Standorte & Services

FH Münster setzt bei Immobilienökonomie auf Digitalisierung

Hochschule will Dienstleistungen und Geschäftsmodelle neu entwickeln

12.06.2019 -

Roboter reinigen Fenster und Böden, Sensoren schalten das Licht automatisch an oder aus, Temperaturfühler geben Daten an eine automatisierte Klimaanlage weiter, die wiederum für eine angenehme Raumwärme sorgt – das alles hat mit Digitalisierung zu tun. Und die ist derzeit ein großes Thema, auch im Facility Management. Hier geht es vor allem um die Digitalisierung von Gebäuden und die Technisierung von Prozessen. Oberste Ziele: Daten sammeln, immobilienübergreifend analysieren und bereitstellen, Dienstleistungen und Geschäftsmodelle neu entwickeln oder anpassen und Prozesse papierlos gestalten.

„Es gibt viele fortschrittliche Ideen“, sagt Torben Bernhold, der an der FH Münster Immobilienmanagement und Immobilienökonomie lehrt. „Immer im Fokus muss aber die Frage stehen: Was bringt uns das alles?“ In Unternehmen tauche vielfach der Wunsch auf, die Digitalisierung im Betrieb umzusetzen. Aber um das zu schaffen, muss die Basis stimmen. Und das bedeutet auch, für personelle Kapazitäten mit entsprechendem Fachwissen zu sorgen.  Genau das hat die Fachhochschule gemacht und mit Ben Selle einen Facility Manager eingestellt, der die Prozesse rund um die vielen Gebäude digitalisiert. „Man braucht einen Verantwortlichen, der alle Fäden zusammenhält, an den richtigen Stellen vorantreibt und an anderen bremst. Ansonsten herrscht sehr schnell großes Chaos“, warnt Selle. Drei großen Bereichen widmet er sich aktuell: Flächenmanagement, Wartung und Instandhaltung, Vernetzung digitaler Systeme. „Wir haben jeden Raum in einen digitalen Plan eingepflegt mit dem Ziel, dass zukünftig ersichtlich ist, wann welcher Raum belegt oder frei ist. Damit verwalten wir unsere Flächen viel effizienter und vermeiden unnötige Leerstände.“  Mit ein paar Klicks kann bereits jetzt abgerufen werden, wo sich ein Raum befindet, wie viele Plätze ein Hörsaal hat und welcher Bodenbelag liegt. Zukünftig ist auch die Info hinterlegt, wer sich mit wem ein Büro teilt. All das ist perfekt, wenn es darum geht, die Gebäudereinigung zu planen oder die Flächenauslastung eines Standorts herauszufinden. Bislang sind diese Informationen über Räume und technische Anlagen in vielen verschiedenen Systemen, Listen und Abteilungen gespeichert – und das ist besonders beim Thema Wartung schwierig. „Da kann schnell mal was durchrutschen, z. B., dass die Augendusche im Labor geprüft werden muss. Wenn jemand bei einem Versuch Chemikalien ins Auge bekommt, ist es aber total wichtig, dass die einwandfrei funktioniert“, erklärt der 29-Jährige. Deshalb arbeitet er mit einem CAFM-System, das die Daten zentral zusammenführt. CAFM steht für Computer-­Aided Facility Management, also computergestützte Bewirtschaftung von Gebäuden.  „Das ist wie ein riesiges Medienpult, auf dem alle Infos zu Räumen und Anlagen gespeichert sind.“ Dafür ist eine spezielle webbasierte Software nötig. Selle ist als Projektleiter dafür verantwortlich sie in der Hochschule zu implementieren, Modul für Modul. „Für alle, die hier mit Räumen oder Anlagen zu tun haben, wird die Arbeit so komfortabler und auch sicherer. Für die ganze Hochschule ist es auf jeden Fall ein Gewinn an Servicequalität.“ Im Vergleich zu vielen anderen Digitalisierungsprozessen, die derzeit in Großunternehmen laufen, steht die FH Münster ziemlich am Anfang. „Wir haben die ersten Stufen genommen, also die Grundlagen gelegt. Aber es gibt noch viel zu tun“, sagt Selle. Wesentlicher Erfolgsfaktor dabei sei es, die Menschen nicht zu verlieren. „Viele stehen dem Thema Digitalisierung auch kritisch gegenüber. Unser Job ist es, die Nutzer mitzunehmen, ihnen die Technik zu erklären und sie vom Fortschritt zu überzeugen. Ansonsten erhalten viele Prozesse niemals Einlass in den Arbeitsalltag.“  Besondere Herausforderungen entstehen, weil ein Großteil der Hochschulgebäude alt ist. Dabei technische Innovationen umzusetzen, sei nur eingeschränkt möglich. „In einem Neubau kann man viel mehr machen, weil einzelne Elemente von Anfang an eingeplant werden können. In einem bestehenden Gebäude muss man mit den vorhandenen Bedingungen klarkommen, und da sind schnell Grenzen gesetzt. Es bringt nichts einen Temperaturregler einzubauen, wenn die Heizung dafür nicht ausgelegt ist und auch nicht einfach so modernisiert werden kann“, erklärt der Experte.  „Die Digitalisierung hat jede Menge Potenzial“, meint Bernhold. „Um das bestmöglich zu nutzen, muss klar sein, was das eigentliche Ziel sein soll. Welche anlagenspezifischen Attribute brauche ich über eine Heizungsanlage? Ansonsten hat man zwar digitalisierte Prozesse und jede Menge Daten, die aber schnell im Nirgendwo landen. Es entsteht ein regelrechter Datenfriedhof. Und die Kosten-Nutzen-­Relation geht nicht auf.“ Daten zu sammeln sei das eine, sie aber auch zu beherrschen, zu verstehen und zu nutzen, das andere. „Daten sind der Rohstoff des 21. Jahrhunderts. Aus ihnen lassen sich viele Informationen ablesen. Gerade mit Blick auf das Facility Management bedeutet das Kosteneinsparungen und produktivere Arbeitsprozesse.“ Die Daten und deren Management werden deshalb noch lange ein zentrales Thema sein. „Dieser Bereich wird alle, die sich mit Digitalisierung auseinandersetzen, noch lange beschäftigen“, prophezeit der Hochschullehrer.  Bei der Servparc im Juni in Frankfurt am Main ist er gemeinsam mit rund 30 Studierenden der FH Münster dabei. An einem Stand präsentieren sie das Studienangebot der Hochschule im Bereich Immobilien- und Facility Management. Außerdem hält der Professor einen Vortrag über „Wertschöpfungs-Partnerschaften im FM – Perspektiven und Handlungsbedarfe zwischen Kollaboration und Kontrolle“. (op)

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