Heartbeat Technology ermöglicht gezielten Einsatz von Entschäumer
Schaumbildung im Griff
Effiziente Produktion und minimale Kosten – so oder so ähnlich lassen sich die Herausforderung vieler Chemieunternehmen sicherlich beschreiben. Daher wird ein kosteneffektiver und sicherer Anlagenbetrieb entlang des kompletten Wertschöpfungsprozesses und während des gesamten Lebenszyklus angestrebt. Diesen Herausforderungen müssen sich aber nicht nur Chemieunternehmen stellen, sondern sie gewinnen auch für Chemiepark-Betreiber immer mehr an Bedeutung. Wettbewerbsfähigkeit und eine gezielte Prozessoptimierung mit Hinblick auf Reduktion der Betriebskosten ist dabei das ständige Ziel. Eine wirtschaftliche Lösung zur optimalen Zudosierung von Entschäumer wurde nun im Infrapark Baselland durch die Nutzung der Heartbeat Technology von Endress+Hauser realisiert.
Die Betreiber des Infraparks Baselland in der trinationalen Region Basel, genauer in Schweizerhalle gelegen, streben ständig danach, die Prozesse zu optimieren – entlang der gesamten Wertschöpfungskette. Die vom Infrapark angebotenen Dienstleistungen sind auf die forschende, entwickelnde und produzierende chemische Industrie zugeschnitten und erfüllen sämtliche Anforderungen an einen Chemie- und Life-Sciences-Standort. Diese umfassen neben den Kernaktivitäten Facility Management sowie Energie- und Betriebsmittelversorgung auch die Abfallentsorgung.
In der Regel werden Industrieabwässer aus der Produktion von Spezial- und Agrochemikalien sowie Farbstoffen getrennt vorbehandelt, bevor sie in die biologische Industriekläranlage gelangen. Auch im Infrapark Baselland werden die industriellen Abwässer aufgefangen und in der Abwasservorbehandlungsanlage (Avora) vorbehandelt, bevor sie der Industrie-Kläranlage ARA Rhein in Pratteln zugeführt werden. Die Avora ist spezialisiert auf die Vorbehandlung von Industrieabwässern, die Inhaltsstoffe enthalten, welche in biologischen Kläranlagen nur schlecht oder gar nicht abbaubar sind oder toxische oder prioritäre Stoffe enthalten. Solche Abwässer werden soweit vorbehandelt, dass die gesetzlichen Anforderungen an die biologische Kohlenstoffelimination sowie die Begrenzung der Schwermetalle und Einzelstoffe sicher und nachhaltig eingehalten werden. Anschließend an die Vorbehandlung fließen sie in die Industrie-Kläranlage, in der sie biologisch endgereinigt werden. Dabei kann die Avora dank ihrer industriellen Auslegung und hoher Spezialisierung in Entsorgungsfragen problematische Abwässer fach- und umweltgerecht vorbehandeln und auch Schwermetalle aller Art (ohne Quecksilber), wasserlösliche, giftige organischen Inhalts- und Spurenstoffe sowie Industriechemikalien beseitigen. Die Abwasservorbehandlung Avora ist ein wichtiger Baustein im Abwasserkonzept des Infrapark Baselland. Im Kernstück der Anlage, einem 16 m hohen Oxidationsreaktor, wird zur ersten Oxidation Sauerstoff in das Abwasser geblasen. Dadurch kann es prozessbedingt zu einer starken Schaumbildung kommen. Der Schaum reduziert einerseits das nutzbare Reaktionsvolumen und somit den Durchsatz und dringt andererseits im ungünstigsten Fall in das Abluftsystem ein. Bisher wurde prophylaktisch Entschäumer in den Prozess dosiert, um die eventuell auftretende Schaumbildung zu unterbinden. Da die Wirkung des schaumhemmenden Mittels jedoch nicht gemessen werden konnte, führte die prophylaktisch Beigabe zu vergleichsweise hohen Verbräuchen an Antischaummittel und damit zu hohen Kosten.
Schaumerkennung mit Radar-Füllstandsmessgerät
Um den Füllstand im Oxidationsreaktor zu messen, wird ein frei abstrahlendes Radar-Füllstandsmessgerät (Micropilot) verwendet. Das eingesetzte Messgerät vom Typ Micropilot gehört zur neuesten Generation (ab Hart 7) der Füllstandmessgeräte Micropilot (frei abstrahlendes Radar; FMR 5x, FMR 6x) und Levelflex (geführtes Radar; FMP 5x). Diese Füllstandmessgeräte verfügen über die Diagnose-, Verifikations- und Monitoringfunktionen der Heartbeat-Technology und erlauben dadurch eine permanente Prozess- und Gerätediagnose mit höchster Fehleraufdeckung. Mit Hilfe gerätespezifischer Trendparameter können zudem Prozesseinflüsse, die Auswirkungen auf die Messwertzuverlässigkeit der Sensoren haben, frühzeitig und eindeutig aufgespürt werden. Bei einer kontinuierlichen Füllstandsmessung mittels Radarmesstechnik wird auf einen Blick deutlich, ob sich Ansatz, Kondensat am Stutzen des Gerätes oder Schaum auf der Oberfläche des Mediums gebildet hat. Im Oxidationsreaktor macht man sich nun die Schaumerkennung zu nutzen, um darüber die Dosierung des Entschäumers zu steuern.
So funktioniert die Schaumerkennung mit Heartbeat Technology: Die vorhandene Schaumoberfläche hat eine erhöhte Dielektrizitätskonstante im Vergleich zur Gasphase. Dieses führt bei Durchstrahlung der Schaumoberfläche mit Mikrowellenenergie zu einer Verringerung des Reflexionssignals. Das Radargerät prüft ständig die Höhe des Reflexionssignals und signalisiert über das Heartbeat Monitoring den Zustand in das Leitsystem. Daraus kann eine entsprechende Schaumerkennung realisiert werden. Die Parametrierung und damit die Definition der zu erkennenden Schaumoberfläche erfolgt über eine geführte Wizard-Funktion im Heartbeat Monitoring.
Bei der Avora des Infrapark Baselland wird zusätzlich über eine Druckmessung noch der Füllstand hydrostatisch bestimmt. Dadurch kann neben der Erkennung von Schaum durch den Micropiloten zusätzlich auch die Schaumhöhe durch Differenzbildung aus Füllstandssignal vom Radar und der Druckmessung, bestimmt werden. Daraus wird die Zudosierung von Entschäumer gezielt gestartet und die Schaumbildung gestoppt. Unkontrollierte Prozesszustände auf Grund der unterschiedlichsten Prozessabwässer werden vermieden und gleichzeitig wird die Prozesssicherheit erhöht, die Kosten werden gesenkt.
Fazit
Die in den Radarmessgeräten integrierte Heartbeat Technology kann mittels gerätespezifischer Trendparameter Anhaltspunkte für Betriebszuverlässigkeit und Prozesssicherheit liefern. So kann über die Monitoringfunktion z. B. eine Schaumbildung im Oxidationsprozess sicher erkannt und Entschäumer gezielt eingesetzt werden. Die Kombination von Geräte- und Prozessparametern liefert die Analyse für gezielte Prozessoptimierung. Dadurch werden Ressourcen gespart, Betriebskosten gesenkt, die Prozesssicherheit erhöht und die Umwelt geschont.