Logistik rechtssicher auslagern
Rechtsfragen bei der Fremdvergabe von Chemielogistikleistungen
Das Outsourcing von Transport- und Logistikleistungen kann für Chemieunternehmen Sinn machen. Bei der Vertragsgestaltung ist jedoch eine saubere Abgrenzung geboten, denn Leiharbeit, Scheinwerkverträge und Betriebsübergang drohen – mit erheblichen Risiken.
Früher oder später sollte jedes Chemieunternehmen hinterfragen, ob es sich lohnt, Transport und Logistik auf spezialisierte Dienstleister auszulagern, anstatt das Spezialwissen mühsam im eigenen Betrieb aufzubauen. Durch das Auslagern kann man sich wieder auf die Kernaktivitäten konzentrieren und Fixkosten für Personal, Lagerflächen und Fahrzeuge sparen. Die eigene Organisationsstruktur wird verschlankt und man profitiert von Erfahrung und Wissen des Profis. Das Logistikunternehmen Hoyer, weltweit in der Transportbranche tätig, hat sich u.a. auf die Anforderungen der chemischen Industrie spezialisiert.
Neben der Flexibilität beim Personaleinsatz und der Exzellenz in unseren logistischen Tätigkeiten bieten wir den Kunden in der Chemieindustrie auch etwas, was ihnen oft in der nötigen Detailtiefe fehlt: Kostentransparenz im Hinblick auf ihre Logistik“, betont Ulrich Grätz, Director Supply Chain Solutions bei dem Hamburger Unternehmen.
Doch was verlockend klingt, bringt für den Auftraggeber auch etliche Herausforderungen mit sich: Ausschreibung, Vertragsgestaltung und Controlling müssen bewältigt werden. Es gilt, dem Know-how-Verlust im eigenen Haus entgegenzuwirken und die Ergebnisqualität zu sichern. „Hat ein Kunde wenig Erfahrung mit solchen Projekten, ist zunächst eine unserer wesentlichsten Aufgaben, Sicherheit im Sinne einer Betriebs-, Ver- und Entsorgungssicherheit herzustellen und dem Kunden entsprechende Ängste zu nehmen“, sagt Grätz. „Erst dann folgen die detaillierte Vorbereitung des Projektes, die Definition von Schnittstellen und Verantwortlichkeiten, die Festlegung der Freiheitsgrade des Dienstleisters und die Sicherung des Kunden-Know-hows.“
Outsourcing abgrenzen gegen Leiharbeit
Aus rechtlicher Sicht sollte das Ausgliedern des Geschäftsbereichs an einen Dienstleister möglichst nicht als Betriebsübergang nach § 613a des Bürgerlichen Gesetzbuches gewertet werden, denn sonst müsste der Logistikdienstleister die Arbeitnehmer des Chemieunternehmens übernehmen, ja sie könnten dem Übergang sogar insgesamt widersprechen und damit das Projekt scheitern lassen. „Der Betriebsübergang kann insbesondere bei einem Übergang aus der chemischen Industrie direkt hin zu einem Logistikdienstleister eine Rolle spielen, eventuell sogar das Projekt scheitern lassen“, warnt Outsourcing-Experte Grätz. Ziel der Vertragsgestaltung muss deshalb immer die reine Funktionsübernahme sein, nicht die Übernahme des gesamten Betriebsteils.
Abzugrenzen ist das Outsourcing von dem Fall der Leiharbeit. Zwar kann sich ein Unternehmen auch für eine vorübergehende Zeit Leiharbeiter in den Betrieb holen, um beim Personaleinsatz flexibel zu bleiben. Diese arbeiten dann zusammen mit der eigenen Belegschaft, belasten aber nicht nachhaltig die Payroll. „Motiv für einen Fremdpersonaleinsatz ist immer die Senkung direkter Personalkosten“, sagt Gerhard Kronisch, Hauptgeschäftsführer des Verbandes VAA – Führungskräfte Chemie. Nachdem das Lohnniveau im Zeitarbeitssektor mittlerweile stark gestiegen ist, wird jedoch das einstige Sparmodell nur noch selten nachgefragt. Und auch der gesetzliche Mindestlohn spielt in der chemischen Industrie keine große Rolle, wie Kronisch weiß: „Die Tariflöhne liegen durchweg oberhalb.“
Gefährlich wird es, wenn das Vertragsverhältnis mit dem Logistiker als Schein-Werkvertrag angesehen wird, insbesondere, wenn sein Personal direkt auf dem Firmengelände des Chemieproduzenten tätig wird. Denn ist dieses externe Personal objektiv betrachtet eng in die Betriebsorganisation des Chemieunternehmens eingegliedert und unterliegt direkt dessen Weisungen, dann wird dies juristisch womöglich als verdeckte Arbeitnehmerüberlassung eingestuft – als wären die Externen eben doch Leiharbeiter.
Das hat erhebliche Konsequenzen, denn die Arbeitnehmerüberlassung ist erlaubnispflichtig. Hat das externe Unternehmen keine entsprechende Überlassungserlaubnis, droht jedem beteiligten Betrieb eine Geldbuße bis zu 30.000 EUR, und der Entleiher muss die Leiharbeiter fest übernehmen. Die Bundesregierung plant bei gezieltem Missbrauch eine weitere Verschärfung und will im Herbst einen entsprechenden Gesetzentwurf vorlegen.
Dienstleistung rechtlich einwandfrei gestalten
„Es geht immer um die Frage, ob ich mir als Unternehmen nur zusätzliches qualifiziertes Personal einkaufen will oder ob ich einen Unternehmensbereich in Gänze ausgliedern will“, stellt Rechtsanwalt Kronisch vom Führungskräfteverband Chemie fest. „Dann brauche ich saubere Werkverträge.“ Beim Logistikspezialisten Hoyer achtet man strikt auf die rechtlich einwandfreie Gestaltung der angebotenen Dienstleistung. „Jedes andere Vorgehen ist auch für den Kunden nicht zielführend, da er zwar vordergründig Kosten spart, aber die Zielsetzung eines professionellen Outsourcings nicht erreichen wird, nämlich die ‚Logistik-Intelligenz‘ des Spezialisten“, sagt Logistiker Grätz.
Hoyer-Mitarbeiter agieren strikt getrennt von den Mitarbeitern des Kunden, Weisungen gibt es nur in Fragen der Betriebssicherheit. „Manchmal haben wir als Dienstleister auch gar keinen direkten Kontakt mehr zum eigentlichen Auftraggeber, dem produzierenden Betrieb, sondern wenden uns an eigens dafür eingesetzte Koordinatoren“, so Grätz. Mit dieser strikten formalen und betrieblichen Trennung ist sowohl der Chemiebetrieb als auch der Logistikdienstleister auf der sicheren Seite.