Europäische Verkehrspolitik steht auf dem Stimmzettel
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Europa ist die Wiege des modernen Verkehrs: Kühne Seefahrer entdeckten neue Kontinente, Auto und Lokomotive prägten Epochen mit wachsendem Wohlstand und nahezu uneingeschränkter Mobilität. Doch seit einigen Jahren zeichnet sich ein negativer Trend ab: Europa kommt nicht voran mit der nationalen Umsetzung seiner Verkehrspolitik. Die Pläne des EU-Weißbuchs zum Verkehr, bedürfen einer noch konsequenteren Umsetzung in den EU-Mitgliedsländern.
Dabei geht es nicht nur um den Stau, wenn wir in den Urlaub fahren. Auch für die Wirtschaft ist ein reibungsloser Gütertransport essenziell. Die chemische Industrie setzt seit langer Zeit auf Europa als ihren Heimatmarkt. Harmonisierung ist in der EU in vielen Rechtsbereichen erfolgt, aber nicht unbedingt im Verkehr: Lokführer müssen an jeder Grenze gewechselt werden, Lkw-Fahrer hingegen haben europaweit freie Fahrt. Und es wird wohl leider auch viel Wasser den Rhein hinunterfließen, bis er überall als europäischer Transportweg begriffen wird.
Umso dringlicher ist, dass die Europäische Union bei den Mitgliedsländern Druck macht und die erste Phase des Transeuropäischen Verkehrsnetzes (TEN-T) bis 2030 tatsächlich abschließt. Blicken wir auf einige Engpässe:
- Es ist immer noch keine Entscheidung für eine schnelle durchgehende Eisenbahnverbindung zwischen den Nordseehäfen Antwerpen und Rotterdam mit der Rhein-Ruhr-Region gefallen. Hier sollte endlich die sogenannte 3RX-Eisenbahnstrecke als Alternative zur historischen Strecke „Eiserner Rhein“ in Angriff genommen werden. Das hätte viele Vorteile: Die Kapazität der Ost-West-Schienenverbindung würde vergrößert und gleichzeitig die Verlagerung der Transporte auf die Schiene unterstützt.
- Dringend notwendig ist auch eine Harmonisierung der Regeln im Eisenbahnverkehr. Zurzeit wechseln die Lokführer an jeder Grenze, denn sie müssen die jeweilige Landessprache beherrschen und genaue Streckenkenntnis haben. Dieser Wechsel kostet viel Zeit und noch mehr Geld. Es wäre viel einfacher, wenn die Lokführer durchfahren könnten – so wie es die Lkw-Fahrer seit vielen Jahrzehnten in Europa auch schon dürfen. Helfen könnte z. B. eine technisch unterstützte gemeinsame europäische Eisenbahn-Betriebssprache.
- Mit Blick auf die zahlreichen Lkw-Transporte auf den europäischen Straßen steht Europa vor einer weiteren Herausforderung: Wie kann der Mangel an Lkw-Fahrern überwunden werden? Allein in Deutschland fehlen schon heute 40.000 Fahrer, Trend stetig steigend. Im übrigen Europa sieht es nicht viel besser aus. Ein Versorgungskollaps droht. Abhilfe könnte die EU schaffen, indem bspw. die Sozialvorschriften, wie Lenk- und Ruhezeiten, europaweit einheitlich umgesetzt werden und die Infrastruktur verbessert wird.
- Auch die Ausbildung und Qualifizierung von Lkw-Fahrern muss besser werden, v.a. auch das Image dieses existenziell wichtigen Berufs. Ebenso hinzukommen muss ein flächendeckender Ausbau der digitalen Infrastruktur, um die Prozesse im Transport- und Logistiksektor stärker zu vernetzen.
- Wichtig wäre es auch, die Schiffbarkeit des Rheins, eine der national und international verkehrsreichsten Binnenwasserstraßen, als eine gemeinsame europäische Aufgabe zu begreifen. Darum muss z.B. die Abladeoptimierung des längsten deutschen Flusses vorangetrieben und nicht immer wieder verschoben werden.
Es ist ein Kreuz mit den Verkehrsproblemen: Der Güterverkehr wird in den kommenden Jahren weiter zunehmen. Gleichzeitig ist eine Verlagerung von Transporten auf Eisenbahn und Binnenschiff politisch gewünscht, vor allen Dingen auch, um einen Beitrag zum Klima- und Lärmschutz zu leisten. Als eine der transportintensivsten Branchen ist sich die Chemie ihrer Verantwortung bewusst und hat deshalb ein großes Interesse daran, die negativen Auswirkungen des Verkehrs zu reduzieren. Wir setzen uns für eine nachhaltige Logistik ein. Dafür brauchen wir nicht nur die Unterstützung der Politik in Brüssel, sondern auch der nationalen Verkehrspolitik in den Mitgliedsländern.
Gerade deshalb kann ein Kreuz, das bei der Europawahl gesetzt wird, auch eines für eine wegweisende, erfolgreiche Verkehrsinfrastrukturpolitik sein. Schließlich ist Mobilität im Güterverkehr eine wesentliche Voraussetzung für eine wettbewerbsfähige Industrie, wirtschaftliches Wachstum und Wohlstand. Darum sollte die künftige EU-Kommission in einer neuen Kampagne dem Erfordernis einer rascheren Umsetzung des Masterplans für das Transeuropäische Verkehrsnetz Nachdruck verleihen und die Mitgliedsländer bei der Implementierung gezielt unterstützen. Dieses ist sehr wahrscheinlich eines der größten und sichtbarsten europäischen Projekte.
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