Anlagenbau & Prozesstechnik

Moderne Wirkstoffvermittlung über Transfilm-, Rapidfilm- und Mucofilm-Technologien

25.02.2015 -

Die Pharmaindustrie befindet sich in einem ständigen Wettbewerb um neue Wirkstoffe, Patente und Kunden. Wer in dem wohl am stärksten regulierten Markt der Welt erfolgreich sein will, muss Sportsgeist mitbringen: Zielstrebigkeit, Ausdauer und Flexibilität. Die tesa Labtec GmbH ist bestens vorbereitet.

„Auf Grundlage unserer Transfilm-, Rapidfilm- und Mucofilm-Technologien bieten wir die Auftragsentwicklung und komplette Auftragsfertigung von transdermalen und topischen Wirkstoff-Pflastern sowie von orodispersiblen und bukkalen Filmen an", umschreibt Dr. Armin Breitenbach das Spektrum der tesa Labtec. Für Menschen außerhalb der Pharmabranche klingt solch ein „Feuerwerk" an Begriffen kryptisch. Wenn indes Besucher auf Fachmessen diesen Satz hören, nicken sie anerkennend. Denn er bedeutet übersetzt: Die 100-prozentige tesa Tochtergesellschaft offeriert als Partner der Pharmaindustrie in einem hochspezialisierten Nischenmarkt alles aus einer Hand - was nur wenige Unternehmen in Europa zu leisten imstande sind.

Innovative Pharma-Konzepte
Die tesa Labtec fokussiert sich unter dem Claim „Solutions for Pharma" auf die Entwicklung und Produktion von Wirkstoff-Pflastern (Transdermale Therapeutische Systeme, TTS, engl.: Transdermal Drug Delivery Systems, TDDS) und schnell löslichen oralen Filmen (Orodispersible Films, ODF).
TTS bestehen zumeist aus einer wirkstoffhaltigen Klebematrix, einer Abdeckschicht und einer abziehbaren Schutzfolie, die vor dem Aufkleben des TTS auf die Haut entfernt wird. TTS bieten insbesondere in der Schmerztherapie neue Möglichkeiten, da die benötigten Arzneimittel über die Haut in das darunter liegende Gewebe und die Blutgefäße gelangen - vergleichbar mit einer Infusion, aber ohne Verwendung einer Spritze. Weitere Vorteile: Der für Tabletten typische First-Pass-Effect (Um- und Abbau des Wirkstoffes in der Leber) entfällt. Die Arznei erreicht zuerst den Einsatzort und danach die Leber. Der Körper wird weniger belastet und die Wirksamkeit des Medikaments innerhalb des therapeutischen Fensters maximiert. Darüber hinaus lässt sich die Häufigkeit der Medikation deutlich verringern, beispielsweise durch die Verwendung von Mehrtagespflastern statt der täglichen Einnahme zahlreicher Tabletten. Exempel: tesa Labtec setzte in der Pharmabranche Akzente mit dem ersten Pflaster-Produkt zur Behandlung von Nagelpilz. Ein spezielles Lippenpflaster, basierend auf der tesa Labtec LabiPatch Technologie, erlaubt eine lokale Behandlung von Herpes.

Auf die Zunge, fertig, los!
ODF sind eine innovative Alternative zu Tabletten. Der hauchdünne Film löst sich bei Kontakt mit dem Speichel innerhalb von wenigen Sekunden auf und gibt das Arzneimittel in der Mundhöhle ab. Wasser ist zur Verabreichung nicht mehr erforderlich. Deshalb eignet sich die ODF-Technologie besonders für Menschen, die Schwierigkeiten beim Schlucken von Tabletten haben, unter anderem Kinder und Ältere.­ Beispiel: Seit mehreren Jahren arbeitet tesa Labtec erfolgreich mit dem Schweizer Partnerunternehmen Applied Pharma Research (APR) zusammen. Der Ondansetron Rapidfilm, indiziert zur Behandlung von Übelkeit und Erbrechen als Nebenwirkung einer Strahlen- bzw. Chemo­therapie, ist von tesa Labtec als weltweit erster verschreibungspflichtiger oraler Film für die Pharmaindustrie entwickelt und im Jahre 2010 behördlich zugelassen worden. Ondansetron wurde in vielen Ländern der Welt lizenziert. So vermarktet Norgine in Europa ein Produkt unter dem Markennamen Setofilm; in Kanada ist es unter Ondisolve der Firma Takeda erhältlich.
Die dritte Entwicklungssäule, der Bukkalfilm, stellt eine Weiterentwicklung der ODF dar. Wie bei einem TTS umgeht man mit der Resorption über die Mundschleimhaut ebenfalls den First-Pass-Effect. Wirksame Plasmaspiegel des Wirkstoffes werden - fast wie bei einer Injektion - in sehr kurzer Zeit erreicht, sodass sich diese Arzneiform insbesondere für die Akut-Therapie anbietet.

Tesafilme aus der Apotheke
Seit der Akquisition der Labtec Gesellschaft für technologische Forschung und Entwicklung Ende 2008 liegt ein mit vielen Meilensteinen gepflasterter Weg hinter den Spezialisten für Wirkstoff-Pflaster und schnell lösliche orale Filme. Armin Breitenbach, Director Pharmaceutical Development, und Dr. Ingo Lehrke, neben ­Joachim Suesse und Dr. Heinrich Koch einer der drei tesa Labtec Geschäftsführer, können sich noch gut daran erinnern, wie nach der tesa Jahres­pressekonferenz im März 2009 die Schlagzeilen in einigen Medien lauteten: „Jetzt klebt tesa auch auf der Zunge" und „Neue tesafilme aus der Apotheke". In der Tat war es anfangs nicht leicht, Journalisten zu erklären, weshalb der internationale Klebeband-Konzern und das kleine, aber feine Unternehmen Labtec aus dem rheinländischen Langenfeld so gut zusammenpassen. Und warum keineswegs daran gedacht ist, fortan beispielsweise mit Schmerzmitteln dotierte „Klebestreifen" unter dem Markennamen tesa in Apotheken zu verkaufen.
„Wir haben mit dem damaligen Erwerb von Labtec unsere Strategie fortgesetzt, im Industriebereich besonders ertragreiche Zukunftsmärkte zu erschließen - und hierfür relevante Kernkompetenzen zusammenzufassen. In diesem Fall ergänzen sich das Know-how aus der Polymer­chemie und Pharmazie in optimaler Weise", betonte tesa Vorstand Thomas Schlegel mehrfach in den Medien. Aktuelle Marktzahlen belegen, dass in neuartigen Darreichungsformen - als Alternative zu Tabletten und Spritzen - riesiges Potenzial steckt. 1981 wurde weltweit das erste­ wirkstoffhaltige Pflaster gegen Reiseübelkeit, Schwindel und Erbrechen zugelassen. Seitdem verzeichnet der Markt, insbesondere in Europa und Nordamerika, ein kontinuierliches Wachstum. Laut einem führenden Marktforschungs­institut betrug der weltweite Umsatz mit Transdermalen Therapeutischen Systemen rund ­
4,3 Mrd. Euro (2012). Davon entfielen 43 % auf die USA und 34 % auf Europa. Der relevante Markt für Lohnhersteller im Bereich „Business-to-Business" hat ein Volumen in Höhe von rund 1,1 Mrd. Euro.

In der Branche etabliert
Das Geschäftsmodell der tesa Labtec basiert hauptsächlich auf zwei Säulen: Auftragsentwicklung (Contract Development) und -fertigung (Contract Manufacturing). „Im Prinzip gibt es zwei Kontaktwege: Zum einen sprechen wir potenzielle Kunden direkt an oder wir präsentieren uns im Rahmen von internationalen Messen wie der CPhI Worldwide", erklärt Ingo Lehrke. „Zum anderen kommen vermehrt Partner auf tesa Labtec zu, um neue Produkte bei uns entwickeln oder fertigen zu lassen." Kürzlich hat das Unternehmen die letzte Service-Lücke zwischen der Produktentwicklung im kleinen Labormaßstab und der Großproduktion geschlossen. Am Standort Langenfeld entstand für knapp 800.000 Euro die sogenannte LabFactory. „Mit der neuen Pilotanlage können wir unseren Geschäftspartnern nun schon innerhalb der Entwicklungsphase Services in Spitzenqualität bieten - ein einzigartiger Wettbewerbsvorteil", erläutert Armin Breitenbach. Durch die Herstellung von Wirkstoff-Pflastern und oralen beziehungs­weise bukkalen Filmen ohne einen Transfer in die Produktion verkürzen sich Entwicklungszeiten. Die Risiken sinken, da kritische Prozessparameter bereits während der Produktentwicklung überprüft werden können. Zudem bietet die neue LabFactory ein Höchstmaß an Flexibilität: Sowohl die Verarbeitung von Kleinstchargen aus bis zu 1 kg Beschichtungsmasse als auch die Belieferung von Kunden für klinische Phase-II-Studien (siehe Info-Kasten) sind fortan direkt vom F&E-Standort aus möglich. Bei der offiziellen Eröffnungsveranstaltung im Rahmen eines wissenschaftlichen Symposiums waren rund 50 Repräsentanten von Unternehmen wie Bayer, Grünenthal, Sandoz und Teva anwesend.

Langer Atem erforderlich
Die 2009 in Betrieb genommene, rund 6000 m2 große Pharma-Produktion am Standort des Werkes Hamburg-Hausbruch gehört nach wie vor zu den modernsten Reinraum-Einheiten in Europa. „Sie bildet den gesamten Supply-Chain-Prozess (End-to-End) ab. Wir verfügen über neueste Klebmassen-Rührwerke und -Mischer, präzises Equipment zur Beschichtung, exakte Schneidanlagen sowie eine effiziente Konfektionierung. Darüber hinaus wird das fertige Arzneimittel an einer hoch automatisierten Sekundärverpackungsanlage veredelt", erklärt Heinrich Koch.
Parallel zu den Investitionen ist die Zusammenarbeit sowohl mit innovativen als auch auf Generika ausgerichteten Konzernen ausgeweitet worden. Doch ganz gleich, ob es tesa Labtec gelingt, den Auftrag für die Fertigung eines generischen Pharmazeutikums zu erhalten, oder das Unternehmen in die Entwicklung eines neuartigen Arzneimittels von A bis Z involviert ist: Erfolgreiche Film- und Pflaster-Karrieren erfordern einen langen Atem. Bis zu zehn Jahre kann der „Lauf" durch alle Instanzen dauern. Die knapp 100 Mitarbeiter sind bestens vorbereitet - bereits 2015 sollen weitere Produkte an den Start gehen. Denn dies ist im Vergleich zu den meisten anderen Branchen eine Besonderheit: Hat man in der Pharmaindustrie erst einmal das Rennen um einen Kunden gemacht, bleibt dieser aufgrund der enormen regulatorischen Anforderungen, die nur wenige „Player" im Markt erfüllen können, zumeist über viele Jahre hinweg ein verlässlicher Partner - sowohl im „Sparring" als auch im Wettkampf gegen die internationale Konkurrenz.

Vom Wirkstoff zum Medikament
Neue Wirkstoffe gegen Krankheiten zu finden, ist wie die Suche nach der „Nadel im Heuhaufen". Von 10.000 Hoffnungsträgern, die in den Forschungslabors der Pharmafirmen getestet werden, landet im Durchschnitt nur einer als fertiges Medikament in der Apotheke. Dazwischen liegen meist mehr als zehn Jahre. Haben Wissenschaftler einen aussichtsreichen „Kandidaten" ermittelt, werden präklinische Studien an Zellkulturen und Tieren durchgeführt. Viele Substanzen scheitern bereits an dieser Hürde, weil sie sich beispielsweise als giftig, krebserregend oder schädlich für einen Embryo erweisen. Nur Wirkstoffe, die alle Sicherheitsprüfungen bestehen, dürfen Human-Tests durchlaufen. In der sogenannten Phase-I-Studie wird eine zunächst kleine Wirkstoffmenge an 60 bis 80 gesunde Erwachsene, die sich freiwillig dafür gemeldet haben, verabreicht. In bis zu 30 aufeinanderfolgenden Studien wird untersucht, ob sich der Stoff im Körper tatsächlich so verhält, wie die präklinischen Tests vermuten lassen.Prüfung in vier Phasen
Vor jeder einzelnen Studie muss eine unabhängige Ethik-Kommission ihre Zustimmung geben. Nach erfolgreich abgeschlossener Phase I kommt die Galenik ins Spiel. Das heißt: Die Wissenschaftler tüfteln nun an der optimalen „Verpackung" für den Wirkstoff: Sollte er besser als Tablette, Kapsel, Zäpfchen, Spritze oder Pflaster verabreicht werden? In Phase II wird das potenzielle Arzneimittel an meist 100 bis 500 kranken Probanden getestet. Im Fokus steht die Wirksamkeit, optimale Dosierung und Verträglichkeit des Präparates. Das Gleiche wird in Phase III überprüft - nur diesmal an noch wesentlich mehr Patienten (bis zu mehrere Tausend). Zusätzlich wird hier auf eventuelle Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten geachtet. Auch wenn ein neues Arzneimittel alle Tests bestanden hat, darf es nicht sofort in Verkehr gebracht werden. Der Hersteller muss - entsprechend dem angestrebten Vertriebsgebiet - einen Antrag bei nationalen oder internationalen Zulassungsbehörden stellen, die ihm dann nach Prüfung aller Studienergebnisse die Genehmigung zum Verkauf erteilen. Auch danach sind Behörden und Pharmafirmen aufgefordert, das neue Medikament hinsichtlich seltener Nebenwirkungen im Auge zu behalten. In Protokollen vermerken Ärzte, wie sich das neue Arzneimittel bei ihren Patienten bewährt (Phase IV). Die Kollegen von tesa Labtec initiieren in der Regel keine eigenen Studien, sondern unterstützen Pharmafirmen, beispielsweise durch die Entwicklung und Herstellung von klinischen Mustern.

Kontakt

Tesa SE

Quickbornstr. 24
20253 Hamburg
Deutschland