Frauen-Netzwerk in den Life Sciences
Das Managerinnen-Netzwerk der VBU bringt Expertinnen zusammen
Ein Frauennetzwerk für Führungskräfte? Die haben es doch ohnehin schon geschafft – wozu brauchen sie ein solches spezielles Angebot? Wer einmal bei einem Treffen des Managerinnen-Netzwerks dabei war, weiß, dass diese Veranstaltungen anders sind als alles, was sonst an Workshops, Konferenzen oder Tagungen im Terminkalender der Dechema steht.
Seit Anfang der 2000er Jahre besteht das Managerinnen-Netzwerk in den Life Sciences, wie es offiziell heißt. Gegründet im Rahmen der Vereinigung Deutscher Biotechnologie-Unternehmen (VBU) innerhalb der Dechema, steht es heute Dechema-Mitgliedern und Interessierten offen. Es geht um das Knüpfen von Businesskontakten, den persönlichen Erfahrungsaustausch als Fach- und Führungskräfte mit unterschiedlichem beruflichem Hintergrund und es bietet eine Plattform für Diskussionen und Kooperationen. Das informelle Networking steht im Vordergrund. Was das Netzwerk dabei besonders auszeichnet: Egal, ob Expertin oder eher fachfremd, dank der offenen Atmosphäre, die viele Fragen zulässt, nimmt jede aus den Veranstaltungen etwas mit – vom Staunen über moderne Technik bis zu neuen Ideen für die eigene Arbeit und wertvollen Kontakten.
„Welche Rolle die Beschränkung auf Frauen für diese Offenheit und das große gegenseitige Vertrauen spielt, können wir selbst nicht genau benennen“, sagt Susanne Simon, Vorsitzende des Netzwerks. „Wir wissen aber aus Rückmeldungen von Managerinnen wie auch Managern, dass das in dieser Form einmalig ist und wir es so woanders nicht erleben.“ Das Netzwerk nimmt deshalb auch in der Landschaft der Dechema-Gremien und -Veranstaltungen eine ganz besondere Rolle ein.
Zwar hat sich der Austausch per Fax, der im Gründungsprotokoll vor über 20 Jahren angeregt wurde, nicht durchgesetzt, aber die letzten beiden Jahre haben neue Formate hervorgebracht, die das „Reinschnuppern“ erleichtern: Derzeit hat der Veranstaltungskalender eine feste Struktur: Dreimal im Jahr begegnen sich die Mitglieder in Präsenz oder virtuell, um sich zu informieren, ihre Inhalte vorzustellen und neue Kontakte zu knüpfen.
Den Jahresauftakt bildet seit 2021 die Online-Kompetenzbörse, seit 2022 ist dafür der letzte Freitag im Januar reserviert. Aus der (Corona-)Not geboren, hat sich das einzigartige Online-Format zu einem festen Termin im Kalender gemausert. Die Regeln sind einfach: Jede Sprecherin hat fünf Minuten Zeit für einen Impulsvortrag, anschließend gibt es zehn Minuten für Fragen und Diskussionen. Was die Referentinnen berichten, bleibt vollständig ihnen überlassen – persönliche Erlebnisberichte, berufliche Wendepunkte, Technologievorstellungen, Forschungsarbeiten oder Gründererfahrungen, alles kann hier Platz finden. Das macht die Kompetenzbörse nicht nur unglaublich vielfältig, sondern führt auch zu einem offenen Austausch, den man sonst kaum je erlebt (und das trotz des virtuellen Raums).
Die beiden anderen Treffen finden in Präsenz statt. Einmal jährlich ist das Managerinnen-Netzwerk bei wechselnden Gastgebern vor Ort. Diese gestalten dann das Programm wesentlich mit. So hatten die Mitglieder in den letzten Jahren die Gelegenheit, unterschiedliche Unternehmen und Institutionen kennenzulernen wie das Fraunhofer Institut für Silicatforschung ISC in Würzburg, wo an verschiedenen regenerativen Therapien geforscht wird, Tesa Labtec in Langenfeld, das auf therapeutische Spezialdarreichungsformen spezialisiert ist, oder Miltenyi Biotec, wo Zelltherapeutika entwickelt und bis in die klinische Anwendung gebracht werden. Das Schöne an diesen Treffen ist, dass es nicht bei der Theorie bleibt – die Gastgeber gewähren Einblick in ihre Forschungs- und Produktionsräume und ergänzen die Fachvorträge damit um einen wesentlichen praktischen Aspekt.
„Die Position ist nicht so wichtig, was zählt, ist das Mindset.“
Und dann gibt es die Treffen – in der Regel im Herbst – im Dechema-Haus, die thematisch alles abdecken können, was von den Mitgliedern oder den Vorsitzenden auf die Agenda gesetzt wird. Häufig geht es dabei um Themen, die nicht nur für Führungskräfte in den Life Sciences relevant sind: 2021 ging es um „Ära 4.0 – Führen, Vermarkten, Verkaufen: Besser, schlechter, anders? Was das virtuelle Arbeiten verändert“ – ein Thema, zu dem in bzw. nach der Pandemie jede ihre Erfahrungen beizutragen hatte und wo die Einordnung durch die Referentinnen half, die eigenen Erlebnisse in einen größeren Kontext zu setzen und daraus Schlüsse zu ziehen. Aber auch die Suche nach Kooperations- oder Finanzierungspartnern, die Entwicklung von Ideen bis zum Markteintritt oder Biosimilars standen schon auf der Agenda. „An Themen mangelt es uns nicht“, sagt Anna-Katharina Heide, eine der beiden stellvertretenden Vorsitzenden des Netzwerks. „Wir legen Wert auf Themen mit fachlicher Relevanz, sei es aus technisch-wirtschaftlicher Sicht oder mit Blick auf Führungskompetenzen. Die inhaltliche Qualität der Veranstaltungen ist ebenso wichtig wie das Netzwerken an sich.“
Das Netzwerk ist auch offen für Kooperationen – gemeinsam mit „Frauen in die Aufsichtsräte“, FidAR, organisierte es bspw. eine Veranstaltung zu „Kompetenzen für Aufsichtsrätinnen von Bio- und Medtech-Unternehmen“, bei dem die Referentinnen teils tiefe Einblicke in ihre Vorgehensweise und Motivation ermöglichten, aber auch praktische Tipps gaben.
Das Netzwerk steht dabei allen offen – der Managerin im Konzern im „klassischen“ Sinne, der erfahrenen Führungskraft, aber auch jungen Fachfrauen, die sich weiterentwickeln wollen oder einfach den Austausch mit anderen suchen. Die einzige Voraussetzung ist Eigeninitiative. „Die Position ist nicht so wichtig, was zählt, ist das Mindset“, erläutert Helge Lubenow, stellvertretende Vorsitzende. „Neugier, Eigeninitiative, die Bereitschaft, gegebenenfalls Verantwortung zu übernehmen – das sind Faktoren, die unsere Mitglieder auszeichnen.“
Diese Faktoren sind auch der Garant dafür, dass sich das Netzwerk stetig weiterentwickelt. Zwar steht das Programm aktuell schon bis Anfang 2024 mit Treffen im Juni bei IDT Biologika in Dessau, dem Herbsttreffen zum Thema „Macht ohne Weisung“ und der Kompetenzbörse am 26. Januar 2024, doch auf diesen Lorbeeren ruhen sich die Verantwortlichen nicht aus: Die Positionierung des Netzwerks in- und außerhalb der Dechema und die Öffnung für Jüngere stehen aktuell auf der Agenda. Man darf also gespannt sein, was sich in den nächsten Jahren tut!
Autorin: Kathrin Rübberdt, Leiterin Wissenschaft & Industrie, Dechema e.V., Frankfurt am Main
„Die inhaltliche Qualität der Veranstaltungen ist ebenso wichtig wie das Netzwerken an sich.“
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Zur Person
Kathrin Rübberdt leitet seit 1. Juli 2021 den Bereich Wissenschaft & Industrie bei der Dechema in Frankfurt. Davor war sie 13 Jahre lang als Leiterin der Abteilungen Biotechnologie und Kommunikation der gemeinnützigen Fachgesellschaft tätig. Die Diplom-Chemikerin und Diplom-Wirtschaftschemikerin promovierte 2001 an der Georg-August-Universität Göttingen in Chemie und war danach in der Unternehmensberatung tätig, bevor sie zur Dechema kam.
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