Standorte & Services

InfraServ Wiesbaden setzt auf mehr Nachhaltigkeit

Mit digitalen Innovationen für besseren Klimaschutz

19.03.2020 -

Im knapp 100 ha großen Indus­triepark Kalle-Albert mit rund 75 Standortfirmen und insgesamt knapp 6.000 Beschäftigten sind sehr anlageintensive Industrien angesiedelt. Die Produktionsfirmen rechnen mit entsprechend langen Abschreibungszeiten ihrer Anlagen und Maschinenparks. Wachsende Umweltschutzauflagen und die Klimapolitik in Deutschland und Europa sind ein Dauerthema – nicht selten verbunden mit der Frage, wie in einem international stark umkämpften Marktumfeld die angestrebte CO2-Freiheit der deutschen Chemieindustrie bis 2050 erreicht werden kann.

Wichtige Nachhaltigkeitsimpulse kommen von den Standortunternehmen, die Effizienz- und Effektivitätssteigerungen bei der Produktion nicht mehr nur betriebswirtschaftlich, sondern auch nach ökologischen und sozialen Kriterien bewerten. Die Allnex Germany bspw. ist Teil einer Unternehmensgruppe, die zu den Weltmarktführen in der Beschichtungsindustrie zählt. Im IP Kalle-Albert werden jährlich bis zu 15.000 t Kunstharze hergestellt. Im Einvernehmen mit dem Mutterkonzern bekennt man sich in Wiesbaden zu den „Sustainable Development Goals“ und dokumentiert regelmäßig Maßnahmen, um Umweltbelastungen zu vermeiden oder zu reduzieren.
So hat Allnex in den letzten Jahren durch die Installation neuer Steuerungselemente an den Hoch­temperaturöfen das Verbrennungsverhalten hinsichtlich Energieverbrauch und Emissionsverhalten deutlich verbessert. Auch der Kern­indikator CO2-Emission in Relation zum Produktionsvolumen konnte über die letzten Jahre durch technische Innovationen auf ohnehin schon sehr hohem Niveau verbessert werden.

Erfolge beim Klimaschutz
Ein Weichensteller auf dem Nachhaltigkeitsweg des Industrieparks ist die rund 900 Mitarbeiter starke Betreiberfirma InfraServ Wiesbaden (ISW), die von Lagerhaltung über Werkschutz bis hin zur Energieversorgung und Abwasserentsorgung die komplexe Infrastruktur sowie die dazugehörigen Leistungen kontinuierlich modernisiert. Regelmäßig überprüft ISW mit welchen Angeboten und Dienstleistungen es gelingen kann, die Kunden auch noch in fünf oder zehn Jahren zufriedenzustellen und die Zukunft des Industrieparks zu sichern. Nachhaltigkeit inklusive Klimaschutz und Fragen der Energiebeschaffung sind dabei zu zen­tralen Themen geworden.
Dies findet seinen Ausdruck auch darin, dass der Standortmanager im vergangenen Jahr die hausinternen Kompetenzen im Bereich Energiewirtschaft verstärkt hat. Ziel dabei war die noch stärker kostenoptimierte Steuerung der Folgen von Energiewende und Klimapolitik. Mit dem neuen Geschäftsfeld ESHA zur strategischen Betreuung der Themen Nachhaltigkeit, Umweltschutz, Arbeitssicherheit und Gesundheit ist 2019 zudem eine wichtige Ressource direkt auf Ebene der Geschäftsleitung angegliedert worden.
Ein Vorteil für die strategischen Nachhaltigkeitsaktivitäten ist, dass der Betreiber eigener großer Infrastrukturanlagen wie dem Kraftwerk und der Abwasserreinigungsanlage über eigene Indus­trieerfahrung verfügt und daher weiß, woher der „klimapolitische Wind“ aus Brüssel und Berlin weht. Hinzu kommt das über Jahrzehnte gewachsene Wissen durch die Wartung und Instandhaltung zahlreicher Maschinen und Anlagen und die Vernetzung mit anderen Standort-Kollegen, was zusätzliche Einblicke in die wachsenden Anforderungen an nachhaltige Produktionsverfahren ermöglicht.
Auch wenn im öffentlichen Diskurs wenig davon die Rede ist, hat eine Erhebung vom Verband der Chemischen Industrie (VCI) ergeben, dass die chemisch-pharmazeutische Industrie in Deutschland im Zeitraum 1997 bis 2017 die Produktion um 69 % steigern konnte, während der Energieverbrauch um 14 % und die Emission von Treibhausgasen (THG) sogar um 48 % zurück gingen. Der auf das gestiegene Produktionsvolumen bezogene spezifische Energieverbrauch war damit um rund 50 % und der spezifische THG-Ausstoß gar um etwa 70 % geringer.
Wo im Gegensatz zu anderen Sektoren wie Gebäude und Verkehr bereits so viel erreicht wurde, wird es in den nächsten 20 Jahren allerdings umso schwerer, weitere, signifikante Verbesserungen zu erzielen, da die Potenziale der sogenannten „low hanging fruits“ längst gehoben wurden. Andererseits dürfen durch den konsequenten Einsatz neuer, digitaler Technologien auch in Richtung klimaneutrale Produktion durchaus weitere Fortschritte erwartet werden.

KI für optimierten Kraftwerksbetrieb
ISW setzt hierfür auf zukunftsweisende Initiativen inklusive langfristiger Investitionen. So hat der Indus­trieparkbetreiber den Megatrend Digitalisierung sehr früh erkannt und sich darauf vorbereitet. Ein „Innovation Lab“ wurde gegründet, in dem Mitarbeiter neue High-Tech- und Digitalisierungsthemen aufspüren und Anwendungsmöglichkeiten im Industriepark eruieren. Zudem gibt es den „Open Innovation Circle“ zum firmenübergreifenden Erfahrungsaustausch auf Ebene der Betriebsingenieure, Produktionsleiter und IT-Experten am Standort. In diesen und anderen Foren sollen zukünftig auch Nachhaltigkeitsthemen stärker verankert werden.
Kleinere und größere Leuchtturmprojekte dienen dazu, auch im Umfeld Nachhaltigkeit Neugierde auf weitere Innovationen zu wecken und das Vertrauen in neue digitale Optionen zu stärken. So wurden bereits im Jahr 2016 im Rahmen einer Forschungspartnerschaft für die Optimierung des Kraftwerksbetriebs Big-Data-Analysen als eine Art Vorläufer moderner künstlicher Intelligenz eingesetzt. Rückblickend über zwei Jahre wurden Prozessdaten des Kraftwerks ausgewertet, um die Betriebszustände für Kessel und Turbinen hinsichtlich ihres Energieverbrauchs und ihres Emissionsverhaltens zu optimieren. Zunächst sahen sich die Experten mit einem unübersichtlichen Datenberg konfrontiert. Rund ein halbes Jahr nach dem Projektstart hatte die Software aber bereits so viel dazugelernt, dass sie in sehr kurzen Zeitabständen realistische Vorschläge für eine effizientere und nachhaltigere Steuerung des Kraftwerks lieferte.
Die für derartige Innovationen erforderlichen IT-Expertisen sind in den letzten Monaten innerhalb der ISW-Gruppe systematisch erweitert worden. Nicht zuletzt auch für die Zukunftsfähigkeit der umfassenden Dienstleistungsangebote der Tochtergesellschaft ISW-Technik sind unter dem Produktnamen KI Konzept neue Digitalangebote in der Entwicklung. Die IT-Spezialisten fokussieren auf Basis eines eigenen Rechenzentrums und schnellen, sicheren Netzen auf industriespezifische IoT-Lösungen und zusätzliche Kernaufgaben wie KI-Nutzung und Cyber Security in cloudbasierten Systemen.

Investitionen in Brückentechnologien
Mit der umfangreichen Modernisierung des Kraftwerks und dem Bau eines hochmodernen Gefahrstofflagers sind zuletzt große Infrastrukturinvestitionen eingeleitet worden. Beide Projekte zielen auch auf eine deutlich verbesserte Nachhaltigkeit ab und sind damit grundlegende Voraussetzungen, um den Standortunternehmen dauerhaft wettbewerbsfähige Bedingungen bieten zu können.
Die Versorgungssicherheit mit Energien ist für den Betrieb des Industrieparks essenziell. Um diese zu gewährleisten und auch beim Strom eine autarke Vollversorgung zu gewährleisten, wird derzeit ein hochmodernes Gas- und Dampfturbinen-Kraftwerk (GuD) mit einem Investitionsvolumen von rund 90 Mio. EUR errichtet. Das neue Kraftwerk wird nach dem Prinzip der Kraft-Wärme-Kopplung arbeiten und einen durchschnittlichen Energieausnutzungsgrad von weit über 80 % erreichen. Dieser Ansatz steht für eine auch von staatlicher Seite anerkannte Brückentechnologie zur nachhaltigen Energieversorgung ohne Kernkraft und Kohle.
Einen Beitrag zum Klimaschutz wird das GuD-Kraftwerk auch dadurch leisten, dass zukünftig auf den Zukauf von Strom verzichtet werden kann. Dieser zugekaufte Strom basiert aktuell noch im Wesentlichen auf der Nutzung von Braunkohle, die als Energiequelle eine deutlich schlechtere Klimabilanz aufweist. Der CO2-Ausstoß bei der Energie­erzeugung liegt bei einem Braunkohle-Kraftwerk rund 2,5-mal höher als bei einem GuD-Erdgaskraftwerk. Der aktuelle Fremdstromanteil liegt noch bei etwa zwei Dritteln des Gesamtbedarfes von rund 420 GWh pro Jahr. Das entspricht in etwa dem Strombedarf der gesamten hessischen Landeshauptstadt.
Der lokale CO2-Fußabruck des Industrieparks wird sich durch den Leistungsausbau des Kraftwerks von jetzt 32 MW auf zukünftig 78 MW trotz High-Tech-Brückentechnologie vergrößern. Dies wurde mitunter schon moniert. Betrachtet man jedoch die gesamte Kette der Energieschöpfung von der Rohstoffgewinnung bis zu ihrer energetischen Nutzung, was für den Klimaschutz von deutlich größerer Relevanz als die lokale Bilanz ist, so ergeben sich immense Vorteile im Sinne der Nachhaltigkeit.
Mit an Bord dieses bislang größten und zugleich nachhaltigen Infrastrukturprojektes ist der regionale Energieversorger ESWE, der über eine neue Leitung hochverdichtetes Erdgas an die Gasturbinen des GuD-Kraftwerks heranführen wird.

Nachhaltige Investitionen
Im Zuge der Modernisierung der Energieversorgung wurde zur Verbesserung der Umweltbilanz zudem ein vorhandener Gaskessel, der in Betrieb bleiben wird, aufgerüstet. Im Juli 2019 wurde ein neuer Katalysator installiert, durch den die Emissionen von Stickoxid (NOX) und Kohlenstoffmonoxid (CO) deutlich reduziert werden konnten.
Parallel zur Kraftwerksmodernisierung arbeitet der Standortbetreiber im Rahmen einer Entwicklungspartnerschaft mit dem Steuerungs- und Regelungstechnikexperten Samson an der Weiterentwicklung einer IoT-Plattform. Als erstes gemeinsames Projekt geht es darum, die Prozesse der Biologischen Wasseraufbereitung auch mit Blick auf Umweltindikatoren zu verbessern.
Nachhaltigkeit und Klimaschutz sind also nicht nur Themen für Talkshows und Konferenzen. Im indus­triellen Alltag sind sie bei vielen Unternehmen längst fester Bestandteil langfristiger Pläne zur Standortentwicklung.

Fingerspitzengefühl beim Klimaschutz
Statement von Peter Bartholomäus, Vorsitzender der Geschäftsleitung, InfraServ Wiesbaden

„Die wirtschaftlichen Effekte der fortschreitenden Digitalisierung von Produktionsprozessen und Wertschöpfungsketten können bis heute nur ansatzweise erfasst werden, weil wir mit dieser Entwicklung noch ganz am Anfang stehen. Das gilt ebenso für neue Impulse der Digitalisierung für den Klimaschutz. Übertragen lässt sich dies auch auf das noch wenig genutzte Potenzial moderner Biotechnologien, die zukünftig CO2-intensive Fertigungen und kohlenstoffbasierte Produktwelten zumindest teilweise werden ersetzen können. Effektiver Klimaschutz kann nur dann gelingen, wenn wir alle technischen Potenziale auszuschöpfen lernen. Wir haben uns in diesem Sinne zum Ziel gesetzt, gemeinsam mit unseren Partnern und Kunden im Industriepark Kalle-Albert in Richtung Digitalisierung zu gehen und die Zukunft unseres Standorts nachhaltig zu gestalten.
Verharren im Status quo ist keine Alternative, denn als Gesellschaft haben wir uns sehr hohe Ziele gesetzt. Einerseits möchten wir den Industriestandort Deutschland als Garant für Wohlstand und Stabilität im globalisierten Wettbewerb erhalten und stärken. Anderseits haben wir Nachhaltigkeit und Klimaschutz in den Rang neuer gesellschaftlicher Organisationsprinzipien erhoben und institutionell verankert. Dieses Paradigma reibt sich derzeit noch mit marktwirtschaftlichen Strukturen, indem wir z. B. über einen bestimmten Zeitraum den Energieverbrauch politisch gewollt bewusst verteuern. In der Folge bemisst sich Energieeffizienz heute in der öffentlichen Diskussion auch immer weniger an Energieverbrauch und Strompreisen als am CO2-Fußabdruck der eingesetzten Ressourcen.
Es bedarf großen Fingerspitzengefühls bei dieser Transformation von Produktion und Konsum in Richtung Dekarbonisierung, um der hierfür benötigten Innovations- und Wirtschaftskraft nicht das Wasser abzugraben. Das betrifft auch und vor allem den Umgang mit kapital- und wettbewerbsintensiven Industrien wie der deutschen Chemiebranche, die auch bei uns im Industriepark forscht, entwickelt und produziert.
Um die anstehenden Herausforderungen durchschauen und meistern zu können, brauchen wir auf jeden Fall einen frischen, positiven Blick nach vorne. Es bedarf mutiger Visionen, vernünftiger Leitplanken und ehrlicher Diskussionen über das, was kurz- oder eben auch nur mittel- und langfristig geht. Für die Chemieindustrie gibt es keinen Grund, sich in diesem Diskurs zu grämen. Vielmehr können wir stolz drauf sein, was in den vergangenen Jahren bereits für den Klima- und Umweltschutz geleistet wurde.“

 

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