Operative Exzellenz in der Pharmaindustrie
Studie: Befragung der Top 20 forschenden Arzneimittelhersteller in Europa und den USA
Stetig steigendem Kostendruck setzen immer mehr Pharmaunternehmen ein hochwirksames Mittel entgegen: die operative Exzellenz. Das ergab eine Studie der Managementberatung Porsche Consulting: Die Berater stützen das Ergebnis auf ihre Umfrage bei den Top 20 forschenden Arzneimittelherstellern in Europa und den USA.
Während 56% der Befragten operative Exzellenz zunächst nur an einzelnen Standorten forcieren, verfolgt ein Drittel der Unternehmen dieses Ziel bereits in allen Werken. 11% der Hersteller befinden sich noch in Pilotprojekten. Von operativer Exzellenz erhoffen sich drei Viertel der Befragten eine Produktivitätssteigerung bis zu 10%, ein Viertel will sogar bis zu 20% leistungsfähiger werden.
Fest steht, dass die Pharmaindustrie zügig handeln muss: „Auslaufende Patente, strenge Zulassungsbedingungen für neue Medikamente, steigende Ausgaben für Forschung und Entwicklung und der Generikawettbewerb erhöhen den Druck auf die erfolgsverwöhnte Branche immens", sagt Dirk Pfitzer, Partner bei Porsche Consulting und Experte für die Pharmaindustrie. Trotz des Flexibilitätsdrucks sehen nur 22% der Befragten strategisches Outsourcing als Lösung an, aber 89% setzen auf eine bereichsübergreifende Optimierung der Wertschöpfungskette (End-to-End Supply Chain). 67% möchten zudem das Lieferantenmanagement verbessern. „Den meisten Hersteller mangelt es weder am Erkennen des Problems, noch an Einsicht. Es hapert schlicht an der konsequenten Umsetzung der operativen Exzellenz", so Pfitzer. Zum Beispiel leiden die Hersteller unter hohen Beständen: Bulk (unverpackte Arzneimittel) liegt bei 38% der Befragten länger als 150 Tage im Lager. Auch verpackte Arzneimittel werden bei einem Viertel der Unternehmen zwischen 150 und 200 Tagen gelagert, bevor sie an Kunden ausgeliefert werden. Diese Bestände kosten die Branche Jahr für Jahr Millionen. Pfitzer: „Hohe Margen und eine gesicherte Nachfrage veranlassten die Unternehmen in den vergangenen Jahren nicht dazu, Bestände gering zu halten. Im Fokus stand die hundertprozentige Versorgung. Solange dies gewährleistet war, war die Welt in Ordnung."
Dieses kostspielige Unterfangen kann sich die Pharmaindustrie heute jedoch nicht mehr erlauben. Die Ertragssäulen bröckeln: Derzeit laufen viele Patente für margenträchtige Blockbuster aus und günstige Generikahersteller drängen auf den preisempfindlichen Markt. Die Lösung liegt in der richtigen Umsetzung operativer Exzellenz: „Mit einer übergreifenden Optimierung der End-to-End Supply Chain sind Bestandsverkleinerungen von bis zu 50% möglich", hat Dirk Pfitzer errechnet. Dass geringere Bestände zwangsläufig die Lieferbereitschaft beeinträchtigen, sei dabei ein fataler Irrtum: „Entscheidend ist, dass die Unternehmen flexibler produzieren, die Transparenz in der Lieferkette erhöhen und mit einer rollierenden Planung Woche für Woche Nachfrage und Kapazitäten aufeinander abstimmen."
Noch ein weiteres Ergebnis der Studie weist auf Umsetzungsprobleme: Die befragten Pharmaunternehmen konnten ihre Leistungsfähigkeit nur in geringem Maße verbessern. Ein Viertel der Hersteller hat die Produktivität in den vergangenen zwei Jahren nicht einmal um 5% erhöht. „Sie könnten ihre Effizienz erheblich steigern, wenn sie ihre Zulieferer nach dem Vorbild der Automobilindustrie enger einbinden würden", sagt Pfitzer. Nur etwas mehr als die Hälfte der befragten Unternehmen schließen Zielvereinbarungen mit ihren A-Lieferanten ab und weniger als die Hälfte arbeiten mit transparenten Kalkulationen (Open Book) als Beschaffungstool, um die Kosten zu senken.
Lieferantenbewertungen für B- und C-Lieferanten nutzen sogar lediglich 44% der Hersteller. Strategische Partnerschaften werden nur von etwas mehr als der Hälfte der Befragten zur Effizienzsteigerung eingegangen. Dabei ist genau das in der Pharmaindustrie besonders wichtig, da der Wechsel eines Lieferanten aufgrund der strengen Regulierungen nur unter erschwerten Bedingungen möglich ist.
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