Anlagenbau & Prozesstechnik

Klinikentwicklung in Stuttgart

Die Inbetriebnahme von Olgahospital und Frauenklinik

24.02.2015 -

Im Mai 2014 ging der Neubau von Olgahospital und Frauenklinik als eine der größten Kinder- und Frauen­kliniken in Deutschland in Betrieb. Damit wurde nicht nur ein bedeutender Meilenstein in der bislang mehr als 14 Jahre andauernden Standortentwicklung des Klinikums Stuttgart erreicht, sondern auch ein hochkomplexer Prozess für Verantwortliche, Mitarbeiter, Patienten und Angehörige abgeschlossen.

Das Projekt Olgahospital und Frauenklinik ist ­eingebettet in die längerfristige Standort­entwicklung des Klinikums Stuttgart, die seit vielen Jahren von der HWP Planungsgesellschaft aktiv durch Beratungs- und Projektmanagementleistungen begleitet wird. Im Rahmen des gemeinsamen Neubaus von Olgahospital und Frauenklinik in Stuttgart wurden diese beiden zuvor örtlich getrennten Kliniken in einem gemeinsamen Gebäude zusammengeführt. Auf dem Gelände des Katharinenhospitals in Stuttgart Mitte, am Fuße des Kriegsberges, ist der Neubau von Olgahospital und Frauenklinik gelegen. Er bietet in einem mehrgeschossigen Sockelbau und sechs versetzt angeordneten Pavillons rund 2.500 Räume und eine Gesamt­geschossfläche von 96.000 m2. Mehrere Licht­höfe, die teilweise mit Glas überdacht sind, sorgen für helle Räume. Alle Dachflächen werden mit Blütenstauden, Gras und Kräutern begrünt und tragen so zu einer Verbesserung des Stadtklimas bei. Die Bebauung passt sich städtebaulich der Hangsituation und der in der Nähe ­befindlichen Villenbebauung an.

Wichtige Weichenstellungen
Im Jahr 2000 wurden die Unternehmensberater und Betriebsplaner von HWP mit einer Reihe von Leistungen beauftragt: einer Markt- und Umfeldanalyse, einer betrieblichen und baulich-technischen Bestandsaufnahme, einer Konzeption zur strategischen Ausrichtung und einer Betriebskonzeption mit Grobflächenprogramm. Zwei Machbarkeitsstudien, die HWP später gemeinsam mit Drees & Sommer, Deloitte und Schnell & Partner erarbeitet hat, waren Grundlage für die Entscheidung des Gemeinderats der Landeshauptstadt Stuttgart, die Kliniken des Klinikums Stuttgart an zwei Standorten zu konzentrieren. In diesem Rahmen war die HWP Unternehmensberatung und Betriebsplanung im Jahr 2001 bei der Endabstimmung des Raumprogramms für das Olgahospital und die Frauen­klinik mit dem Sozialministerium involviert. Im Jahr 2002 fasste der Stuttgarter Gemeinderat der Landeshauptstadt Stuttgart den grundlegenden Beschluss zum Neubau.
Anschließend fand der Architektenwettbewerb statt, dessen Gewinnerentwurf im Jahr 2004 feststand. In der Phase der Entwurfsplanung wurde HWP mit Leistungen zur Betriebs- und Organisationsplanung beauftragt. In der Phase der Ausführungsplanung wurde zwischen dem Klinikum Stuttgart und der HWP Unternehmensberatung und Betriebsplanung eine sogenannte „Hotline" für Fragen der Betriebsplanung eingerichtet, über die ad hoc Betriebsplanungsleistungen in Anspruch genommen wurden. Diese Hotline wurde bis zur Phase der Inbetriebnahmeplanung aufrechterhalten. Beispielhaft wurden im Rahmen dieser ad hoc Betriebsplanungsleistungen Personalbedarfsplanungen für das Klinikum Stuttgart erstellt. Anfang 2007 wurde mit dem Neubau von Olga­hospital und Frauenklinik am Standort Mitte des Klinikums Stuttgart begonnen.

Das Projekt: Inbetriebnahmeplanung und -durchführung
Im Jahr 2011 wurde die HWP Planungsgesellschaft beauftragt, das Klinikum Stuttgart mit Leistungen der Inbetriebnahmeplanung und ‑durchführung zu unterstützen. Im Jahr 2012 begann die Vorbereitung auf die Inbetriebnahme. In die eigentliche Organisation und Planung der Inbetriebnahme mit Schulungen vor Ort wurden mit Sabine Weisser und Martin Lense ab dem Jahr 2012 bzw. 2013 zwei HWP Berater mit intensiver Inbetriebnahmeerfahrung in die konkrete Mitwirkung im Projekt involviert. „Neue organisatorische Strukturen und Abläufe in neuer Umgebung, neue Technik und Technologien und neu formierte Personalgruppen sind der Grund, warum die Inbetriebnahmeplanung und -durchführung so komplex und für den Großteil der daran Beteiligten grundlegend neu ist," beschreibt HWP Prokuristin Sabine Weisser die generellen Herausforderungen von Inbetriebnahmen. Und ihr Kollege Martin Lense, Senior Consultant der HWP Unternehmensberatung und Betriebsplanung, ergänzt: „Deshalb ist es wichtig, dass alle Mitarbeiter die neuen Prozesse und Strukturen der neuen Organisation des in Betrieb zu nehmenden Krankenhauses kennenlernen, akzeptieren, erlernen und über einen längeren Zeitraum einüben müssen, damit ein Krankenhaus reibungslos, sicher und wirtschaftlich in Betrieb genommen werden kann."
Um diesen generellen Herausforderungen angemessen zu begegnen, hat die HWP Planungsgesellschaft einen Best Practise-Ansatz für Inbetriebnahmen etabliert, der auch im Rahmen der Inbetriebnahme von Olgahospital und Frauenklinik angewandt wurde. Nach diesem Ansatz ist der Einsatz eines Kernprojektteams vorgesehen, welches für die Inbetriebnahme der verschiedenen Funktions- und Querschnittsbereiche einzelne Teilprojekte definiert, sowie Vorgehensweisen für Inbetriebnahmeplanung, -vorbereitung, -durchführung und -abschluss erarbeitet. Auf Vorschlag von HWP installierte das Klinikum Stuttgart ein sechsköpfiges Kernprojektteam, das sich aus einer Projektleitung und Mitarbeitern des Klinikums sowie den beiden HWP Beratern Sabine Weisser und Martin Lense zusammensetzte.
In der Phase der Planung erfolgte dem Ansatz entsprechend die Etablierung der Projektorganisation mit Initialisierung der Teilprojekte, eine Bestandsaufnahme, die Erstellung des Masterterminplans sowie die Erstellung eines Aktivitätenkatalogs. Anschließend wurde die Inbetriebnahme vorbereitet. Die Durchführung der Inbetriebnahme gliederte sich entsprechend der erprobten Vorgehensweise in Vor-, Haupt- und Nachumzug, bevor mit der finalen Phase der Abschluss der Inbetriebnahme erfolgte. Nicht nur mit der Strukturierung der Inbetriebnahmeplanung von Olgahospital und Frauenklinik waren Sabine Weisser und Martin Lense betraut, sondern auch mit konkreten Schulungen der Mitarbeiter anlässlich des Umzugs in den Neubau.

Schulungen
Die Schulungen wurden bedarfsgerecht konzi­piert und in verschiedenen Formaten durchgeführt. Im Rahmen von Hörsaalschulungen wurden alle Mitarbeiter des Olgahospitals und der Frauenklinik zu verschiedenen Themen grundlegend informiert. Inhalte dieser Schulungen waren z. B. Organisation und Struktur des Neubaus sowie die Orientierung darin, die Parkkonzeption und das Tiefgaragensystem, Sicherheit und Brandschutz sowie Neuerungen der Haustechnik. Hierzu zählten etwa die Wäscheausgabeautomaten, die Rohrpost, die Tafelwasserschankanlage und das neu eingeführte Verfahren „Cook and Chill", bei dem Speisen fast fertig gekocht und anschließend schockgefrostet werden, um dann kurz vor der Ausgabe fertig zubereitet zu werden.
Besondere Prozessabläufe wurden von HWP als „Train-the-Trainer"-Schulungen konzipiert. Mitarbeiter aus den Teilprojektteams erprobten und vertieften gemeinsam mit HWP die Prozesse und Strukturen, nach denen künftig gearbeitet werden soll und prüften diese zugleich auf deren Praktikabilität. Im Anschluss konnten die auf diese Weise ausgebildeten Trainer die künftigen Mitarbeiter schulen und dabei das erarbeitete Wissen weitergeben. Aufgrund ihrer Expertise in der Organisationsberatung und -planung sowie ihrer langjährigen Erfahrung in der Pflege wurde die überwiegende Anzahl der Bereiche von Sabine Weisser und Martin Lense selbst geschult.
Neuerungen der Haustechnik wurden unter Einbezug der Hersteller in Form von „Zirkeltrainings" direkt auf den neuen Stationen geschult, wobei die Mitarbeiter alle Stationen des Zirkels durchlaufen mussten. Hier wurden unter anderem die neuen Bedside-Terminals für Patienten mit integriertem Fernsehen, Internet, Telefonie und weiteren Funktionen, die Lichtrufanlage, die Aufzugprioritätsschaltung, die elektrischen Patientenbetten, die Hubbadewannen oder die neuen Speisewagen vorgestellt. Separat wurden außerdem gemeinsam mit Firmenvertretern die medizintechnischen Geräte - aufgeteilt nach Monitoring- und Infusionstechnik - geschult. Alle nicht-klinischen Funktionen, zu denen unter anderem die Verwaltungsbereiche, die Seelsorge,­ die „grünen Damen", die Pforte aber auch die Auszubildenden und die Lehrkräfte des Bildungszentrums zählen, erhielten darüber hinaus eine Schulung bezüglich der Orientierung und Wegeführung im Gebäude.

Spezifische Herausforderungen
Kurz vor der geplanten Inbetriebnahme mit dem Hauptumzug der Patienten trat im September 2013 ein Wasserschaden auf, der den avisierten Inbetriebnahmetermin am 9. November 2013 unmöglich machte und nachhaltige Auswirkungen auf den Projektverlauf hatte. „Die komplette Inbetriebnahme musste damit vollständig neu geplant werden, was diese um mehr als ein halbes Jahr zurückwarf," so Sabine Weisser. „Die bereits durchgeführten Schulungen mussten wir wiederholen und in gestraffter Form neu aufsetzen. Zudem mussten wir die Mitarbeiter, die lange Zeit auf den Inbetriebnahmetag hingearbeitet hatten, neu für dieses große Projekt motivieren," beschreibt Martin Lense eine der größten spezifischen Herausforderungen dieses Inbetriebnahmeprojektes.
Durch die Bauarbeiten zur Behebung des Schadens wurde der Bau zudem erst zwei Wochen vor der Inbetriebnahme übergeben. Die entstandenen Verzögerungen verengten die Zeitfenster für die Inbetriebnahmevorbereitung auf ein Minimum. Dies führte z. B. dazu, dass Möbel zwischengelagert werden mussten. Auch der aus dem Wasserschaden resultierende hohe Koordinationsaufwand mit allen an der Inbetriebnahme Beteiligten, wie z. B. Sicherheitsdienst, Handwerkern und ausführenden Firmen, Reinigungsfirma und Mitarbeitern, war für das Kernprojektteam eine Herausforderung. Beispielsweise verursachte der Nachlauf der Bauplanung immer wieder Staub und Schmutz, so dass viele Detailabstimmungen vor Ort mit der Reinigungsfirma nötig waren. Raum für Raum musste z. B. entschieden werden, ob dieser geputzt und eingerichtet werden konnte. Insgesamt bedeutete der Wasserschaden eine starke Mehrbelastung für alle Beteiligten.
Weitere Herausforderungen ergaben sich aus der ungeplanten Anpassung der Betriebskonzeption von Olgahospital und Frauenklinik im Rahmen der Inbetriebnahme. Beispielsweise wurden die Operationssäle anders belegt als ursprünglich vorgesehen.

Pilotbetriebe und eigentliche Inbetriebnahme
Im April 2014 wurde mit der Bettenaufbereitung der erste Bereich des Neubauprojektes als Pilot in Betrieb genommen. Anschließend folgte die Inbetriebnahme der Frauenklinik am 17. Mai 2014.
Schließlich fand am 24. Mai 2014 die Inbetriebnahme des Olgahospitals statt. Mit der nun erfolgten Inbetriebnahme des Neubaus von Olgahospital und Frauenklinik ist ein wichtiger Meilenstein in der Standortentwicklung des Klinikums Stuttgart erreicht, dessen umfangreiche Neu- und Umbauten zu den wichtigsten Bauvorhaben der Landeshauptstadt Stuttgart zählen.

Kontakt

HWP Planungsgesellschaft mbH

Rotenbergstr. 8
70190 Stuttgart

+49 711 1662 0
+49 711 1662 123