Partikelmorphologie mit 3D-Bildanalyse messen
Video statt Schnappschuss
Herkömmliche 2D-Bildanalysesysteme erfassen Partikel in zufälliger Ausrichtung, wodurch wichtige morphologische Merkmale unentdeckt bleiben können, z.B.:
- Ein kleines Partikel, das an einem großen Partikel haftet („Satellit“) zeigt während der Aufnahme von der Kamera weg und wird daher nicht erkannt.
- Die Länge eines länglichen Partikels kann nur dann korrekt gemessen werden, wenn die Längsachse exakt in der Bildebene ausgerichtet ist.
- Objekte mit den drei Hauptachsen Länge, Breite und Dicke (z. B. „mandelförmige“ Partikel) zeigen typischerweise nur zwei der drei Hauptrichtungen, oft sogar nur einen Mischwert.
- Das minimale Seitenverhältnis kann nur in der entsprechenden Orientierung korrekt gemessen werden.
Wie funktioniert die 3D-Partikelmessung?
Die Aufnahme von Partikelbildern aus verschiedenen Richtungen mit mehreren Kameras ist nicht praktikabel. Daher wird ein Partikelstrom zwischen einer Flächenlichtquelle und einem fest installierten Kamerasystem geleitet. Es werden bis zu 250 Bilder pro Sekunde aufgenommen, wobei jedes Partikel bis zu 30-mal in verschiedenen zufälligen Ausrichtungen erfasst wird. Das Ergebnis ist eine Videodatei mit „3D-Tracks“, die für jedes einzelne Partikel generiert werden. Von diesen 3D-Spuren werden diejenigen Einzelbilder ausgewertet, die die relevanten Informationen enthalten.
Welche zusätzlichen Messparameter bietet die 3D-Analyse?
Die herkömmliche 2D-Bildanalyse berechnet Größenverteilungen basierend auf der Breite oder Länge zufälliger Partikelprojektionen. Formparameter wie Seitenverhältnis, Zirkularität, Konvexität, Rundheit, Symmetrie usw. werden an den gleichen Partikelbildern bestimmt. Die 3D-Bildanalyse erfasst Länge und Breite an jedem Bild der 3D-Spur und liefert einzigartige Größenverteilungen, indem nur bestimmte Projektionen verwendet werden:
- 3D-Länge: der größte Längenwert
aller Partikel der 3D-Spur, - 3D-Breite: der größte Breitenwert
aller Partikel der 3D-Spur, - 3D-Dicke: der kleinste Breitenwert
aller Partikel der 3D-Spur.
Ähnlich verhält es sich mit den Formparametern: Für die Ergebnisberechnung kann der kleinste oder größte Formwert der 3D-Spur verwendet werden, die durchschnittliche Partikelform oder der Formwert der Partikelprojektion, an der Länge, Breite oder Dicke bestimmt wurde.
Typische Anwendungen der 3D-Analyse
Das 3D-Verfahren ist vor allem für Partikel interessant, die in einer bestimmten Morphologie hergestellt werden oder eine bestimmte Form haben sollen. Bisher mussten viele solcher Proben mühsam mit Messschiebern vermessen werden, oder mit aufwändigen mikroskopischen Methoden, bei denen die Partikel auf einem Träger orientiert fotografiert wurden. Diese Messaufgaben können nun mit dem Camsizer 3D in kürzerer Zeit und mit höherem Probendurchsatz gelöst werden, z.B. für die Analyse von: Extrudaten, Katalysatorstäbchen, Schleifmittel, Glaskugeln/Reflexperlen, Granulaten und Pellets, Düngemittel, Lebensmittel und Baustoffen.
Ist die 2D-Partikelanalyse jetzt obsolet?
Die 3D-Partikelanalyse ist eine sinnvolle Ergänzung zum klassischen 2D-Verfahren. Der Camsizer 3D bietet zudem die Möglichkeit der 2D-Vermessung, die dank des Zwei-Kamera-Messprinzips einen breiteren Größenbereich abdeckt und robuste und zuverlässige Werte für viele Routineanalyse- und Qualitätskontrollaufgaben liefert. Die 2D-Analyse eignet sich auch dazu, um die zeitaufwändige Korngrößenmessung mittels Siebung durch einen schnellen, automatisierten Prozess zu ersetzen.
Autor: Kai Dueffels, Applikationsspezialist, Microtrac Retsch