An Memosens beißt sich Zucker die Zähne aus
Substanzielle Kalk- und Energieeinsparungen in der Zuckerproduktion durch erhöhte Messstellenverfügbarkeit
Wechselarmaturen und die digitale Memosens-Sensortechnologie von Knick bewähren sich bei der pH-, Sauerstoff- und Leitfähigkeitsmessung unter Extrembedingungen.
Zucker versüßt das Leben – aber erst als Endprodukt. Zuvor strapazieren die Produktionsbedingungen und der hohe Feststoffanteil des aus den Zuckerrüben extrahierten Dicksafts die Messstellen erheblich. Insbesondere bei der Saftreinigung, der Carbonatation, setzen organische Verunreinigungen des Sirups, extreme Kalk-Belagbildung, Temperaturen bis zu 95 °C und Reinigungen mit Säure der Sensorik zu und erfordern hohen Wartungsaufwand.
Ausfallsichere pH-Wertmessung
Automatisierte Wechselarmaturen bieten bedeutende Vorteile für die Verfügbarkeit und Zuverlässigkeit der Messstellen, scheiterten jedoch lange an mangelnder Zuverlässigkeit der verfügbaren Armaturen für die pH-Sensoren: metallische Kugelhahn- oder Verschiebearmaturen saßen nach kurzer Zeit fest, Kunststoffarmaturen überstanden die mechanischen und thermischen Belastungen nicht. Zudem verkürzen die häufig erforderlichen Spülungen mit Säure die Standzeiten herkömmlicher Sensoren.
Doch eine ausfallsichere, zuverlässige pH-Wertmessung ist gleichermaßen entscheidend für den Wirkungsgrad der Zuckergewinnung wie den wirtschaftlichen Einsatz der Ressourcen: In der Zuckerproduktion fallen beträchtliche Kosten für fossile Brennstoffe und gebrannten Kalk an, der in großen Mengen zur Regelung von pH-Werten und bei der Saftreinigung benötigt wird. Da die Zuckerproduzenten den Kalk vor Ort brennen, reduziert ein niedriger Kalkverbrauch nicht nur die (erhebliche) Verschmutzung besonders der Carbonatationsanlage, sondern ermöglicht auch signifikante Energieeinsparungen.
Wenn es schmutzig wird
Weil die Zuckergewinnungsprozesse während der laufenden, ca. vier Monate andauernden Kampagne nicht unterbrochen werden können, müssen die pH-Messstellen höchste Verfügbarkeit gewährleisten. Doch wegen des schwierigen Prozessmediums haben sich Bypass-Lösungen zur Messstellenintegration als sehr problematisch erwiesen. Deshalb bedarf es geeigneter Wechselarmaturen zur pH-Messung im Hauptstrom, die den Austausch von Sensoren bei laufendem Prozess ermöglichen. Die extrem robusten und wartungsarmen Wechselarmaturen der Baureihen Ceramat und SensoGate von Knick bewähren sich seit Jahren zur Automatisierung anspruchsvoller Messstellen von deutschen Zuckerwerken.
Praktisch unzerstörbar: Ceramat
Die Prozessschleuse der Fernkalibriersonde Ceramat besteht aus einer praktisch unzerstörbaren, durch Drehung öffnenden und schließenden Aluminiumoxid-Keramik und einem korrosionsbeständigen, carbonverstärkten und unbewegten Kunststoffgehäuse aus PEEK oder PVDF. An den planen Dichtflächen der extrem harten Keramik, die für höchste Dichtigkeit sorgen, tritt selbst in abrasiven Medien kein Verschleiß auf. Die Sonde ist besonders wartungsfreundlich ausgelegt: Der pneumatische Antrieb ist bei laufendem Prozess vor Ort austauschbar, alle relevanten Dichtungen und die Spülkammer sind ohne Spezialwerkzeug zugänglich.
Mit der automatischen Steuerung Unical 9000 lässt sich der Sensor regelmäßig automatisch mit Säure reinigen und kalibrieren. Damit bietet Ceramat eine ideale Lösung für automatisierte Messstellen in der Vorkalkung und der Saftreinigung, der sogenannten Carbonatation. Im Turmextrakteur wird den zerhäckselten Rüben die Saccharose zu 99 % entzogen und ein Rohsaft mit einem Rohzuckergehalt von ca. 14 % gewonnen, der mit organischen und anorganischen Stoffen verunreinigt ist.
In der ersten Carbonatationsstufe wird dem Rohsaft Kalkmilch beigeben. Durch ein Anheben des pH-Werts auf 11 werden die Säuren neutralisiert und eine Bildung von Invertzuckern wie Glucose und Fructose verhindert. Niederschlag von Calciumhydroxid bindet unerwünschte Nichtzuckerstoffe. Die Einleitung von Kohlendioxid bewirkt, dass der Kalk und die Nichtzuckerstoffe stabil ausfallen und sich durch Filtration abtrennen lassen.
In einer zweiten Carbonatation wird bei 90–95 °C der restliche Kalk gefällt. Dabei wird ein pH-Wert um den Neutralpunkt von etwa 7,5 angestrebt. Speziell die pH-Messstelle in der zweiten Carbonatationsstufe wird durch die hohen Temperaturen, hohe Feststoffanteile des Safts und Kalkbeläge stark strapaziert – am Ende der Zuckerkampagne können die Ablagerungen in der Anlage mehrere Dezimeter betragen. Die pH-Sensoren müssen während der Kampagne mehrmals täglich überprüft und mit einer Säure gereinigt werden.
Zur Automatisierung der Messstelle unter Berücksichtigung hoher Verfügbarkeit hat sich die Sensorschleuse Ceramat WA 150 bestens bewährt. In Verbindung mit der automatischen Steuerung Unical 9000 wird der Sensor regelmäßig vollautomatisch mit Säure gereinigt und kalibriert. Gegen starke Verkrustungen der medienberührten Ceramat-Teile bietet Knick die Sensorschleuse mit einem pneumatisch bewegten Elastomerbalg an, der verfestigte Verkrustungen regelmäßig absprengt.
SensoGate – die Alternative
Wo das verfügbare Investitionsvolumen eine einfachere Lösung erfordert, stellt die Sensorschleuse WA 131 eine gute Alternative dar. Die Modularität der SensoGate erlaubt den Austausch verschiedener Komponenten ohne eine komplette Demontage, dazu zählen u. a. der Antrieb, die spülmediumseitige und prozessseitige Kalibrierkammer, die Sensorbaugruppe, die Prozessadaption und das Tauchrohr. Beim Sensorwechsel verriegelt die SensoLock-Funktion den Antrieb mechanisch und verhindert bei ausgebautem Sensor ein versehentliches Einfahren der Schleuse.
Um die Dichtungen vor schnellem Verschleiß durch Feststoffe und Fasern zu schützen, erfolgt die Dichtungsbespülung mit Spülwasser während der Fahrbewegung des Tauchrohrs bei abgesperrtem Ablauf von der Kalibrierkammer. Die ideale Reinigung des Sensors ergibt sich durch die tangentiale Führung der Spülmedien durch mehrere Düsen mit hoher Strömungsgeschwindigkeit. In manchen deutschen Zuckerwerken wird der Dünnsaft während der Reinigung geschwefelt. Auch in diesem Prozess hat sich SensoGate, die den „sauren“ Anforderungen problemlos gerecht wird, für die automatisierte pH-Messung zur Regelung der Dosierung seit längerem bewährt.
Manuelle Messstellenlösung
Wo eine automatisierte Messstellenlösung aufgrund niedriger Sensorbelastungen wirtschaftlich nicht sinnvoll ist, empfiehlt sich der Einsatz einer manuell bedienbaren SensoGate WA 131 M.
Der manuelle Drehantrieb erlaubt eine Bedienung der Armatur bei einem Gegendruck von bis zu 10 bar. Die geringen erforderlichen Drehkräfte für die Hubbewegung des Sensors, die einhändig und mit nur zwei Umdrehungen aufgebracht werden können, machen die WA 131 M – im Gegensatz zu konventionellen Armaturen, die eine Schiebebewegung erfordern – auch für den Einbau an erschwert zugänglichen Stellen geeignet. Da die O-Ringe leicht zugänglich und schnell wechselbar sind, ist ein vollständiger Austausch in wenigen Minuten möglich. Die Schleuse ist zu den automatisierten WA 131-Versionen aus dem Hause Knick hinsichtlich der Spülkammern, Prozessanschlüsse sowie der verwendeten Materialien vollständig kompatibel.
Keine Kontaktprobleme mehr
Bei der Zuckerproduktion unterliegen auch die Sensoren extremen Einflüssen, die zu Feuchtigkeit, Korrosion und Ablagerungen an den Kontakten und Verfälschungen der Messwerte führen können. Zusätzliche Fehlerquellen bei herkömmlichen Sensoren sind lange oder ungeeignete Kabel und unzureichende galvanische Trennung. Diese Fehlerquellen entfallen bei den Memosens-Sensoren, die Knick zur Messung von pH-, Leitfähigkeit und Gelöstsauerstoff anbietet, komplett.
Bei der Sensortechnologie dient eine integrierte Elektronik dem Speichern und Auswerten prozessnaher, sensorspezifischer Daten direkt im Sensorkopf. Durch die Digitalisierung der Messdaten im Sensor und die kontaktlose, induktive Übertragung von Daten und Speisespannung zwischen Sensor und Kopplung vermeidet das induktive Memosens-Stecksystem typische Probleme elektrochemischer Sensorik. Kontaktstellen, die durch Schmutz, Feuchtigkeit, Korrosion oder Salzbrücken beeinträchtigt werden könnten, sind bei Memosens nicht mehr vorhanden.
Die Sensorkopplung mit patentiertem Bajonettverschluss, die sich ohne Kabelverdrehung öffnen und schließen lässt, vereinfacht das Handling zusätzlich. Durch die Digitalisierung des Signals sind auch Kabellängen von 100 m problemlos realisierbar. Da sich die Sensoren dank der integrierten Intelligenz unter idealen Bedingungen im Labor mit der Knick-Software MemoSuite vorkalibrieren lassen, können auch nichtspezialisierte Mitarbeiter den Sensortausch vor Ort und innerhalb weniger Sekunden durchführen. Umfassende Diagnosefunktionen erfassen neben Standarddaten wie der Sensor-ID Betriebsdaten über die Anzahl der Kalibrierungen sowie Betriebsstundenzähler für unterschiedliche Betriebskonditionen.
Längere Lebensdauer
Die Kontrolle der Sensorbetriebsdauer, des Sensorverschleißes, der Reststandzeit, der Maximaltemperatur, des adaptiven Kalibrier-Timers, der Kalibrier- und Justierdaten führt zu einer signifikanten Erhöhung der Verfügbarkeit – vorkalibrierte Memosens-Sensoren erreichen eine bis zu 40 % längere Lebensdauer als herkömmliche Produkte. Zur Auswertung der Messdaten dient im einfachsten Fall das Analysemessgerät MemoRail im 12,5 mm breiten Anreihgehäuse, das die Werte über zwei Normsignal-Stromausgänge potentialfrei an alle gängigen SPS übergeben kann. MemoRail ermöglicht die unkomplizierte pH-Wert-, Leitfähigkeits- und Sauerstoffmessung mit vorkalibrierten Memosens-Sensoren, die keine Vor-Ort-Visualisierung am Messumformer mehr benötigen.
Natürlich ist auch der Einsatz von Messumformern mit Vor-Ort-Anzeige und -Parametrierung wie Stratos oder Protos möglich. Diese Messumformer gestatten auch den Einsatz mit Feldbustechnik anstelle analoger Normsignale.
Von der Anlieferung bis zum Reste-Recycling
Nach der Anlieferung werden die Zuckerrüben von Sand und anhaftender Ackererde gesäubert. Da Ackererde sauer ist, wird das Waschwasser durch Kalkzugaben alkalisiert, um eine effektive Reinigung zu gewährleisten. Um eine passende Dosierung für den gewünschten pH-Wert zu erzielen, befindet sich somit die erste Messstelle der gesamten Produktion in der Rübenwäsche. Angesichts des extrem feuchten und schmutzigen Umfelds und der Notwendigkeit, die Sensoren häufig mit Säure zu reinigen, bieten Memosens-Sensoren zur pH-Messung durch ihre kontaktlose Messwertübertragung einen klaren Vorteil. Bei großen Entfernungen der Rübenwäsche vom Hauptwerk stellt zudem eine mit Knick-Wechselarmaturen automatisierte, an das Prozessleitsystem angebundene Messstelle eine probate Lösung dar, um den Personaleinsatz vor Ort zu verringern.
Die zur Zuckerproduktion eingesetzten Ressourcen werden extensiv genutzt und zu großen Anteilen dem Produktionskreislauf oder anderweitiger Wiederverwertung zugeführt. Ihren Bedarf an thermischer und elektrischer Energie generieren die Werke in eigenen Kesselhäusern, wo Wasserdampf zum Betrieb von Turbinen mit Stromgenerator erzeugt und anschließend zur Erhitzung der Verdampferstationen sowie zum Anwärmen des Rohsafts und von Kochapparaten verwendet wird. Auch die Biomasse der ausgelaugten Rübenschnitzel wird als Ausgangsmaterial zur werkseigenen Bioethanol- oder Biogasproduktion recycelt. Ein überwiegender Teil des Wassers für die Rübenwäsche wird in werkseigenen Kläranlagen aufbereitet und in verschiedenen Produktionsabschnitten erneut zugeführt. Auch in diesen Kreisläufen bewähren sich die Produkte von Knick seit langem, beispielsweise messen induktive Leitfähigkeitssensoren des Typs SE 655 in Bypass-Armaturen den Mineralgehalt des sich niederschlagenden Kondenswassers in den Kühltürmen.
Kontakt
Knick Elektronische Messgeräte GmbH & Co. KG
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