Logistische Abläufe optimieren
Fraunhofer IML: Ressourcenorientierte Prozesskostenrechnung in der Kunststoffindustrie
Wie können Optimierungsprojekte priorisiert werden? Wo tritt Verschwendung in Prozessen auf? Wo gibt es Engpässe? Was kosten Produkte wirklich? Viele Fragestellungen in Managementebenen aller Branchen lassen sich durch kostenbasierte Vergleichsrechnungen greifbar machen. Um entsprechende Entscheidungsgrundlagen zu ermitteln, bedarf es der Unterstützung durch Software wie z.B. Logichain, die das Fraunhofer IML anbietet.
Im Folgenden werden die Möglichkeiten an einem Beispiel des Unternehmens A. Schulman verdeutlicht.
In der ganzheitlich angewandten Logistikforschung gilt das Fraunhofer-Institut für Materialfluss und Logistik (Fraunhofer IML) als eine der ersten Adressen. Auf nahezu allen Themenfeldern der inner- und außerbetrieblichen Logistik werden Unternehmen jeder Branche und Größe bei allen Fragen hinsichtlich Materialfluss und Logistik unterstützt. Nach Projekt- und Kundenbedarf zusammengestellte Teams schaffen branchenübergreifende und kundenspezifische Lösungen, u.a. in den Bereichen Materialflusstechnik, Geschäftsprozessmodellierung, simulationsgestützte Unternehmens- und Systemplanung sowie Ressourcenlogistik.
Software zur ressourcenorientierten Prozesskostenrechnung
Die ressourcenorientierte Prozesskostenrechnung schafft Transparenz über Prozesse und Kosten und ordnet Ressourcenkosten nur dort zu, wo sie tatsächlich anfallen. Logichain ist eine Software zur Visualisierung von Geschäftsprozessen und zur systemgestützten Durchführung einer ressourcenorientierten Prozesskostenrechnung. Mit Hilfe der Software lassen sich Prozesse und ihre zugehörigen Ressourcen (Personal, Maschinen, etc.) nicht nur darstellen, sondern auch berechnen und analysieren.
Industriepartner im Bereich Compoundierung
A. Schulman ist ein weltweit tätiges Unternehmen im Bereich der Compoundierung von Kunststoffen und damit der Prozessindustrie zuzuordnen. Hauptabnehmer der Produkte sind die Automobil- und Verpackungsindustrie. Die Werkstoffe finden auch in vielen anderen Branchen Verwendung. Das Unternehmen beschäftigt weltweit 3.400 Mitarbeiter und unterhält derzeit 38 Produktionsstandorte. Einige dieser Standorte wurden in verschiedenen Analyseprojekten mit dem Fraunhofer IML ganzheitlich hinsichtlich ihrer Verbesserungspotenziale in der internen Supply Chain (gesamter Auftragsabwicklungsprozess) untersucht.
Der Anwendungsfall
Das vorliegende Prozessbeispiel wurde diesen Analysen entnommen und gemeinsam mit A. Schulman erweitert, um einen Einblick in die Möglichkeiten der ressourcenorientierten Prozesskostenrechnung mit Logichain zu geben.
Einen beispielhaften Produktionsprozess, wie er bei der Herstellung eines Coumpounds üblich ist, zeigt Grafik 1. Dabei werden Rohmaterialien sowohl in Säcken in einer Regalanlage als auch in Silos bevorratet. Die Zuführung der Rohmaterialien zur Produktion geschieht per Gabelstapler bzw. Rohrleitung. Die Produktion verfügt über zwei Alternativen: einer direkt mit dem Extruder verbundenen Mischvorrichtung „online Mixing" und einer vom Extrudieren entkoppelten Mischvorrichtung „offline mixing". Bei der Variante „online mixing" werden in diesem Prozessbeispiel die im Silo bevorrateten Produkte dem Produktionsprozess zugeführt. Die Fertigprodukte werden nach der Produktion ggf. gemahlen, qualitätsgeprüft und anschließend per Gabelstapler in ein Lager verbracht.
All diese Prozesse werden in der Software Logichain mit Informationen wie Bearbeitungszeit, Losgröße und dem Leistungsobjekt (Bezugsobjekt: hier „ein kg Material") versehen. Dies bildet die erste Sicht der ressourcenorientierten Prozesskostenrechnung ab: die Prozesssicht.
Zu dieser Prozesssicht wird dann von Logichain die zweite Ebene visualisiert: die Ressourcensicht. Hierzu werden alle für die Durchführung der Prozesse benötigten Ressourcen zunächst als Ressourcenpool (Dreiecke in Grafik 1) dargestellt. Diese beinhalten Informationen über Kosten, Anzahl, Arbeitszeiten und Verfügbarkeiten der jeweiligen Ressource. Über Konnektoren wird die Abhängigkeit zwischen Prozess und Ressource visualisiert. So benötigt der Prozess „transport of raw materials" z.B. für seine Durchführung die Ressourcen Logistikmitarbeiter und Gabelstapler.
Die dritte Sicht - die Systemlastsicht - wird zuletzt modelliert. Diese ist rein datentechnischer Natur und in der Modellvisualisierung nicht direkt erkenntlich. In Quellen wird angegeben, welche Anzahl an Leistungsobjekten durch das System „fließt".
Prozesse analysieren
Durch die nun vorhandenen Daten und Abhängigkeiten kann die Software Logichain Ressourcenbedarfe von Prozessen, Ressourcenauslastungen und eine Verteilung der Ressourcenkosten auf die Prozesse durchführen. Die Gesamtkosten des Betrachtungsbereichs werden dementsprechend verursachungsgerecht auf die Prozesse verteilt. Unterschiedliche Analysemethoden der Software, wie der Vergleich von Ressourcenangebot und -bedarf (s. Grafik 2) und eine Aufschlüsselung der Prozesskosten nach Kostenart (s. Grafik 3) ermöglichen eine einfache und schnelle grafische Auswertung. Hieraus lassen sich auf einen Blick Engpassbereiche erkennen. In dem hier aufgezeigten, fiktiven Beispiel ist die Ressource „production personnell" überlastet (s. Grafik 2), der Bedarf übersteigt das Angebot.
Die Aufschlüsselung der Kosten einzelner Prozesse nach Leer- und Nutzkosten lässt außerdem erkennen, dass bei den Prozessen „extruding" und „quality check" Handlungsbedarf besteht (s. Grafik 3). Hier ist der Anteil der Leerkosten an den Gesamtkosten im Vergleich am höchsten. Eine Optimierung der Prozesse wäre daher empfehlenswert, um Verschwendung zu minimieren. Diese und weitere Berechnungsergebnisse von Logichain können vielseitig eingesetzt werden. So ist es u.a. ebenso möglich, Kosten für die Herstellung von Produktalternativen zu ermitteln oder Daten aus den unternehmensspezifischen IT-Systemen als Basis für ein operatives Controllingsystem in die Software zu importieren.
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