Optionen für ein nachhaltiges Energiesystem
Roadmap des Kopernikus-Projekts Power-to-X
Seit 2016 widmet sich das BMBF-Projekt „Power-to-X“-Technologien für die Sektorkopplung, die es ermöglichen, Energie aus erneuerbarer Stromerzeugung als Grundlage für Mobilität oder Chemieproduktion zu nutzen. Nun liegt eine erste Roadmap vor, die die verfügbaren Technologien einordnen und im Hinblick auf Nachhaltigkeit bewerten soll. Ihrem Charakter als „lebendes Dokument“ entsprechend, spart sie auch Kontroversen nicht aus.
Power-to-X-Technologien sollen dazu beitragen, einerseits neben dem Stromsektor weitere Sektoren auf die Basis erneuerbarer Quellen zu stellen und andererseits Erzeugungsspitzen in der regenerativen Stromerzeugung auszugleichen. Im „Power-to-X“-Projekt forschen 50 Einrichtungen an unterschiedlichen Technologien in diesem Kontext. Begleitet wird das Projekt von einem Roadmapping-Prozess, der die Technologien einordnen und bewerten soll. Erste Zwischenergebnisse wurden nun von einem Autorenteam unter Führung der Dechema vorgelegt. Zwar ist es insbesondere für die Berechnung fundierter Lebenszyklus-Analysen noch zu früh, doch können die Autoren in einigen Bereichen notwendige Randbedingungen wie Rohstoffverfügbarkeit oder Effizienzgerade für die untersuchten Technologien formulieren, die bei der weiteren Bearbeitung hilfreich sein werden. Gleichzeitig sparen sie auch Kontroversen nicht aus: So enthält das Dokument neben Kapiteln zur politischen Einordnung, einer Darstellung der angewandten Methoden und der vorläufigen Analyse verschiedener Anwendungen sowie einem Fazit auch ein eigenes Kapitel zu offenen Fragen, die aus der Berücksichtigung unterschiedlicher Interessen und Blickwinkel innerhalb des Projekts entstehen.
Insgesamt zeigt sich bei der vorläufigen Bewertung, dass der Zielkonflikt zwischen Wirtschaftlichkeit der Produktion und Stabilisierung des Stromnetzes je nach Produkt sehr komplex sein kann. Im Bereich synthetischer Kraftstoffe sehen die Autoren vor allem für den Schiffs- und Flugverkehr realistische Chancen für PtX-Technologien, doch stellt sich gerade bei großvolumigen Produkten schnell die Frage nach dem Standort. Neben erneuerbarem Strom werden auch CO2-Quellen und Wasser benötigt. Als CO2-Quellen kommen Direktgewinnung aus der Luft, CO2 aus Biogasanlagen oder aus Industrieprozessen in Frage. Andererseits müssen die Produkteigenschaften kompatibel sein mit der Infrastruktur und dem Folgeprozess der Anwendung. Daraus ergeben sich Randbedingungen für die Ansiedlung von PtX-Anlagen, die von der industriellen Großanlage bis zu Containerlösungen reichen können.
Ein besonderes Augenmerk liegt auf Elektrolysetechnologien, die für fast alle stofflich orientierten PtX-Verfahren den ersten Schritt der Prozesskette bilden. Vorteil der Elektrolyse: Die Prozesse können ihre elektrische Leistung in der Regel sehr dynamisch variieren. Damit lassen sie sich neben der Herstellung von Produkten auch für die Netzstabilisierung einsetzen, wenn aufgrund mangelnden Netzausbaus lokale Stromnetzengpässe auftreten. Besonders die Polymer-Elektrolyt-Membran (PEM)-Elektrolyse eignet sich für diesen Einsatz. Sie produziert Wasserstoff, der anschließend z.B. in Brennstoffzellen genutzt oder weiterverarbeitet werden kann. Als eine Option wird im Projekt auch der Transport mit flüssigen, organischen Wasserstoffträgern (LOHC) zu Tankstellen oder in Chemiebetreibe untersucht. Im Gegensatz dazu wird bei der Niedertemperatur-Elektrolyse von CO2 ein sehr CO-reiches Synthesegas hergestellt, das im Rahmen des Kopernikus-Projekts über mikrobielle Fermentation weiterverarbeitet wird. Als dritte Option steht die Hochtemperatur-Co-Elektrolyse zur Verfügung, über die unterschiedliche Synthesegas-Zusammensetzungen zugänglich sind, die entsprechend breiten Produktspektren zugänglich machen. Dazu zählen beispielsweise die Herstellung flüssiger bzw. gasförmiger Kraftstoffe und die Produktion von Grundchemikalien.
Das vorläufige Fazit dieser Roadmap: Die zukünftige Bedeutung der PtX-Technologien hängt entscheidend von der zukünftigen Entwicklung des Energiesystems ab. Das Hauptaugenmerk muss dabei auf der weiteren Defossilisierung der Stromversorgung liegen. Die Frage, ob der Einsatz von PtX-Technologien auch regulatorisch unterstützt wird, wird darüber entscheiden, ob und in welchen Anwendungen sie zum Einsatz kommen.