Metern nicht kompatibel.
Daraus folgt, dass diese Elektroden eine reduzierte Flexibilität bei den entsprechenden Prozessen bieten und durch Glaselektroden nicht ersetzbar sind. Schließlich wird auch bei der pH-Messung mit ISFET´s eine Bezugselektrode benötigt. Diese kann als herkömmliches Bezugssystem ausgeführt sein, was den Größenvorteil des ISFET´s teilweise wieder zunichtemacht.

Colorimetrie
Die einfachste Messeinrichtung besteht aus der Sonne (Tageslicht) als Lichtquelle, einen pH-Indikator und dem menschlichen Auge. Es genügt, die Wasserprobe in ein Glasgefäß (Küvette) zu füllen und eine Indikatorlösung dazu zugeben. Die Indikatorlösung besteht aus einer chemischen Substanz, die je nach pH-Wert eine unterschiedliche Farbe aufweist. Durch Vergleich der Färbung mit einer Farbskala ist der pH-Wert einfach zu bestimmen. Es ist eine beliebte Messmethode für Einzelmessungen z. B. in privaten Schwimmbecken.
Hohe Genauigkeitsansprüche kann die Colorimetrie nicht erfüllen. Der Messwert hängt u. a. vom Tageslicht und dem Farbempfinden des Anwenders ab. Je nach Indikator können die in der Probe enthaltenen Substanzen oder einfach nur durch gelöste Salze, Farbverfälschungen verursachen. Die Messbereiche überdecken häufig nur einen engen pH-Bereich.

Test-Stäbchen
Die pH-Messung mit einem Teststäbchen verläuft analog dem colorimetrischen Verfahren. Der pH-Indikator ist lediglich auf einen Kunststoffstreifen als Träger aufgetragen. Zur Messung genügt es, den Streifen in die zu prüfende Lösung zu tauchen und den pH-Wert durch Vergleich mit einer Farbskala zu bestimmen.
Durch die Kombination mehrerer Indikatoren haben Teststäbchen zum Teil recht große Messbereiche. Neben den von der Colorimetrie bekannten Problemen kann es beim Teststäbchen durch das Ausbluten des Indikators zu zusätzlichen Messabweichungen kommen. Teilweise ist der pH-Indikator deswegen chemisch an das Trägermaterial gebunden, um ein Ausbluten zu vermeiden.
Die Unsicherheiten der colorimetrischen Methoden oder der Teststäbchen ist bei weitem größer als bei den elektrochemischen Methoden. Bei Indikatorstäbchen sind im Handel Produkte erhältlich mit einer pH-Auflösung von pH = 0,5 oder schlechter.

Fotometrie
Auch die fotometrische pH-Messung arbeitet nach dem gleichen Prinzip wie die Colorime­trie. Die Messung der Farbintensität erfolgt hier jedoch mit einem Fotometer. Diese Geräte enthalten eine Lampe als Lichtquelle und ein Siliziumphotoelement als Lichtempfänger. Die fotometrische pH-Messung liefert reproduzierbarere Werte wie die Colorimetrie. Durch die größere Empfindlichkeit des Lichtempfängers ist die Auflösung der Messwerte außerdem besser. Die Messung mit einem Phenolrot­indikator ist eine im Bäderbereich sehr verbreitete Messmethode.

Fluoreszenz
Im Bereich Bio- und Pharmatechnik werden optische pH-Sensoren eingesetzt, die man auch Sensor-Spot nennt. Dabei wird ein pH-sensitiver fluoriszierender Indikatorfarbstoff in eine Polymermatrix eingebettet. Dieser Sensor-Spot wird dann mittels bestimmter Lichtquellen angeregt. Dabei werden Intensitätsänderungen zeitlich detektiert und damit auf pH-Bereiche zurückgeschlossen. Meist sind dies Einmal-Sensoren, die nach der Nutzung im Bio-Produktionsprozess vernichtet werden. Die Messung ist nur unter bestimmen Vorbedingungen und genauer Kenntnis des zu analysierenden Ausgangsstoffes möglich.

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