Anlagenbau & Prozesstechnik

Mehr Intelligenz für Reinräume - Moderne Reinraum-Monitoring-Systeme

13.09.2017 -

Informations- und Kommunikations­technologien sind ein integraler Bestandteil von kontrollierten Umgebungen und ein besonders wichtiges Element ist das Reinraum-Monitoring-System. Die ISO 14644-2:2015 beschreibt das Reinraum-Monitoring als „Überwachung zum Nachweis der Reinraumleistung bezüglich Luftreinheit anhand der Partikel­konzentration“.

Allerdings listet die Norm noch viele weitere Vorteile eines Überwachungssystems auf: schnelle Reaktion auf unerwünschte Ereignisse und Bedingungen, Entwicklung von Tendenzen, verbesserte Kenntnisse des Prozesses mit effektiverer Risikoanalyse, reduzierte Kosten, reduzierte Abfälle und eine signifikante Integration von Daten aus mehreren Quellen. In einem Reinraum bedeutet dies den Zugang zu aussagekräftigen Daten, die durch bessere Analysewerkzeuge bessere Erkenntnisse sowie Echtzeitreaktionen und -entscheidungen ermöglichen. Das Ziel ist es, kontinuierliche Verbesserungen und eine operationelle Exzellenz zu erreichen, um über die Datenerhebung hinaus Informationen zu liefern, die die Prozesskenntnisse verbessern können.
Das Ziel der Industrie-4.0-Technologien ist es, den Herstellern einen umfassenden Überblick über die Prozessschritte zu geben und ihnen zu ermöglichen, auf Informationen über Rohstoffe, Bestände, Assets, Qualität, Abfälle, Leistung und Kundenanforderungen zu reagieren. Dabei werden besonders die Verbesserungsmöglichkeiten hervorgehoben und Maßnahmen zur Einsparung von Geld und Zeit sowie zur Verbesserung der Kundenzufriedenheit und der Lieferantenbeziehungen ergriffen. Die Verknüpfung von Geräten, Personen, Prozessen, Dienstleistungen und Supply Chains macht das „Internet der Dinge“ aus, das ein wichtiger Bestandteil der Industrie 4.0 ist. Die riesigen Datenmengen, die von den Überwachungssystemen erhoben werden, beinhalten eine enorme Menge an Informationen, die weit über einfache Qualitätssicherungsmaßnahmen hinausgehen können.
Die Erwartungen an die Datenaustauschkapazitäten von Reinräumen ändern sich schnell. Die Interkonnektivität zwischen verschiedenen Systemen wurde einst aufgrund der proprietären Kommunikationsgeräteprotokolle oder eines hohen Risikos aufgrund der Datenintegritätsanforderungen als unmöglich hingenommen. Bei der heutigen Reinraumfertigung wird zunehmend das Gegenteil erwartet: einfacher, transparenter Datenaustausch über Geräte und Anwendungen hinweg – unabhängig vom System. Dabei ist besonders wichtig, dass die Kommunikation zwischen der Heizungs-, Klima- und Lüftungstechnik (HVAC), dem Reinraum-Monitoring-System und den Produktionsanlagen als entscheidend für die Erhaltung einer kontrollierten Umgebung und die Minimierung der Produktions- und Energiekosten gilt.

Kommunikation vieler verschiedener Geräte
In der Gebäudeautomation werden aufgrund der zunehmenden Notwendigkeit zur Kommunikation mit vielen verschiedenen Geräten Protokolle, die einen direkten Zugang zu vielen Geräten ermöglichen, eingesetzt. Viele spezielle und proprietäre Protokolle haben das Feld für standardisierte Protokolle wie BACnet geräumt. BACnet liefert, was die Endbenutzer verlangen: die Fähigkeit, mit vielen verschiedenen Geräten über ein gemeinsames, gut definiertes Protokoll zu kommunizieren. Jedoch wurde BACnet mit einem speziellen Fokus entwickelt und bietet keine Lösung für einige wichtige Probleme: Obwohl BACnet die Datenkonnektivität zwischen mehreren Geräten gesteigert hat, gibt es immer noch Geräteanbieter, die es nicht benutzen. Stattdessen haben bestimmte Benutzergruppen ihre eigenen Standardprotokolle wie LonWorks entwickelt, die mit BACnet nicht kompatibel sind.
In Reinräumen wächst die Anzahl von Anwendungen, in denen die Endbenutzer Zugriff auf Echtzeit-Alarme und Ereignisse (A&E) sowie historische Daten benötigen. Dies führt zu einer breiten Palette an handelsüblichen Softwareanwendungen und Geräten, wie z. B. Human-Machine-Interfaces (HMIs) oder Historie-, Analyse- und Reporting-Softwarepakete, die ihren Ursprung oft in der Prozessindustrie haben. Die Herausforderung besteht darin, dass diese Softwareanwendungen und Geräte Zugriff auf die Gebäudeautomatisierungsdaten benötigen, da viele nicht mit BACnet oder anderen Protokollen kommunizieren können. Was benötigt wird, ist ein Standardformat, in dem all diese verschiedenen Systeme miteinander „reden“ können. Und genau hier kommt ein Protokoll namens OPC ins Spiel.

Open Platform Communications (OPC)
OPC (Open Platform Communications) ist ein Protokoll, das zunehmend für Geräte und Software, die in Reinraumfertigungsprozessen eingesetzt werden, genutzt wird. OPC ist eine branchenübliche Industriesprache. Es ist ein Standardprotokoll für den sicheren und zuverlässigen Datenaustausch. Die Hauptprämisse von OPC ist einfach: Es sorgt für den nahtlosen Informationsfluss zwischen mehreren Geräten von mehreren Anbietern. Dies tut es, ohne dass sich die internen Datenkommunikationsprotokolle des jeweils anderen bewusst sind, was es für Reinräume, wo die Datenintegrität von größter Bedeutung ist, enorm attraktiv macht. Die weltweit zuständige Organisation für die Entwicklung und Pflege dieses Kommunikationsstandards ist die OPC Foundation.
Aus der Prozessindustrie kommend, wurde OPC von Grund auf entworfen, um das Pro­blem herstellerunabhängiger, benutzerdefinierter Geräte zu lösen. Die Prozessindustrie stand vor den gleichen Datenkonnektivitätsproblemen wie die Gebäudeautomation und entwickelte daher diese flexible, robuste Methode, um Daten von jedem Gerät zu jeder Anwendung verschieben zu können, ohne benutzerdefinierte Treiber zu benötigen. Anstatt sich darauf zu konzentrieren, dass alle Geräte die gleiche Sprache sprechen, konzentriert sich OPC darauf, wie Daten von verschiedenen Gerätetreibern gemeinsam genutzt werden können. Aus diesem Grund ist OPC schnell zur Methode der Wahl für die industrielle Datenkonnektivität geworden.
OPC teilt die Funktionalität eines herkömmlichen Gerätetreibers mit dem Client/ Server-Modell in zwei Komponenten auf. Eine Software namens OPC Server kümmert sich um die Kommunikation mit einem Gerät und die Bereitstellung der Daten aus diesem Gerät für einen OPC Client. Zum Beispiel könnte die Reinraum-Monitoring-Software von ihrem OPC Server dem HVAC-System Partikelzählungsdaten zur Verfügung stellen. Die OPC Client Software des HVAC-Systems, die mit dem OPC Server des Reinraum-Monitoring-Systems verbunden ist, erhält die Daten automatisch jedes Mal, wenn ein neues Partikelzählungsergebnis verfügbar ist. Im HVAC-System sind keine speziellen Treiber erforderlich.
Ein Isolator könnte z. B. über seinen OPC Server einen Türöffnungsalarm an den OPC Client des Reinraum-Monitoring-Systems senden. Der Schlüssel dabei ist, dass es das OPC ist, das die Interaktion zwischen dem OPC Client und dem OPC Server definiert – es greift nicht in die Kommunikation zwischen dem OPC Server-to-Device und der OPC Client-to-Application ein. Die Kommunikation zwischen dem Gerät und dem OPC Server /Client wird vom Lieferanten des Gerätes und /oder einer Software gesteuert.
Dieser standardisierte Datenaustausch zwischen den OPC Clients und OPC Servern ermöglicht es jedem OPC Client, mit jedem anderen OPC Server zu kommunizieren. Da sich der OPC Server um die Übersetzung der Gerätekommunikation in das OPC-Format kümmert und der OPC Client auf der Applikationsseite das gleiche macht, können Anwendungen und Geräte Daten miteinander austauschen, ohne gegenseitig ihre Protokolle oder Datenformate kennen zu müssen.

Reinraum-Monitoring-Systeme
Durch Reinraum-Monitoring-Systeme, die das OPC-Protokoll unterstützen, können Sensoren, Steuerungen, Überwachungs- und Steuerungssystemen unterschiedlicher Hersteller in einem gemeinsamen und flexiblen Netzwerk eingesetzt werden. Ein gemeinsames OPC-Protokoll reduziert die Risikogefahr, wenn innerhalb einer Anlage eine Veränderung stattfindet und ermöglicht eine reibungslose Integration von Geräten oder Software, die den OPC-Spezifikationen entsprechen.
Die OPC-Client / Server-Funktionalität erleichtert die Hauptaspekte Interoperabilität und Datenaustausch der Initiative Industrie 4.0 und ebnet den Weg zur Smart Factory bzw. zum Smart Cleanroom der Zukunft. Bereits jetzt werden Roboter in reinraumkritischen Fertigungsprozessen eingesetzt und leisten technische Unterstützung, um Risiken zu reduzieren und Menschen aus dem Prozess zu entfernen, da die meisten Luftverunreinigungen im Reinraum von Menschen verursacht werden. Die nächsten Entwicklungsschritte für diese Systeme, sind die Fähigkeit zum Treffen von Entscheidungen, Lösen von Problemen und Erkennen von Prozessproblemen, bevor sie überhaupt auftreten.

Fazit
Letztendlich bleibt zu sagen, dass die Überwachungssoftware das Potenzial hat, ein wichtiger Bestandteil der Industrie 4.0 zu werden. Bereits heute ist sie viel mehr als nur ein Datenerfassungs- oder Pass /Fail-Tool. Sie bietet nützliche Informationen, die bei effektiver Nutzung das Wissen der Endbenutzer erweitert und zu einem tiefen Verständnis der Reinraumumgebung in Herstellungsprozessen führt. Dieses Wissen und Verständnis ermöglicht wichtige Entscheidungen über Prozessverbesserungen, Kosteneinsparungen und Risikominimierungen. Wer weiß – vielleicht werden diese Entscheidungen in der Zukunft vom intelligenten Reinraum getroffen.

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