Höchste Sicherheitsstandards haben Priorität
Linde: Flurförderzeuge auch mit kundenspezifischen Lösungen für den Ex-Bereich
Ganz allgemein steigt die Nachfrage nach kundenspezifischen Lösungen. Das gilt auch für explosionsgeschützte Flurförderzeuge. So erweitert Proplan, ein Tochterunternehmen von Linde Material Handling (MH), zum einen sein Angebot an Fahrzeugen für die Ex-Schutzzone 2/22 mit Niederhubwagen von 1,6 bis 2,0t Tragfähigkeit und einem Mittelhubkommissionierer mit einer Tonne Tragfähigkeit. Zum anderen wurde für die Chemie- und Pharmaindustrie das explosionsgeschützte Flurförderzeug „Fasskipper" in zwei verschiedenen Ausführungen entwickelt. Mit diesem lassen sich offene oder geschlossene Fässer mit einem Gewicht von bis zu 300kg greifen und kippen.
Wo immer auch nur kurzzeitig eine explosive Atmosphäre herrschen kann, sind Maßnahmen für Flurförderzeuge zu ergreifen, um eine Zündung durch heiße Oberflächen, Funken oder statische Elektrizität zu verhindern. Eine Vielzahl an Richtlinien und Verordnungen schafft entsprechende gesetzliche Grundlagen für Hersteller und Betreiber. Allen voran die noch geltende EG-Maschinenrichtlinie 94/9/EG für explosive Atmosphären (ATEX 95) - die innerhalb der nächsten zwei Jahre durch die Richtlinie 2014/34/EU abgelöst wird - und die Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV). Letztere unterteilt explosionsgefährdete Bereiche in Zonen, die die Wahrscheinlichkeit des Auftretens von explosionsfähiger Atmosphäre widerspiegeln.
In Zone 0 ist eine gefährliche explosionsfähige Atmosphäre ständig, über lange Zeiträume oder häufig vorhanden. Flurförderzeuge kommen in diesem Bereich nicht zum Einsatz. In Zone 1 (Gase) bzw. 21 (Stäube) bilden sich Gemische aus Luft und brennbaren Gasen, Dämpfen oder Nebeln bzw. in der Luft enthaltenem, brennbarem Staub bei Normalbetrieb nur gelegentlich. In Zone 2 (Gase) bzw. 22 (Stäube) treten diese Gemische normalerweise nicht oder nur kurzzeitig auf. Wenn bereits einmal pro Jahr eine explosionsfähige Atmosphäre herrscht, sollte der betroffene Bereich in Zone 2/22 eingestuft werden. Und es besteht Konsens unter Experten, dass in Zone 2/22 eine explosionsfähige Atmosphäre in Gefahr drohender Menge nur wenige Male im Jahr und nicht länger als 30 Minuten je Vorgang auftreten darf.
Geräteeinsatz in der Ex-Schutzzone
Geräte, die in Ex-Schutzzone 1/21 zum Einsatz kommen, benötigen für sicherheitsrelevante Komponenten eine EG-Baumusterprüfbescheinigung. Diese wird von „benannten Stellen", wie z.B. der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt (PTB), INERIS oder dem TÜV, ausgestellt. Bei Flurförderzeugen für die Ex-Schutzzone 2/22 genügt hingegen das Qualitätsmanagementsystem (EN ISO 9001) des Herstellers. Damit sich die Kunden aus der Chemie-, Pharma-, aber auch der Lebensmittelindustrie auf EX-Stapler der Marke Linde in höchstmöglichem Maß verlassen können, legt der Aschaffenburger Hersteller die Vorschriften der Zone 2/22 sehr streng aus. „Proplan als nach EG-Maschinenrichtlinie 94/9/EG zertifiziertes Unternehmen orientiert sich bei EX-Fahrzeugen der Zone 2/22 an der Zertifizierung für Geräte der Zone 1/21 und führt in Eigenregie eine vergleichbare Baumusterprüfung durch", erklärt Proplan-Geschäftsführer Herbert Kunkel.
Ein Beispiel sind die elektrischen Betriebsmittel für die Zündschutzarten in Gas „Ex nc" (Zündschütz durch abgedichtete Einrichtungen) und „Ex tc" (Zündschutz durch Gehäuse) der aktuellen Elektro-Stapler Linde E12 EX bis E20 EX. Komponenten wie Leistungsteile, Anzeigegehäuse, Steuergerät oder Zündstartschalter entwickelt Proplan nach den Anforderungen der DIN-Normen EN 60079-15 bzw. EN 60079-31 und prüft sie in Zusammenarbeit mit dem TÜV Rheinland.
Zusätzlich zu den auch bei außergewöhnlichen Vorfällen sicheren Geräten der Zone 1/21 sei in den letzten Jahren die Nachfrage nach im Normalbetrieb sicheren Geräten für die Zone 2/22 gestiegen. Deshalb weitet der Staplerhersteller das Produktprogramm in diesem Segment aus. Proplan-Geschäftsführer Kunkel: „Wir stellen uns auf neue und sich ändernde Anforderungen unserer Kunden ein. Außerdem sind wir überzeugt davon, auch mit unseren Fahrzeugen für die Zone 2/22 aufgrund der Seriennähe sowie der hohen Qualitäts- und Sicherheitsansprüche eine besondere Stellung im Markt einzunehmen."
Niederhubwagen für die Zone 2/22
Bei den neuen Niederhubwagen Linde T16 EX bis T20 EX mit Fahrzeuggesamtzertifikat für die Zone 2/22 handelt es sich um vielfältig in Produktions- und Lagerbereichen einsetzbare Modelle. Sie stehen den Serienfahrzeugen hinsichtlich Ergonomie, Leistungsstärke, Komfort und Servicefreundlichkeit in nichts nach und sind für Batteriekapazitäten von 150Ah bis 375Ah ausgelegt. In der EX-Ausführung sind Drehstrommotor, Bremse sowie Drehzahl- und Temperatursensor durch ein Gehäuse geschützt, Magnetventil und Steuergehäuse durch Vergussmasse abgedichtet, was durch eine entsprechende Konformitäts- bzw. Herstellererklärung belegt ist.
Die Proplan-Safety-Unit (PSU) überwacht alle elektrischen Funktionen und sorgt dafür, dass die Geräte sicher in Zone 2/22 eingesetzt werden können. Auch die Dokumentation entspricht dem Qualitätsniveau der Linde EX-Geräte für Zone 1/21. Sämtliche Dokumente sind zentral bei Proplan hinterlegt.
Gleiche Sicherheitsmaßstäbe gelten für die neuen Mittelhubkommissionierer Linde V10 EX für Zone 2/22 mit Greifhöhen bis zu 6.350mm, gefederter Fahrerplattform, last- oder mastseitigem Bedienerpult und Freisicht-Hubmast.
Fasskipper für den Ex-Schutzbereich
Mit dem für die Chemie- und Pharmaindustrie in zwei verschiedenen Ausführungen entwickelten „Fasskipper" lassen sich offene oder geschlossene Fässer mit einem Gewicht von bis zu 300kg greifen und kippen.
Die Basis beider Sonderlösungen für explosionsgeschützte Bereiche bildet ein Linde-Hochhubwagen mit gekürzter Radbasis. Das Fahrzeug erlaubt die Kombination mit verschiedenen Anbaugeräten, um Fässer greifen und kippen zu können. Dabei werden Fahrzeug und Anbaugerät jeweils als abgestimmte Einheit geliefert.
Eine erste Geräteausführung mit kombiniertem Greif- und Kippanbaugerät konzipierten die Entwickler für ein Chemieunternehmen, um in Ex-Schutzzone 1 geschlossene Fässer mit Spundöffnung und einem Durchmesser von 300 bis 600mm Durchmesser aufnehmen, transportieren und zwischen null und 180 Grad schwenken zu können, um den Inhalt in eine Maschine zu füllen.
Das Fahrzeug bewegt der Bediener über die lange, tief angebrachte Deichsel. Dadurch befindet er sich stets in einem großen Abstand zum Fahrzeug und steuert alle hydraulischen Funktionen des Anbaugerätes wie Greifen, Heben oder Drehen über feinfühlige Handhebel. Mithilfe dieser Handhebel lassen sich auch Fässer sicher aufnehmen, die nicht exakt auf der Palette platziert sind. Um Fehlbedienungen des Gerätes zu vermeiden, ist bei allen sicherheitsrelevanten Funktionen eine Zwei-Hand-Bedienung erforderlich. Zwei große Lasträder schaffen Bodenfreiheit und erlauben auch Fahrten über Schwellen und Bodenunebenheiten. Je nach Deichselposition passt die Funktion „SafetySpeed" zudem automatisch die Fahrgeschwindigkeit an.
Eine zweite Ausführung des ex-geschützten Fasskippers wurde für einen Kunden aus der Pharmaindustrie entwickelt. Die Aufgabenstellung bestand darin, mit dem Fahrzeug in der Ex-Schutzzone 2 offene Fässer ebenfalls zu greifen sowie anschließend bestimmte Mengen auf einer Waage zu dosieren und abzufüllen. Zudem sollte der Bediener den Abfüllprozess beobachten. Das um 100mm längere Fahrzeug mit einer Tragfähigkeit von ebenfalls 300kg verfügt jedoch nicht über Handhebel zur Steuerung der Hydraulik, sondern über eine Fernbedienung mit Zwei-Stufen-Taster. Auch diese ist aus Sicherheitsgründen als Zwei-Hand-Bedienung ausgeführt.