Mit digitaler Projektentwicklung zu optimalen Entscheidungen
Verlässliche Daten ab der ersten Stunde
Statt Monate wie bei herkömmlichen Ansätzen beansprucht der Prozess nur wenige Wochen und bietet rechtzeitig Klarheit über mögliche Planungsvarianten. Durch die frühe Kombination von Digitalisierung und Modularisierung werden die Stärken einer digitalen Planungslogik voll ausgeschöpft.
In der Projekt-Initiierungsphase von Labor- und Bürogebäuden benötigen Bauherren zu einem sehr frühen Planungszeitpunkt eine valide Datenbasis als Entscheidungsgrundlage. In herkömmlichen Planungsprozessen werden diese Daten jedoch erst im Verlauf der ersten Leistungsphasen zusammengetragen. Anders bei der digitalen Projektentwicklung: Die gemeinsam von Drees & Sommer und dem Fachbereich „Entwerfen und Digitales Konstruieren“ der Hochschule Mainz entwickelte innovative Methode bietet viele Vorteile: Sie kombiniert die Ansätze der Digitalisierung und Modularisierung schon sehr früh, liefert eine durchgängige Abbildung des Projekts von Anfang bis zum Ende und sorgt somit für eine valide Daten- und Entscheidungsgrundlage – selbst bei komplexen Gebäudestrukturen.
Als Basis für den Planungsansatz der Modularisierung wird die parametrische Analyse und Auswertung von limitierenden Entwurfsfaktoren genutzt. Im Kern heißt das, dass die Methoden der Digitalisierung und Modularisierung miteinander verknüpft werden, welche aufeinander aufbauend ihr volles Potenzial entwickeln. Die Wertschöpfungskette umfasst dabei alle Bereiche der Planung und zieht sich von der Entscheidung zur Gebäudekubatur über eine effiziente Geschossplanung bis zur Auswertung von Flächen, Kosten und Zeiten.
Mit parametrischer Planung zur effizientesten Kubatur
Im ersten Schritt gilt es, die einschränkenden Faktoren eines möglichen Baugrundstücks zu analysieren: Dazu zählen etwa die Umgebung, die Ausrichtung und die Geometrie des Grundstücks oder auch die Vorgaben aus dem Bebauungsplan. Hinzu kommen Regelungen des Bauplanungsrechts, darunter die mögliche Geschosszahl, Grundflächenzahl (GRZ) und Geschossflächenzahl (GFZ), Gebäudeform sowie Baulinien und Baugrenzen. Dabei werden Geometrien nicht mehr gezeichnet, sondern über variable Parameter programmiert. Gleiches gilt für die Einbettung der Grundlagen der Modularen Planung: die Rasterung und Zonierung des Baukörpers.
Die Planung befasst sich zunächst mit unterschiedlichen Gebäudezonierungen und -typologien auf dem Grundstück. Das zur Verfügung stehende Tool entwickelt mit den Ausgangsdaten verschiedene Varianten in Hinblick auf unter anderem Gebäudetypologie, Größe und Form. Dadurch lässt sich, anders als in einer herkömmlichen Planung, sehr effizient eine Vielzahl unterschiedlicher Grundkörper hinsichtlich ihrer geometrischen und planerischen Randbedingungen sowie ihrer Effizienzparameter analysieren und vergleichen. Der Planungsprozess, mit dem die effizienteste Kubatur auf dem gegebenen Grundstück herausgearbeitet wird, ist dabei für den Bauherrn zu jeder Zeit transparent gestaltet. Die Methode ermöglicht zudem eine hohe Flexibilität bei Änderungen sowie eine fundierte Entscheidungsgrundlage für alternative Planungen – etwa, wenn das Verhältnis zwischen Labor- und Büroflächen nutzerspezifisch noch nicht festgelegt ist.
Ist die Entscheidung für eine mögliche Variante der Kubatur getroffen, wird diese weiter optimiert. Gebäudeparameter wie Geschossigkeit, Geschosshöhe und Regeltiefe können flexibel variiert werden. Die daraus resultierenden Kennwerte, wie Gebäudehülle, Nutzfläche, Arbeitsplätze, Stellplätze und auch Kosten stellt das Tool dabei in Echtzeit dar. Abhängigkeiten der unterschiedlichen Parameter können schnell in einer Szenarioanalyse dargestellt werden.
Ein Projektkoordinatensystem sorgt für eine regelmäßige Geometrie des Entwurfes, seiner Abmessungen und Flächen. Planungsinhalte, wie Räume und Arbeitsplätze, Fassade, Ausbau und Ausstattung oder Gebäudetechnik werden auf dieser Grundlage modular, als sich wiederholende Gleichteile geplant. Auch Flächenauswertungen, Kosten- oder Personenbelegungen können modular erfasst werden.
Nachhaltige Gebäude durch Trenn- und Wandelbarkeit
Die Modularität birgt auch Vorteile bei der Betrachtung des gesamten Lebenszyklus von Gebäuden. Module können entsprechend einem „Design for Manufacture and Assembly“ (DfMA) vorgefertigt oder vorkonfektioniert auf der Baustelle montiert, aber auch nach dem Ablauf ihrer Lebenszeit rückgebaut und ausgetauscht werden („Design for Manufacture, Assembly and Disassembly“, DfMA&DA). Das Ziel der DfMA-Methode ist es, Produkte fertigungs- und montagegerecht zu gestalten, d.h., sie so zu konstruieren, dass sie einfach, robust, prozesssicher und damit kostengünstig gefertigt werden können.
Beispiele für übliche Standzeiten sind der Rohbau mit bis zu 80 Jahren, die technische Gebäudeausrüstung (TGA) mit bis zu ca. 20 Jahren und der Innenausbau (z. B. von Büros) mit aktuell unter 10 Jahren. Diese unterschiedlichen Zeitspannen werden berücksichtigt durch die Grobunterteilung des Gesamtprojektes in Teilsysteme. In den Teilsysteme finden sich gewerkeübergreifende Planungsinhalte, die zum einen den genannten Standzeiten entsprechen, zum anderen in der Planung parallel zueinander bearbeitet werden können. Eine Projektstruktur in Form von Teilsystemen unterstützt auf diese Weise einen effizienten, parallelisierten Planungsprozess. Beispiele für Teilsysteme sind der stabile Grundausbau und der flexiblere, wandelbare Nutzerausbau.
Individueller Nutzerausbau nach „plug&work“-Vorbild
Die Standardisierung des Grundausbaus in den Geschossflächen ist dabei die Voraussetzung der Wandelbarkeit. Die Spielregeln für den Nutzerausbau wiederum werden in Restriktionsplänen, einer Art „Ausbauleitfaden“, festgelegt: Die Einrichtungsplanung kann auf der Basis von vordefinierten Bausteinen – Labor- und Büromodulen erfolgen. Durch den standardisierten Grundausbau, den modularisierten Mieterausbau und die klare Projektstruktur erreicht das Gebäude eine hohe Nutzungsflexibilität im Lebenszyklus.
Die Ausarbeitung der Einrichtungsbausteine erfolgt nach dem Vorbild des „plug&work“ zur Realisierung einer flexiblen Grundrissgestaltung. Die Fläche wird anhand eines Katalogs mit Nutzungsmodulen individuell zusammengestellt und konfiguriert. Dieser Konfigurationsprozess kann mit Hilfe eines Webtools erfolgen und in Echtzeit Kosten-, Flächen- oder Mitarbeiterauswertungen ausgeben. Das spart viele zeichnerische und rechnerische Iterationen ein.
Vor allem für die TGA ist die sorgfältige Planung der Schnittstelle zwischen Grund- und Nutzerausbau von großer Bedeutung. Projektspezifisch sind entsprechende Komponenten bereits in den Modulen des Grundausbaus vorhanden oder sie sind in den Ausbau- und Ausstattungsmodulen des Nutzerausbaus vorzusehen. Wesentlich für die modulare Planung der Gebäudetechnik ist eine Integrationsplanung der Gewerke nach Trassen-Lagen-Konzepten, um den Grundausbau möglichst konfliktfrei zu halten und so eine optimale Passung mit dem Nutzerausbau erreichen zu können.
Überführung der Daten in die BIM-Umgebung
Die digitale Projektentwicklung kann als der Schritt vor der digitalen Planungsmethode Building Information Modeling, kurz BIM, verstanden werden. Einer der Vorteile der Methode ist die frühe Integration der Daten in ein BIM-fähiges Raster. Die für BIM benötigte Informationsdichte erfolgt erst im weiteren Planungsprozess. Gleichwohl dient das entstandene Modell als direkt verwendbare Basis zur Planung in der BIM-Umgebung.
Die Erfassung der Daten im BIM-Modell ist ein wichtiger Faktor für die Planung nachhaltiger Gebäude. Welche Bauprodukte und -materialien genau eingesetzt werden, wie groß ihr ökologischer Fußabdruck ist und welchen Wert die eingesetzten Materialien haben, wird in einem sogenannten Building Circularity Passport festgehalten. Ähnlich dem Energieausweis enthält er alle relevanten Informationen zur Kreislauffähigkeit der verbauten Produkte. Verknüpft mit einem digitalen Zwilling des Gebäudes erhalten Eigentümer somit automatisch einen digitalen Plan für den späteren Rückbau.
Dieser Circularity-Ausweis erfasst dabei nahezu jede Schicht, jede Tür und jeden Balken. Um diese Menge an Informationen beherrschbar zu machen, sollen die Daten im Idealfall mit BIM verknüpft werden. Erstmals geschieht das aktuell im Düsseldorfer Holzhybrid-Bürogebäude The Cradle: Alle Informationen werden digital erfasst, sodass der Building Circularity Passport entweder direkt aus dem BIM-Modell erstellt oder einfach in den digitalen Zwilling integriert werden kann. Sämtliche Materialien werden über eine ID mit den zugehörigen Bauteilinformationen verknüpft und lassen sich somit im BIM-Modell jederzeit lokalisieren. Außerdem helfen eindeutige Ampel-Farbskalen dabei, unterschiedliche Qualitäten zu identifizieren und zu bewerten. Damit wird nicht nur der Planungs- und Bauprozess erleichtert: Wenn ein Labor- oder Produktionsgebäude am Ende seiner Nutzungszeit um- und rückgebaut wird, liegt automatisch ein digitaler Plan mit allen wichtigen Informationen vor.
Komponenten der TGA sind je nach Projekt bereits im Grundausbau vorhanden oder in den Modulen des Nutzerausbaus enthalten. © Drees & Sommer SE
Fazit
Im Unterschied zu herkömmlichen Planungsmethoden zeigt die Methode der digitalen Projektentwicklung bereits in der Projektinitiierungsphase effizient, schnell und vor allem ergebnisoffen eine Vielzahl an belastbaren Planungsvarianten auf. Abhängigkeiten der unterschiedlichen Parameter sind dabei schnell in einer Szenarioanalyse darstellbar. Durch die parametrische Gebäudeanalyse kann die effizienteste Kubatur für das spezifische Grundstück ermittelt werden. Diese Daten und der Vergleich der unterschiedlichen Szenarien helfen Bauherren, bereits in einem frühen Projektstadium eine fundierte Entscheidung über den weiteren Projektverlauf zu treffen.
Sein geplantes Gebäude kann der Bauherr nach wenigen Wochen bereits im 3D-Modell begehen (QR-Code mit dem Smartphone scannen). © Drees & Sommer SE
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