Industriedienstleister Yncoris setzt in der Instandhaltung Asset Tracking ein
Im Chemiepark Knapsack können Pumpen und Aggregate zur Instandsetzung digital geortet werden
Ihr Paket hat das Versandzentrum verlassen und wird in Kürze zugestellt. Dieser Satz ist für Kunden vieler Internetversender eine Selbstverständlichkeit. Auch für Kunden des Industriedienstleisters Yncoris könnte dies im Bereich Pumpen- und Aggregateinstandsetzung bald keine Zukunftsmusik mehr sein – dank eines modernen Asset Trackings.
Fällt in einer Anlage eine Pumpe oder ein Aggregat aus, muss schnell Ersatz her. Um mögliche Ausfallzeiten so gering wie möglich zu halten, sind im Chemiepark Knapsack die meisten Unternehmen Teil eines Aggregatepools. Dadurch erhalten sie bei einer Störung oder einem Defekt direkt ein passendes Ersatzaggregat. Der Standortbetreiber hält dazu rund 14.000 Pumpen und Aggregate vor. Parallel dazu ist in der hausinternen Werkstatt mit Pumpenprüfstand eine Reparatur innerhalb weniger Tage oder sogar Stunden möglich. Seit Kurzem können die Fach- und Führungskräfte aus den Werkstätten den Standort einer Pumpe oder eines Aggregats über Asset Tracking genau nachvollziehen. Dahinter steht die Idee, interne Prozesse möglichst einfach und schlank zu halten. Denn defekte, auf die Reparatur wartende Aggregate nehmen Platz weg und stehen vor allem den Kunden im Notfall nicht zur Verfügung.
„Durch das Asset Tracking erhoffen wir uns einen weiteren Schub hinsichtlich einer Beschleunigung der Durchlaufzeiten bei der Reparatur. Und wenn unsere Kunden wissen wollen, wo sich das von ihnen dringend benötigte Ersatzaggregat befindet, können wir diese Information auf Knopfdruck liefern“, sagt Henning Hörbelt, der den Pumpen- und Aggregatepool leitet. „Gemeinsam mit der IT und der Instandsetzungswerkstatt haben wir ein Pilotprojekt gestartet, weil wir von der Praxistauglichkeit absolut überzeugt sind. Bis wir uns allerdings mit DHL und Amazon vergleichen können, stehen uns noch ein paar Tests und Weiterentwicklungen bevor.“
Klein anfangen und immer weiter ausbauen
Zu Testzwecken rüstet das Unternehmen Aggregate seit Kurzem mit kleinen Anhängern aus, sog. Tags oder Beacons. Derzeit hat das Unternehmen rund 125 Motoren von Aggregaten mit solchen Beacons ausgestattet. In den Gebäuden befinden sich mehrere Zonen, die von jeweils einem Scanner abgedeckt werden: unter anderem am Anlieferplatz, der Demontage, in der Pumpenwerkstatt, am Pumpenprüfstand, am Abholplatz und im Aggregatelager. Sie nehmen diese Signale auf und leiten sie an eine IIoT-Plattform in der eigenen Industrial Cloud. „Wir können damit den Weg von der Abholung über verschiedenen Stellen in der Werkstatt bis zur Einlagerung oder dem Einbau nachvollziehen“, sagt Marius Walzog, der das Projekt von der IT-Seite her leitet.
„Durch das Asset Tracking erhoffen wir uns eine Beschleunigung der Reparatur.“
Henning Hörbelt, Leiter Pumpen- und Aggregatepool
Passives Tracking mithilfe von Beacons und Scannern
Die Beacons basieren auf Bluetooth Low Energy (BLE) und sind in einem robusten Industriegehäuse verbaut. Sie senden regelmäßig nur solche Signale aus, die zur Identifizierung und zur Ortsbestimmung notwendig sind. Auf freiem Feld reichen sie bis zu 200 m weit. Die Signale werden in einem Intervall von etwa 15 min. gesendet. Das ist genau genug für die Bestimmung eines Standorts, aber ungenau genug, um zu verhindern, dass Mitarbeiter überwacht oder die Wege von Fahrzeugen beobachtet werden könnten. Betrieben werden die Beacons und Scanner über Batterie. Aufgrund der relativ geringen Sendefrequenz ist der Stromverbrauch vergleichsweise gering und die Hardware wenig wartungsintensiv. Walzog: „Wir gehen derzeit von einer Batterielaufzeit von rund fünf Jahren für die Beacons und von ein bis zwei Jahren bei den Scannern aus.“
Da die Geräte größtenteils keinen Strom- oder Netzwerkanschluss benötigen, lassen sie sich schnell und einfach via Plug‘n‘Play an beliebigen Orten oder Assets anbringen oder aufstellen. Darüber hinaus untersucht der Industriedienstleister, wie sich bestehende Netzwerkkomponenten verknüpfen lassen.
Proof of Concept: Alltagstauglichkeit im Test
„In der jetzigen Phase prüfen wir, ob alles so funktioniert, wie wir uns das vorgestellt haben, auch wenn wir eine Vielzahl von Aggregate-Motoren und Beacons gleichzeitig beobachten“, sagt Walzog. Dabei erprobt das Projektteam bspw. spezielle Lösungen, die sich auch für explosionsgeschützte Bereiche eignen. Außerdem testet das Team die Grenzen der Technik. Sie prüfen, wie zuverlässig sich die Tags den verschiedenen Zonen zuordnen lassen, wie viele Beacons gleichzeitig vom Scanner erfasst werden können oder bis zu welcher Entfernung vom Scanner sich die Tags eindeutig zuordnen lassen. „Derzeit kommt es vor, dass zwei Scanner gleichzeitig ein Aggregat erkennen. Hier arbeiten wir an einer genaueren Zuordnung und Feinjustierung der Parameter“, erklärt der IT-Experte. Beim Ausbau und zur weiteren Präzisierung der Lösung stimmen sich die Projektmitglieder eng mit den Alltagsanwendern ab.
Vorteile für Kunden und Fachbereich
Die Vorteile des Asset Trackings sind vielfältig. So erhält der Werkstattmeister beim Eintreffen eines Aggregats eine Nachricht und kann daraufhin direkt seinen Instandsetzungsauftrag planen, Ersatzteile disponieren und die passenden Mitarbeiter einteilen. Transportzettel, regelmäßiges Nachschauen und vor allem das Suchen von Aggregaten in der Werkstatt entfallen nahezu komplett. Auch eine automatische Anbindung an die Auftragsabwicklung im ERP-System ist grundsätzlich denkbar. „In der Endausbaustufe können wir uns gut vorstellen, dass wir das Asset-Tracking mit unserem SAP-System verbinden, in dem wir bestimmte Zonen mit dem Auftragsstatus koppeln. Dann wäre es möglich, über das System automatisch die Rechnungsstellung anzustoßen, sobald das Aggregat unsere Qualitätskontrolle verlassen hat“, so Hörbelt.
Auch für die Kunden könnten sich durch das Asset-Tracking in Zukunft einige Prozesse verbessern. „Gerade bei produktionskritischen Aggregaten zählt jede Minute. Wenn wir es schaffen, unsere Scanner-Infrastruktur in den nächsten Jahren auszubauen, wären unsere Kunden in der Lage, am Chemiepark Knapsack sehr genau nachzuvollziehen, wann das Ersatzaggregat am Anlieferplatz ankommt. Das erleichtert die Planung des Einbaus und spart somit wertvolle Zeit“, ist Hörbelt überzeugt.
Digitalisierung geht nur mit dem richtigen Prozess
Im Projekt stimmen sich Instandhaltung und IT eng ab. „Es ist entscheidend, dass zum einen die IT-Lösung einen echten Mehrwert bietet und der Fachbereich zum anderen seine Prozesse entsprechend unter die Lupe nimmt“, so Walzog. Denn die Digitalisierung könne nur dann zum Erfolg werden, wenn IT und Fachbereich im Team entwickeln und testen würden. „Schließlich ist es unser gemeinsames Ziel, die Mehrwerte durch Asset Tracking am Standort in Knapsack auszubauen.“ Hörbelt ergänzt: „Und vielleicht heißt es dann für unsere Kunden wie selbstverständlich: Ihre Pumpe hat die Werkstatt verlassen und wird in Kürze zugestellt.“ (op)
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