Anlagenbau & Prozesstechnik

Optimales Wärmemanagement

„Freezing“ und Leckagen als Hauptrisiken bei Salzschmelzen

09.09.2020 - Solarthermische Kraftwerke mit Strahlungsbündelung („concentrated solar power“, kurz „CSP“) bieten oftmals einen höheren Wirkungsgrad als Photovoltaikanlagen.

Spätestens seit dem 2019 von der EU-Kommission vorgestellten „Green Deal“, der die Klimaneutralität von 26 Mitgliedsstaaten bis zum Jahr 2050 festlegt, steigt in Europa der Bedarf nach umweltschonenden und CO2-armen Formen der Energiegewinnung. Neben anderen Methoden steht dabei die Solarenergie als wichtiger Vertreter in diesem Bereich im Fokus. Besonders solarthermische Kraftwerke mit Strahlungsbündelung („concentrated solar power“, kurz „CSP“) bieten hier oftmals einen höheren Wirkungsgrad als Photovoltaikanlagen. Um die schwankende Produktion von Strom aufgrund der wechselnden Sonnen­einstrahlung auszugleichen, werden in solchen Anlagen häufig Salzschmelzen als Wärmespeicher eingesetzt. Fällt die Temperatur der Schmelze jedoch unter einen Grenzwert von circa 228 °C, frieren konventionelle Salzverbindungen ein („Freezing“), was Leitungen blockieren kann. Bei einer zu hohen Temperatur ab circa 585 °C hingegen löst sich das Salz auf und ist als Wärmeträger nicht mehr nutzbar. Außerdem können an den Ventilen Leckagen auftreten, sodass die Effizienz sinkt und gleichzeitig ein Einfrieren der Schmelze wahrscheinlicher wird. Daher ist ein umfangreiches Wärmemanagement nötig, um eine stabile Temperatur des Salzes sicherzustellen. Dies kann durch ein Beheizungssystem, bestehend aus elek­trischen Heizmodulen, Sensoren und Kontroll­einheiten zur Stabilisierung der Temperatur der Salzschmelze an jedem Punkt in der Anlage erreicht werden.

Gesellschaftliche und politische Bewegungen haben in den letzten Jahren dazu geführt, dass in den Ländern der Europäischen Union verstärkt auf erneuerbare Energien gesetzt wird. Laut Daten des Energy Industries Council (EIC) werden im EU-Raum aktuell so viele Projekte zu erneuerbaren Energien geplant und durchgeführt wie in keiner anderen Region weltweit. Ähnliches gilt speziell für die solarthermische Erzeugung mit Strahlungsbündelung (CSP), welche sich im Gegensatz zur mittlerweile umstrittenen Windenergie durch besonders geringe Auswirkungen auf die Umwelt auszeichnet. Die European Solar Thermal Electricity Association (ESTELA) beziffert dabei die Zahl der laufenden Anlagen in Europa auf 2.385 mit weiteren 588 Anlagen in Planung. Spanien, als europäischer Pionier der Solar­thermie, arbeitet bspw. an einer neuen Gesetzgebung mit dem Ziel, bis 2024 neue Projekte auf den Weg zu bringen. Um diese Form der Energieerzeugung nachhaltig und gleichzeitig wirtschaftlich zu gestalten, bedarf es jedoch einer Optimierung der Effizienz einerseits sowie einer Minimierung von Störfaktoren im Betrieb andererseits.

Salzschmelzen als Standard-Energiespeicher
Ein wesentlicher Ansatzpunkt für eine effiziente und kostensparende Nutzung von CSP-Systemen ist dabei der im System zirkulierende Wärmeträger. Bei dem hier verwendeten Beispiel einer CSP-Anlage wird das Sonnenlicht von Spiegeln auf einen zentralen Turm hin gebündelt, der das Licht absorbiert und damit die Wärme an einen flüssigen Energieträger im Inneren des Turms weitergibt. Hier werden häufig Salzschmelzen als Medium eingesetzt, die sich aufgrund ihrer Eigenschaften gegenüber Thermalöl behaupten: Während das Öl nur bis circa 400 °C verwendet werden kann, sind Salzschmelzen bis circa 565 °C stabil. Auf diese Weise kann Dampf mit höherer Temperatur generiert werden, der sich positiv auf den Wirkungsgrad der Dampfturbine und damit auf die erzeugte Energie im Stromgenerator auswirkt. Daher haben sich seit geraumer Zeit chemische Verbindungen aus bspw.NaNO3 und KNO3 bewährt, die erst auf eine Temperatur von circa 265 °C vorgeheizt werden müssen, um zirkulieren zu können. Nachdem die Schmelze durch die Sonnenwärme im zentralen Absorber auf circa 565 °C weiter erhitzt wurde, fließt das Salz zunächst in einen Speichertank, wo es auf einer konstanten Temperatur gehalten wird. Dort kann es je nach Anlage mehrere Stunden verbleiben, um auch nachts oder bei Bewölkung Wärme bzw. Energie bereitstellen zu können. Anschließend pumpt die Anlage das Salz zu einem Dampfgenerator weiter, in dem durch die Wärme des Salzes aus Wasser Dampf entsteht. Bei diesem Vorgang kühlt das Salz ab und wird danach in den Kreislauf zurückgespeist. Der entstandene Wasserdampf wiederum betreibt eine Dampfturbine und einen Stromgenerator, der schließlich Energie erzeugt.

 

Risiken für die Anlage
Bei diesem komplexen und von sehr großen Temperaturunterschieden geprägten Prozess entstehen jedoch Schwierigkeiten, die sich einerseits auf die Effizienz und andererseits auf den Zustand der Anlage auswirken können. Auf dem Weg der Schmelze vom Dampfgenerator zurück in den zentralen Turm besteht die Gefahr, dass die Temperatur des Salzes unter einen spezifischen Grenzwert von circa 228 °C fällt und das Salz erstarrt („Freezing“). Dies bedeutet ein großes Risiko für die Anlage, da das Salz Rohre verstopfen kann und damit den Gesamtprozess stilllegt. Gleichzeitig bedarf es eines signifikanten Einsatzes von Energie, um das festgewordene Salz wieder zu verflüssigen. Dies resultiert in einer schlechteren Energiebilanz und gefährdet die Wirtschaftlichkeit der Anlage. Ein weiteres Risiko besteht darin, dass an den eingesetzten Ventilen in den Leitungen Leckagen auftreten können. Dadurch verringert sich wiederum die Temperatur der Schmelze und die Wahrscheinlichkeit des Einfrierens steigt. Der Salzverlust wirkt sich außerdem negativ auf die Effizienz der Anlage aus und es entstehen gleichzeitig Stillstandszeiten, weil die Ventile gegebenenfalls repariert werden müssen. Ebenfalls kritisch ist eine zu starke Erhitzung des Salzes: Wird eine je nach Salzschmelze variierende Grenztemperatur von circa 585 °C überschritten, löst sich das Salz auf und ist nicht mehr nutzbar.

Temperaturmanagement sorgt für stabile Zirkulation
Um diesen Problemen zu begegnen, wird durch ein Beheizungssystem die Temperatur ständig überwacht und reguliert. Dafür sind empfindliche Temperatursensoren nötig, die sowohl in den Speichertanks als auch in den Ein- und Auslass-Tanks des zentralen Turms eingesetzt werden. Für eine konstante Temperatur der Schmelze in den Speichertanks werden außerdem leistungsfähige Heizelemente benötigt: Diese Aufgabe übernehmen in der Regel zwischen sechs und acht Eintauchheizelemente, die in einem zusätzlichen Hüllrohr  montiert sind und eine Länge von jeweils circa 5 m haben. Bei den verwendeten Materialien in den Tanks muss außerdem auf Korrosionsbeständigkeit und die Eignung für hohe Temperaturen geachtet werden. Für die Hüllen der Heizelemente bietet sich hier bspw. die austenitische Eisen-Nickel-Chrom-Legierung Alloy 800 oder der Spezialstahl SS347H an. Damit stellen Temperaturen bis 600 °C keine Schwierigkeit dar, das Material ist korrosionsbeständig und auch bei tiefen Temperaturen stabil. Alternativ können medienbehaftete Teile auch mit dem Chrom-Nickel-Edelstahl AISI 347 H ausgeführt werden, der ebenfalls hohe Temperaturen toleriert und gegenüber interkristalliner Korrosion beständig ist.

Doch nicht nur in den Speichertanks ist ein umfassendes Temperaturmanagement erforderlich: Auch im Absorber-Turm müssen zahlreiche Temperatursensoren und Regler verbaut sein, um einen gleichmäßigen Fluss der Schmelze zu sichern. Damit die Temperatur auch dort konstant bleibt, werden sämtliche medienführenden Leitungen mit Hochtemperatur-Rohrheizkörpern versehen, die sich durch eine besonders kurze Erhitzungszeit auszeichnen und dank der Verwendung von Alloy 800 oder den Spezialstahl SS347H selbst hitzebeständig sind bis 982 °C. Gleichzeitig kann mit Hilfe der Regelungstechnik die Temperatur der Schmelze so gesteuert werden, dass keine lokal begrenzten Kaltzonen auftreten. Wahlweise bieten sich auch mineralisolierte Kabel an, um die Leitungen zu beheizen. Insgesamt gewährleistet das Wärmemanagement dadurch eine lückenlose Überwachung der Temperatur und somit einen reibungslosen Einsatz der Salzschmelze ohne kostspielige Stillstandszeiten und Einbußen bei der Effizienz.

 

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